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«Den Kindern zuliebe sind wir in die Stadt gezogen»

Lesedauer: 3 min
Die fünfköpfige Familie Häller Sommer lebte in einem «Stöckli» in einem beschaulichen Bauerndorf. Für die Kinder war das Spielen draussen wegen des regen Landwirtschaftsverkehrs gefährlich. Deshalb zogen sie in eine städtische Genossenschaftssiedlung.
Aufgezeichnet von Stefan Michel

Bild: Rita Palanikumar / 13 Photo

Wohnen in der Idylle hat auch seien Tücken. «Es war schön, aber vor allem war es gefährlich, wenn der Bauer mit seinen grossen Maschinen umherfuhr», relativiert Guido Häller. «Wir mussten unseren Garten einzäunen, damit die Kinder unbeaufsichtigt spielen konnten.»

Zwei Autos fanden wir ökologisch bedenklich.

Barbara Sommer, Mutter

In der Umgebung gab es keine weiteren Kinder. Und um zu spazieren, musste die Familie zuerst auf einer ungesicherten Landstrasse entlanggehen, auf der die Autos mit Tempo 80 an ihnen vorbeibrausten. Auch sei alles weit weg gewesen, die Läden, Ärzte, Bibliotheken, Kinos, Restaurants. Sie waren auf zwei Autos angewiesen. «Das fanden wir ökologisch bedenklich», sagt Barbara Sommer.

Als sie eine Stelle in Luzern fand, fiel die Entscheidung. Die Familie bewarb sich für eine Wohnung der Allgemeinen Baugenossenschaft Luzern (ABL) in Luzern. «Eine faire Miete war uns wichtig. Bei der ABL bezahlen wir genau so viel, wie unsere Wohnung kostet.»

Quartier-Aufwertung in vollem Gang

Als der dritte Sohn unterwegs war, wurde eine Wohnung frei, in der die Familie nun seit drei Jahren wohnt: In den obersten zwei Stockwerken eines Mehrfamilienhauses, wenige hundert Meter von Bahnhof, KKL und Seeufer entfernt.

Die Wohnung ist lichtdurchflutet, Wohnzimmer mit Balkon, Essbereich und Küche gehen ineinander über, daneben befinden sich die Kinderzimmer. Auf der oberen Etage ist das Elternschlafzimmer mit Dachterrasse und Aussicht auf Rigi und Pilatus.

Ich bin auf einem Bauernhof im Emmental aufgewachsen. In einer solchen Siedlung mit so vielen Kindern zu wohnen, hätte mir viel besser gefallen.

Barbara Sommer, Mutter

In den 87 Wohnungen der ABL-Siedlung Tribschenstadt wohnen mittlerweile Familien mit insgesamt 80 Kindern. Das war nicht immer so. Als die Siedlung 2006 fertiggestellt worden war, hatte der Stadtteil Tribschen nicht den besten Ruf. Inzwischen ist die Quartier-Aufwertung in vollem Gang. Aber nicht alle Bewohner freuen sich über die zugezogenen Familien mit Kindern.

Moritz erzählt von einem Mann, der manchmal mit den Kindern schimpft, wenn sie zu laut sind. Wenig später ist der Siebenjährige schon wieder draussen und kickt mit einem Jungen einen Ball gegen eine Wand. Nachhaltig Angst scheint ihm der grantige Nachbar jedenfalls nicht gemacht zu haben.

Auch der fünfjährige Lukas spielt schon mit seinen Freunden draussen, ohne dass er begleitet wird. Nur der Kleinste, der zweineinhalbjährige Dominik, darf nicht alleine nach draussen. 

Mit dem E-Bike zur Arbeit

Die Schule liegt etwas mehr als einen Kilometer entfernt, Moritz geht zu Fuss hin. Den neuen Kindergarten in der Siedlung erstritten die Bewohner. «Der andere Kindergarten war so weit entfernt, dass ich mit Lukas hätte unterwegs sein müssen, lange bevor es für Moritz Zeit gewesen wäre, zur Schule zu gehen. Organisatorisch fast nicht zu machen!» 

Der Vater arbeitet als Ostheopath im 30 Kilometer entfernten Zug. Einen Grund, die Praxis nach Luzern zu verlegen, hat er nicht: «Es würde Jahre dauern, bis es wieder so gut liefe wie jetzt. Ausserdem fahre ich gerne mit dem Motorrad oder dem E-Bike zur Arbeit. Und selbst wenn ich die Bahn nehme, brauche ich von Tür zu Tür nur vierzig Minuten.»

«Wir wohnen wahnsinnig gerne hier», bestätigen beide. Und Barbara Sommer erklärt: «Ich bin auf einem Bauernhof im Emmental aufgewachsen. In einer solchen Siedlung mit so vielen Kindern zu wohnen, hätte mir viel besser gefallen.»