So sind Sie beim Essen ein gutes Vorbild

Aus Ausgabe
12/01 Dezember/Januar 2025/2026
Lesedauer: 4 min

So sind Sie beim Essen ein gutes Vorbild

Statt das zu tun, was man ihnen sagt, ahmen uns Kinder gerne nach. Das gilt auch beim Essen. Warum Eltern mit ihrem Verhalten mehr prägen als mit Regeln – und wie sie Genuss, Neugier und Vertrauen am Familientisch fördern können.
Text: Wina Fontana

Bild: Getty Images


In Zusammenarbeit mit Betty Bossi

Wer meine Texte regelmässig liest, hat folgenden Satz wohl schon oft gelesen: «Gehen Sie mit gutem Beispiel voran.» Er ist ein Allgemeinplatz, nichtsdestotrotz wirkt kaum ein anderer Rat im Familienalltag so zuverlässig.

Kinder lernen durch Nachahmung, auch beim Essen. Wer genussvoll, neugierig und entspannt isst, zeigt seinem Kind, dass Essen Freude machen darf – und legt damit den Grundstein für ein gesundes Verhältnis zur Ernährung.

Kinder spiegeln unser Verhalten

Eltern kennen diese Momente: Das Kind rümpft die Nase vor dem Gemüse, man selbst bleibt gelassen. Was es in solchen Augenblicken stärker wahrnimmt als Worte, ist unser Verhalten. Essen wir mit Genuss, probieren Neues und bleiben entspannt, übernimmt es diese Haltung oft ganz automatisch. Zeigen wir Skepsis oder setzen strenge Regeln durch, spürt es das ebenso deutlich – und reagiert mit Abwehr.

Kinder sind geborene Nachahmer. Schon im Kleinkindalter orientieren sie sich an Bezugspersonen und übernehmen Mimik, Tonfall und Essverhalten. Die Lernpsychologie nennt das «Modelllernen»: Kinder beobachten, welche Verhaltensweisen Zustimmung erhalten.

Entscheidend ist weniger, was Eltern sagen, sondern was sie tun.

Studien zeigen: Kinder, deren Eltern täglich Obst und Gemüse essen, übernehmen diese Gewohnheit häufiger – ganz ohne Ermahnung. Entscheidend ist weniger, was Eltern sagen, sondern was sie tun. Wer am Tisch neugierig Neues probiert, sendet die Botschaft: Essen darf spannend und vielfältig sein.

Wussten Sie, dass Kinder ein neues Lebensmittel im Schnitt acht bis zehn Mal probieren müssen, bevor es ihnen schmeckt? Geduld zahlt sich aus – am besten probieren Eltern einfach mit.

Vielfalt auf dem Familientisch

Kinder, die früh viele Geschmäcker kennenlernen, sind später oft offener für Neues. Diese Offenheit wächst im Alltag: beim gemeinsamen Einkaufen, Kochen und Essen. Wer mit Kindern Peperoni schneidet, Linsen abschmeckt oder zum ersten Mal Sushi probiert, schafft positive Erlebnisse, die im Gedächtnis bleiben. So wird Essen zur Entdeckung, nicht zur Pflicht.

Essen ist mehr als Nahrungsaufnahme: Es ist Kultur, Gemeinschaft und Gesprächsanlass. Wenn Kinder erleben, dass Mahlzeiten Verbundenheit stiften, bleiben sie neugierig; auch wenn sie älter werden und selbst entscheiden, was auf den Teller kommt. Wer Kinder beim Kochen einbezieht, stärkt zudem ihr

Selbstvertrauen: Rüebli rüsten oder Guetzli ausstechen sind kleine Aufgaben mit grosser Wirkung.

Inspiration für kindgerechtes Kochen liefern Bücher mit einfachen, bebilderten Rezepten, die Schritt für Schritt begleiten – etwa das neue «Globi und Betty Bossi»-Kochbuch. So lernen Kinder, in der Küche Verantwortung zu übernehmen und mitzubestimmen.

In einer Welt voller Ratgeber und Dos and Don'ts gerät leicht in Vergessenheit: Essen soll Freude machen. Kinder lernen von uns, ob Essen etwas Schönes oder etwas Belastendes ist. Wer beim Essen ständig Kalorien zählt oder Lebensmittel bewertet, vermittelt unbewusst Anspannung. Das hemmt die Neugier und kann das Körpergefühl schwächen.

6 Tipps für den Alltag
  1. Seien Sie Vorbild: Essen Sie mit Genuss – ohne erhobenen Zeigefinger.
  2. Gemeinsam statt getrennt: Nutzen Sie Mahlzeiten als Familienzeit, nicht als Streitpunkt.
  3. Gelassen bleiben: Kein Drama um «ungesunde» Lebensmittel – Balance zählt über die Woche.
  4. Neugier fördern: Machen Sie Neues zum kleinen Abenteuer, nicht zur Pflicht.
  5. Kinder einbeziehen: Mitkochen, Zutaten auswählen, abschmecken lassen.
  6. Geschichten erzählen: Lebensmittel lebendig machen – «Diese Linse kommt aus Indien  …».

Genuss ist auch Erziehung

Genusskompetenz bedeutet, bewusst zu essen – ohne schlechtes Gewissen. Wer sich ab und zu ein Stück Schokolade gönnt und es sichtbar geniesst, zeigt: Genuss ist erlaubt und Teil einer ausgewogenen Ernährung. Kein Lebensmittel ist per se «verboten»; entscheidend ist die Balance über die Zeit.

Immer häufiger trauen sich Jugendliche kaum mehr, «Ungesundes» zu essen – aus Angst, etwas falsch zu machen. Fachleute beobachten eine zunehmende Fixierung auf gesunde Ernährung, die soziale Kontakte belasten kann. Eine entspannte Haltung am Familientisch wirkt hier vorbeugend.

Vorleben statt verbieten

Kinder entwickeln ein stabiles Sättigungs- und Geschmacksgefühl, wenn sie vertrauensvoll begleitet werden. Wer als Eltern neugierig bleibt und Gelassenheit zeigt, eröffnet Spielräume, in denen Kinder Erfahrungen machen dürfen und so nach und nach ihren eigenen Geschmack entwickeln können.

Wenig hilfreich sind starre Regeln oder negative Etiketten. Sie verstärken Schwarz-Weiss-Denken und fördern heimliches Essen. Eine Sprache, die Freiheit und Orientierung kombiniert, wirkt besser.

Buchtipp

Kochbuch Globi und Betty Bossi
Globi und Betty Bossi kochen ​& backen 45 Lieblingsrezepte. Globi-Verlag 2025, 100 Seiten, ca. 40 Fr.

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