Wann sich Bio lohnt

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Wann sich Bio lohnt

Eltern möchten nur das Beste für ihr Kind, und das schliesst auch die Ernährung mit ein. Doch sollte das, was auf den Familientisch kommt, immer aus biologischer Landwirtschaft stammen? Ein Leitfaden für Mütter und Väter.
Text: Wina FontanaBild: iStockphoto


In Zusammenarbeit mit Betty Bossi

Mit dem Begriff Biolandbau wird eine besonders naturnahe und artenfreundliche Art der Landwirtschaft beschrieben. Sie nutzt natürliche Dünger aus tierischen Quellen, Pflanzen und Gesteinen, setzt auf natürliche Pflanzenschutzmittel sowie auf widerstandsfähige Pflanzensorten und Tierarten. Auch fortschrittliche Technologien zur Unkraut- und Schädlingsbekämpfung kommen zum Einsatz, sofern dabei die Prinzipien der Sorgfalt und der Nachhaltigkeit gewahrt bleiben. Bodenfruchtbarkeit und Biodiversität werden gezielt gepflegt und gefördert, während die Tiere artgerecht betreut und gefüttert werden. Die Bezeichnung «Bio» ist in der Schweiz seit 20 Jahren gesetzlich definiert.

Bevorzugen Eltern beim Kochen für ihr Kind biologisch angebaute Lebensmittel, bringt das eine Reihe möglicher Vorteile. Die wissenschaftliche Forschung in diesem Bereich ist allerdings noch längst nicht abgeschlossen.

Bioprodukte bieten eine Alternative mit weniger Pestiziden, Herbiziden und chemi­schen Düngemitteln. Der Verzicht auf diese kann die potenzielle Auf­nahme von Rückständen in der Nahrung verringern. Kinder im Wachstum scheinen anfälliger auf negative Auswirkungen solcher Chemikalien zu sein. Untersuchun­gen legen auch nahe, dass biologi­sche Nahrungsmittel einen erhöhten Gehalt an Vitaminen, Mineralstof­fen und Antioxidantien aufweisen können. Ein höherer Nährstoff­gehalt in Lebensmitteln kann die Ernährung von Kindern positiv beeinflussen.

Bioguetzli sind genauso zuckerhaltig

Ist Bio also immer besser? Gerade die Nährstoffthematik löst in der Fachwelt immer wieder Kontro­versen aus. Wetter, Böden, Wachs­tumsdauer, Erntezeitpunkt und Untersuchungsmethoden wirken sich unterschiedlich auf die Mess­ergebnisse aus. Es stellt sich also die Frage, ob biologische Lebensmittel zwangsläufig gesünder sind.

Bei Gemüse und Früchten gilt: Je schneller der Verzehr nach der Ernte stattfindet, umso mehr Nähr­stoffe bleiben erhalten. Dies ist auch der Grund, warum nach der Ernte direkt tiefgefrorenes Gemüse oft höhere Nährstoffwerte als Markt­gemüse hat. Bei verarbeiteten Bio­produkten wie Guetzli oder Chips macht der oft hohe Zucker­ und Fettgehalt die möglichen positiven Aspekte wieder zunichte, sie sind genauso wenig sinnvoll wie die her­kömmlichen Alternativen.

Bio ist teurer

Durch Zertifizierungsgebühren und höhere Standards fallen für Bio­bäuerinnen und ­-bauern oft Zusatz­kosten an. Zudem sind die Erträge mit diesen Anbau­ und Haltungs­methoden oft geringer, was zu den höheren Preisen von Bioprodukten führt. Das kann für ein Familienbud­get belastend sein. Für Eltern gilt es also Vor-­ und Nachteile stets abzu­wägen. Bei Früchten und Gemüse kann es demzufolge durchaus sinn­voll sein, saisonale und lokal produ­zierte Sorten zu berücksichtigen statt biologisch angebaute Produkte.

Bei Fleisch jedoch – gerade bei solchem aus dem Ausland – lohnt sich der Griff nach biozertifizierter Ware. Denn im Vergleich zur Schweiz, die auch bei der konventionellen Nutz­tierhaltung relativ hohe Standards hat, wird das Tierwohl bei Haltungs­bedingungen im Ausland nicht immer gross geschrieben. Hier lautet die Devise: Den Fleischkonsum eher einschränken und dafür gelegentlich zum zwar teureren, aber nachhaltiger produzierten Fleisch greifen.

Die Entscheidung, ob am Fami­lientisch Biolebensmittel bevorzugt werden sollen, ist also komplex. Während biologische Produkte potenzielle Vorteile bieten können, müssen Eltern auch die finanzielle Belastung und die begrenzte wissen­schaftliche Stichhaltigkeit berück­sichtigen. Die Priorität sollte darauf liegen, Kindern eine ausgewogene Ernährung mit einer Vielzahl von frischen Lebensmitteln anzubieten, sei es biologisch oder konventionell.

Denken Sie daran: Ihrem Kind einen bewussten Umgang mit Lebensmitteln mitzugeben, ist genauso wichtig wie die Wahl der Lebensmittel selbst. Die Förderung eines gesunden Ernährungsbe­wusstseins und einer ausgewogenen Ernährung sind grundlegend für die langfristige Gesundheit und das Wohlbefinden Ihres Kindes.

8 Tipps für den Familienalltag

  1. Machen Sie sich mit den Grundlagen der biologischen Ernährung vertraut, um fundierte Entscheidungen treffen zu können. Informationsquellen wie Ernährungsberater, Bücher und seriöse Websites können Ihnen dabei helfen.
  2. Besuchen Sie Wochenmärkte, auf denen oft frische, lokal angebaute biologische Lebensmittel erhältlich sind. Dies unterstützt nicht nur die lokale Wirtschaft, sondern ermöglicht es Ihnen auch, direkt mit den Produzenten zu sprechen.
  3. Kaufen Sie saisonale Lebensmittel. Sie sind oft kostengünstiger und schmecken am besten, wenn sie in ihrer natürlichen Wachstums- beziehungsweise Reifezeit geerntet werden. Achten Sie darauf, eine Saisontabelle für die Schweiz zu wählen, falls Sie online danach suchen.
  4. Planen Sie Ihre Mahlzeiten im Voraus, um sicherzustellen, dass Sie eine ausgewogene Ernährung für Ihr Kind bereitstellen können. Dies hilft auch dabei, den Kauf von ungeplanten Snacks zu vermeiden.
  5. Bringen Sie Ihrem Kind bei, wie es die Unterschiede zwischen biologischen und konventionellen Lebensmitteln erkennen kann. Dies fördert von klein auf das Bewusstsein für gesunde Ernährung.
  6. Stellen Sie sicher, dass die Mahlzeiten Ihres Kindes ausgewogen und alle wichtigen Nährstoffe enthalten sind. Integrieren Sie eine Vielzahl von Lebensmitteln wie Obst, Gemüse, Vollkornprodukte, mageres Protein und gesunde Fette.
  7. Involvieren Sie Ihr Kind in den Einkaufs- und Kochprozess. Das kann dazu beitragen, sein Interesse für gesunde Ernährung zu wecken und es neugierig auf verschiedene Lebensmittel zu machen.
  8. Machen Sie mit Ihrem Kind einen Ausflug zu einem Bauernhof und kaufen dort Produkte ein. So bekommt es eine Vorstellung davon, wie Lebensmittel produziert oder Tiere gehalten werden.