Lehrstelle: Wie gelingt mir der Start?

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Der Beginn der Lehre ist herausfordernd und birgt viele neue Erfahrungen. Zwei Jugendliche erzählen, wie sie den Lehrstellenantritt erlebt haben.
Text: Susanna Valentin

Bild: Gabi Vogt / 13 Photo

Nach ihrer gemeinsamen Schulzeit an der Sekundarschule Uetikon am See ZH haben sich die Wege von Lea Lutz und Luis Sommavilla beim Antritt der Lehre wieder gekreuzt. Statt im Klassenzimmer begegnen sie sich nun auf dem Zug kurz nach 5 Uhr morgens auf dem Weg zur jeweiligen Ausbildungsstelle. Lea ist angehende Köchin EFZ und Luis absolviert die Lehrstelle Kaufmann Aviatik EFZ.

An das frühe Aufstehen mussten sich beide zuerst gewöhnen. «In der Schule war es rückblickend schon sehr gemütlich», sagt Lea, der Blick auf die Sekundarschulzeit habe sich nun, im ersten Lehrjahr, etwas verändert. «Auch daran, nur noch fünf Wochen Ferien zu haben, musste ich mich zuerst gewöhnen.» Insbesondere, weil die Lehre als Köchin EFZ körperlich herausfordernd ist.

«Chaos pur, total stressig!»

Ein Grund, weshalb sie beim frühmorgendlichen Zusammentreffen mit Luis oft noch müde ist. Er hingegen mag jeweils schon reden. «Ich arbeite in Schichten auf dem Flughafen, Frühschicht habe ich nur zwei- bis fünfmal im Monat. Wenn ich Anfang Woche mit Lea auf dem Zug bin, bin ich gegen Ende der Woche dafür umso später unterwegs. Der Arbeitsbeginn ist dann sehr entspannt, weil ich ausschlafen kann und dafür in die Nacht hineinarbeite.» Ein Umstand, den der 16-Jährige schätzt, er mag die Abwechslung in seinem angehenden Beruf.

Nach zu viel Abwechslung fühlte es sich hingegen für Lea an, als sie beim Antritt ihrer Lehrstelle im letzten Sommer zum ersten Mal in der Küche des Mitarbeiterrestaurants stand. Die Unsicherheit war riesig. «Chaos pur, total stressig, ich wusste nicht, wie ich den jeweiligen Auftrag genau erfüllen sollte», erinnert sich die 17-Jährige. «Nur schon die Küchenbretter! Jedes hat eine bestimmte Farbe, die besagt, für welchen Zweck es gebraucht werden soll.» Völliges Neuland für die Anfängerin, am Abend war sie entsprechend geschafft.

Mein allererster Tag am Gate Desk des Flughafens war Horror!

Luis, Lehrling Kaufmann Aviatik EFZ

«Das kann ich zu 100 Prozent nachvollziehen», pflichtet Luis ihr bei. Auch er fühlte sich in den ersten Tagen und Wochen nach Lehrbeginn oft unbeholfen. An den allerersten Tag, als er am Gate Desk des Flughafens völlig auf sich allein gestellt war, erinnert er sich mit gemischten Gefühlen. «Das war Horror! Ich hatte Angst, aus Versehen eine falsche Türe zu öffnen. Dann wären Prozesse eingeleitet worden, die mehrere Hundert Personen betroffen hätten.» Jetzt lachen beide über die Erzählungen ihrer Anfangstage. Sie haben seither an Sicherheit gewonnen.

Luis’ Arbeitsbeginn war schon während der 3. Sekundarschule. Er musste an einigen Wochenenden gewisse Tests bestehen, um auf dem Flughafen in allen Sektoren Zutritt zu erhalten. «Das brachte mir die Lehrstelle schon früher etwas näher», erinnert er sich. «Ich stand aber auch unter Druck, weil ich die Prüfungen beim ersten Mal bestehen wollte.» Am Welcome Day konnte er schliesslich seine Uniform beziehen und weitere Lernende kennenlernen. Die neuen Kollegen und Kolleginnen schon vor Lehrstellenantritt zu treffen, war eine Hilfe für ihn.

Vorwiegend unter Männern

Auch der Arbeitgeber von Lea organisierte für alle Lernenden der Organisation eine Einführungs­woche. «Uns wurden die unterschiedlichen Abteilungen und Standorte vorgestellt. Aber vor allem konnten wir neuen Lernenden schon untereinander Kontakte knüpfen.» Prompt steht sie nun mit zweien in derselben Küche, mit denen sie damals die Telefonnummern getauscht hatte.

Zehn Lernende, davon nur zwei weiblich, 25 ausgebildete Männer und eine ausgebildete Frau: So setzt sich das Personal der Küche des Mitarbeiterrestaurants zusammen, in dem die 17-Jährige während drei Jahren die Fertigkeiten einer Köchin erlernt. «So wenig Frauen um mich herum zu haben, war am Anfang echt seltsam.» Dass der Betrieb dies schon zu Beginn erkannte und sie der einzigen Frau in der Küche zuteilte, schätzte Lea sehr. «So fühlte ich mich schnell gut aufgehoben», sagt sie. «Zu Beginn war es auch eine Umgewöhnung, plötzlich mit lauter Erwachsenen den Arbeitsort zu teilen.» Erwachsene, die ihr Vater sein könnten, sich aber kollegial mit ihr verhalten: Das war für Lea eine ganz neue Erfahrung.

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Bei Luis sind es Hunderte von erwachsenen Personen, die am Flughafen Zürich arbeiten. «Anfangs war es schwierig, inmitten Erwachsener meinen Platz zu finden. Ausserdem war es seltsam, eine Uniform tragen zu müssen. Ich fühlte mich nicht wie ich selbst, ich bin sonst immer in kurzen Hosen und Pulli unterwegs.»

An die Uniform hat sich der junge Lernende unterdessen nicht nur gewöhnt, er trägt sie mit Stolz. Auch seinen Platz unter den erwachsenen Arbeitskollegen und -kolleginnen hat er gefunden. «Dass ich mich seit jeher so stark für Aviatik interessiere, kommt gut an.» So verbrachte er schon zu Schulzeiten möglichst jede freie Minute auf dem Flughafen. Ein Grund, weshalb ihn die nur fünf Wochen Ferien in der Lehre nicht weiter stören. «Ich war erleichtert, als der letzte Schultag vorbei war. Jeden Tag auf dem Flughafen zu verbringen, ist für mich ein Traum.»