«Im Wald ist der Lernerfolg für Kinder grösser»
Dina Walser, WWF-Projektleiterin, über Unterricht im Freien und die Vorteile, die sich daraus für Schülerinnen und Lehrpersonen ergeben.
Frau Walser, was bezwecken Sie mit der Aktion «Ab in die Natur»?
Wir wünschen uns, dass Unterricht im Freien langfristig zu einer regulären Methode wird, auf die Lehrpersonen zurückgreifen – als Ergänzung zum Unterricht im Klassenzimmer.
Welchen Gewinn bringt der Unterricht im Freien?
Die meisten Kinder freuen sich auf den Unterricht draussen, weil sie die Lehrgegenstände mit allen Sinnen begreifen können und ihren Bewegungsdrang ausleben dürfen. Kinder sind hier weniger begrenzt als im Klassenzimmer. Der Lernerfolg ist grösser und auch die Beziehung der Kinder untereinander und die Beziehung zur Lehrperson wird gestärkt.
Inwiefern wird die Beziehung zur Lehrperson besser?
Es ist eine ganz andere Situation als im Klassenzimmer. Wenn man gemeinsam draussen ist, erlebt man etwas zusammen. Dadurch wächst das Vertrauen in die Lehrperson, was wiederum eine wichtige Voraussetzung für gutes Lernen ist.
Wer als Kind den Wald kennenlernt, ist später eher bereit ihn zu schützen.
Und was hat der WWF von dieser Aktion?
Es ist erwiesen, dass Kinder, die ihre unmittelbare Umwelt, die Natur erfahren haben, diese anders zu schätzen wissen. Sie reflektieren später ihren Umgang mit der Natur anders und sind auch offen für Umweltschutzthemen.
Das bedeutet, dass das Erleben in der Natur wichtiger ist als Umweltschutz-Unterricht?
Es braucht beides – die Erfahrung bereitet den Boden, auf den das Wissen zum Umweltschutz wachsen kann. Wenn die Schülerinnen und Schüler wissen, wie ein Wald riecht und was man darin findet, wird sie das Wissen, dass eine Plastikverpackung dort nicht verrotten kann, anders berühren, als wenn sie den Wald nur vom Hörensagen kennen.
Für die Lehrpersonen bedeutet der Ausflug in die Natur einen Mehraufwand: Sie müssen neue Unterrichtsmethoden erlernen, die Eltern informieren, verzichten auf ihre Pausen zwischen den Stunden. Wie kommt das Projekt bei den beteiligten Erwachsenen an?
Wir hatten im ersten Jahr mit etwa 250 teilnehmenden Klassen gerechnet – letztendlich waren rund 1000 angemeldet. Das freut uns riesig. Auch das Feedback von Lehrpersonen und Eltern ist fast ausschliesslich positiv. Wer sich mit der neuen Erfahrung nicht so wohlfühlt, kann sich übrigens auch langsam herantasten und einen Termin in einem der teilnehmenden Naturparks buchen, wo Programm geboten wird, so dass die Lehrperson nicht alles alleine planen muss.
Im Rahmen der Aktionswoche «Ab in die Natur – draussen unterrichten» erhalten Schulen und Klassen im 1. und 2. Zyklus (Kindergarten bis 6. Klasse) von der Naturschutzorganisation WWF Informationsmaterial und Anregungen für den Unterricht im Freien. Sie können damit ein bis sechs Tage diverse Fächer draussen unterrichten.
Wer keinen Wald in der Nähe hat, kann auch im Wohngebiet oder auf dem Schulplatz viele der Ideen umsetzen. Wer tiefer eintauchen will, bestellt das Buch «Draussen unterrichten. Das Handbuch für alle Fachbereiche. 1. und 2. Zyklus» der Stiftung Silviva.
Informationen und Anmeldungen für die nächsten Projektwochen finden Sie hier.