Alleinerziehend im Homeschooling: eine Stimme aus der Community - Das Schweizer ElternMagazin Fritz+Fränzi
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Alleinerziehend im Homeschooling: eine Stimme aus der Community

Lesedauer: 2 Minuten

Aktuell sitzen wir alle im selben Boot, die Corona-Krise betrifft alle – und doch reagiert jede Familie anders oder geht anders mit der Ausnahmesituation um. Wir haben uns in der Fritz+Fränzi-Community umgehört und wollten wissen, wie das in anderen Familien läuft. 

«Ich lebe seit 6 Jahren allein mit meinen beiden Söhnen, jetzt 8 und 11 Jahre alt. Wenn Ferien sind, geniesse ich die gemeinsame Zeit sehr und wünsche mir es könnte länger dauern. Aber das jetzt sind keine Ferien, nicht nur die Schule ist zu, die ganze Welt steht Kopf. Ich arbeite vormittags und so müssen meine Kids selbst zu sich schauen, was sie auch gut können. Aber jetzt soll ich ja noch unterrichten. 

Von anderen höre ich, sie müssen nur repetieren, bestehenden Stoff vertiefen. Ich muss aber richtig unterrichten, neues Wissen vermitteln. Da ist Tierkunde, Pflanzenkunde, Deutsch, Mathe, Französisch und Englisch. Es gibt genaue Erwartungen, wie die Hefte geführt werden sollen, viel Fleissarbeit wie seitenlanges Abschreiben oder Diktate üben. Dazu noch ein Briefschreibprojekt und eigentlich sollten die Kinder noch ein Tagebuch führen, was sie erleben in der Zeit. Das wäre mal das Material für den Grossen, jede Woche kommen neue Übungsblätter, ein neues Tierthema. Und ich soll dann das Ganze zur Kontrolle an die Lehrer geben, also abliefern. Das macht ungeheuer Druck. 

«Ich hätte mir mehr Zeit gewünscht seitens der Schule für diese Umstellung, ich fühle mich da sehr unter Druck. Ich frage mich, wie es die anderen Eltern schaffen?»

Dann kommt noch die Arbeit für den Kleinen hinzu, der ja aufgrund seines Alters viel Unterstützung braucht. Obendrauf noch die Instrumentalunterrichte, die weitergehen und jetzt kompliziert via Whatsapp und Co. bewältigt werden müssen. Wenn ich dann noch höre, jetzt habt ihr ja Zeit, jetzt könnt ihr noch zum Notenleseprofi werden, kommt schon recht Frust hoch, ich fühl mich als Mutter nicht gesehen. Ich lerne dafür, mich abzugrenzen, die Diktate zum Beispiel lasse ich weg, da ist mein Sohn stark drin, also lassen wir das weg.  
 
Ich hab mich an die Lehrpersonen gewandt und schon Verständnis bekommen, dennoch macht das alles wahnsinnig Druck. Das Gefühl, es nicht bewältigen zu können und meine Kinder im Stich zu lassen ist sehr präsent. 
Sehr schön finde ich, dass wir in den letzten Tagen einen Weg gefunden haben, wie sie selbständiger arbeiten können. Ich schreibe Ihnen zu erledigende Aufgaben auf einen Zettel, die sie dann erledigen während ich auswärts am Arbeiten bin. Die üblichen Anrufe dazu mit Fragen, die sie haben, sind so süss, erwärmen mein Herz. Dann bin ich stolz auf meine Jungs. 

Ich habe mich in den letzten Wochen auch als Versagerin gefühlt und mich gefragt, ob ich die Einzige bin, die dieses Programm nicht packt.

Ich hätte mir mehr Zeit gewünscht seitens der Schule für diese Umstellung, ich fühle mich da sehr unter Druck. Ich frage mich, wie es die anderen Eltern schaffen? Haben die alle so folgsame Kinder? Mein Grosser gehört nicht zu den braven oder hochmotivierten Schülern. Und bei mir zeigt er sich ganz anders als in der Schule. Das kommt doch dazu. 

So habe ich mich in den letzten Wochen auch als Versagerin gefühlt und mich gefragt, ob ich die Einzige bin, die dieses Programm nicht packt. Das hat auch zu Konflikten mit den Kinder geführt, weil mir die Nerven durchgingen. Doch genau dieses möchte ich nicht. Jetzt versuche ich zu lernen so zu entscheiden, wie ich es richtig finde und das Ganze etwas zu gestalten. Wichtig ist doch, dass wir gut durch diese Zeit kommen. 

 
Wenn ich in die Zukunft blicke, so tauchen da schon auch Sorgen auf. Wie wird es weitergehen? Wie wird uns dies alles prägen? Was macht es mit unseren Kindern? Und ich vermisse die sozialen Kontakte bitterlich. Und unter diesen Umständen soll ich meine Kinder unterrichten, arbeiten, haushalten und Mama sein. Ich glaube es wäre wichtig, dass wir alle von unserem Leistungsdenken weg kommen und etwas Ruhe in die Sache bringen. Das Leben steht nunmal Kopf und das braucht ein Umdenken.» (Manuela K.*)

Redaktion: Florina Schwander, Bild: Pixabay

Dieser Text wurde uns zugeschickt per Mail, wir haben ihn minim angepasst. 
*Vor- und Nachname sind der Redaktion bekannt. 


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