Die Realität an Schweizer Schulen hat sich in den vergangenen Jahren stark verändert. Klassen sind in vielerlei Hinsicht heterogener geworden: Kinder bringen verschiedene sprachliche Voraussetzungen, kulturelle Hintergründe, Lernvoraussetzungen und unterschiedlichen Unterstützungsbedarf mit. Gleichzeitig sind die Ansprüche an den Unterricht gestiegen. Lehrpersonen übernehmen heute nicht nur die Vermittlung von Fachinhalten, sondern auch vielfältige Förder-, Betreuungs- und Administrationsaufgaben.
Der wachsende organisatorische Aufwand und die komplexeren pädagogischen Herausforderungen haben dazu geführt, dass viele Schulen auf zusätzliche Unterstützung angewiesen sind. Schulassistenzen sind eine direkte Reaktion auf diese Entwicklung.
Die pädagogische Gesamtverantwortung für die Klasse liegt immer bei der qualifizierten Lehrperson, niemals bei der Schulassistenz.
Schulassistenzen, mancherorts auch Klassenassistenzen oder Klassenhilfen genannt, übernehmen vielfältige Tätigkeiten innerhalb und ausserhalb des Schulzimmers. Manchmal arbeiten sie direkt mit einzelnen Schülerinnen oder Schülern, etwa wenn diese besondere Unterstützung brauchen, um am Unterricht teilzunehmen.
In anderen Situationen helfen sie beim Bereitstellen von Unterrichtsmaterialien, begleiten Gruppenarbeiten, beaufsichtigen die Klasse in Übergangsphasen, bei Exkursionen und in Lagern, unterstützen Schulanlässe oder übernehmen kleinere organisatorische Aufgaben, damit die Lehrperson sich verstärkt auf den Unterricht konzentrieren kann. Neben fest angestellten Schulassistenzen werden mancherorts auch Zivildienstleistende und Seniorinnen und Senioren eingesetzt.
Klare Abgrenzung der Aufgaben
Trotz ihrer wichtigen Rolle betont der Dachverband Lehrerinnen und Lehrer Schweiz (LCH) klar, dass Schulassistenzen keine Lehrpersonen sind. Die pädagogische Gesamtverantwortung für die Klasse liegt immer bei der qualifizierten Lehr- oder Fachperson.
Auch die Planung und inhaltliche Gestaltung des Unterrichts, das Erstellen von Lernmaterialien, die Beurteilung von Prüfungen, die Verantwortung für heil- und sonderpädagogische Aufgaben oder die Durchführung von Elterngesprächen gehört nicht zum Aufgabenbereich der Assistenz. Sie arbeitet stets unter Anleitung und trägt unterstützend dazu bei, dass die Lehr- oder Fachperson ihre Kernaufgaben besser wahrnehmen kann. Diese Abgrenzung schützt die Unterrichtsqualität und stellt sicher, dass Kinder von pädagogisch qualifizierten Fachpersonen unterrichtet werden.
Für Eltern bedeutet dies, dass sie von einer Schulassistenz keine eigenständigen pädagogischen Entscheidungen erwarten sollten. Stattdessen können sie davon ausgehen, dass die Assistenz eine ergänzende Funktion übernimmt, die im Schulalltag sehr wertvoll sein kann.
So kann sie die individuelle Förderung einzelner Kinder verstärken, zusätzlichen Halt und Struktur geben oder in herausfordernden Situationen rasch reagieren. Gerade Kinder mit besonderen Bedürfnissen profitieren davon, wenn eine Assistenz kontinuierlich anwesend ist und auf deren spezifische Anforderungen eingehen kann. Dies ermöglicht der Lehrperson, sich gleichzeitig der ganzen Klasse zuzuwenden, ohne einzelne Schülerinnen und Schüler aus dem Blick zu verlieren.
Keine einheitlichen Qualifikationen
Ein Problem besteht darin, dass es in der Schweiz bisher keine einheitliche Ausbildung für Schulassistenzen gibt. Während einige Kantone Anforderungsprofile festgelegt und Kursangebote geschaffen haben, existieren andernorts nur wenige Vorgaben. Die Folge ist, dass Qualifikationen und Kompetenzen stark variieren können. Der LCH fordert deshalb harmonisierte Standards, die für alle Kantone gelten, um sicherzustellen, dass jedes Kind – unabhängig vom Wohnort – von fachlich und persönlich geeigneten Unterstützungspersonen profitiert.
Dass der Einsatz von Schulassistenzen gelingt, hängt wesentlich von der Teamarbeit zwischen Assistenz und Lehr- und Fachperson ab. Eine gut eingespielte Assistenz kann im Hintergrund wirken, ohne den Unterrichtsfluss zu stören, oder gezielt einzelne Kinder unterstützen, wenn dies nötig ist. Klare Absprachen und ein gemeinsames pädagogisches Verständnis sind dabei entscheidend.
Schulassistenzen tragen dazu bei, dass Kinder individueller gefördert werden können und Lehrpersonen mehr Zeit für ihre Kernaufgaben haben.
Auch die Schülerinnen und Schüler sollten wissen, wofür die Assistenz zuständig ist und wie sie ihre Hilfe in Anspruch nehmen können. So wird vermieden, dass Rollen missverstanden oder Erwartungen falsch gesetzt werden.
Eltern spielen in diesem Gefüge eine wichtige Rolle. Sie können den Einsatz von Schulassistenzen unterstützen, indem sie informiert bleiben, welche Aufgaben die Assistenz wahrnimmt, und indem sie Rückmeldungen geben, wenn sie bei ihrem Kind positive Entwicklungen feststellen.
Ebenso wichtig ist es, den Dialog mit der Schule zu pflegen, ohne die Assistenz direkt mit pädagogischen Anliegen zu beauftragen. Diese gehören in die Verantwortung der Lehrperson. Die Personalverantwortung für Schulassistenzen liegt bei der Schulleitung. Der LCH empfiehlt eine vertrauensvolle Erziehungspartnerschaft, in der alle Beteiligten – Lehrperson, Eltern und Assistenz – gemeinsam am Bildungserfolg des Kindes arbeiten.
Potenzial mit klaren Leitplanken
Richtig eingesetzt, sind Schulassistenzen eine wertvolle Ressource für den Schulalltag. Sie tragen dazu bei, dass Kinder individueller gefördert werden können und dass Lehrpersonen mehr Zeit für ihre Kernaufgaben haben. Für Kinder mit besonderen Bedürfnissen oder in grossen, heterogenen Klassen können sie einen entscheidenden Unterschied machen. Gleichzeitig müssen Qualifikationen, Einsatzbereiche und Verantwortlichkeiten klar geregelt sein, damit die Qualität des Unterrichts gesichert bleibt.
Für Eltern heisst das: Eine Assistenz ersetzt nicht die Lehrperson, sondern ergänzt deren Arbeit. Ihre Wirkung entfaltet sich am besten in einem professionell geführten Team, in dem alle Beteiligten ihre Rolle kennen und respektieren. Mit transparenten Standards, klaren Aufgabenbereichen und einer guten Zusammenarbeit zwischen Schule und Elternhaus kann der Einsatz von Schulassistenzen wesentlich dazu beitragen, dass alle Kinder die Förderung erhalten, die sie brauchen – unabhängig von ihrer Ausgangslage oder ihrem Wohnort.