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«Es ist möglich, seine Glaubenssätze umzuformulieren»

Aus Ausgabe
10 / Oktober 2025
Lesedauer: 2 min
Andrea Furer hatte eine schöne Kindheit und merkte erst später, dass nicht alles rosig war. Sie versucht, bei ihren vier Kindern vorsichtig mit Leistungsdruck umzugehen.
Aufgezeichnet von Seraina Sattler

Bild: Rita Palanikumar / 13 Photo

Andrea Furer, 41, Projektleiterin bei einer Stiftung und Lehrerin, lebt mit ihrem Mann Thomas, 42, Polizist, und den vier Kindern Fjonn, 3, Yuna und Yoën, 12, und Joa, 16, in Hindelbank BE.

Wenn ich an meine Kindheit zurückdenke, habe ich viele schöne Erinnerungen. Meine Eltern erzogen meinen Bruder und mich bindungsorientiert. Sie schenkten uns sehr viel Liebe und vermittelten uns, dass sie in jeder Situation für uns da waren. Zudem wuchsen wir weltoffen und naturverbunden auf. Für diese Werte bin ich meinen Eltern sehr dankbar und ich möchte sie auch meinen Kindern weitergeben.

Meine Eltern waren selbst nie krank und lebten mir nicht vor, dass man auch mal schwach sein darf.

Doch als ich selbst Kinder bekam, merkte ich, dass nicht alles rosig war. Mein Vater war leistungsorientiert, vor allem was den Sport anging. Ich trainierte sehr viel Handball, mit 15 spielte ich bereits in der Nationalliga A und in der Nationalmannschaft. Wenn ich mal Bauch- oder Kopfweh hatte, hielt mich niemand davon ab, ins Training zu gehen.

Meine Eltern waren selbst nie krank und lebten mir nicht vor, dass man auch mal schwach sein darf. Im Leistungssport wird erwartet, dass man stetig besser wird, und dafür muss man über die eigenen Grenzen hinausgehen. Meine Eltern setzten mich nicht aktiv unter Druck, doch sie lobten mich stets für meine sportlichen und auch schulischen Leistungen.

Selbstwert baute auf Leistung auf

Mein Vater war sehr stolz auf mich und sprach überall über mein Talent. Dadurch baute ich meinen Selbstwert auf meinen Leistungen auf. Später musste ich lernen, meine Grenzen wahrzunehmen und zu akzeptieren. Das war ein Riesenknackpunkt. Als Mutter ist mir klar geworden, dass man seine Kinder auch diffus prägt, also ohne dass man Dinge ausspricht.

Meine Kinder sollen mitbekommen, dass es in Ordnung ist, auf sich und seinen Körper zu hören, und dass sie unabhängig von jeglichen Leistungen wertvoll sind.

Meine Kinder sind ebenfalls sehr sportlich – das haben mein Mann und ich ihnen schon mitgegeben. Doch wenn sie mal ein Training absagen wollen, weil sie erschöpft sind, dann sage ich: «Du darfst müde sein. Gut, dass du es merkst.»

Sie sollen mitbekommen, dass es in Ordnung ist, auf sich und seinen Körper zu hören, und dass sie unabhängig von jeglichen Leistungen wertvoll sind. Es ist möglich, seine Glaubenssätze umzuformulieren! Einfach ist das aber nicht. Mich kostet es viel Kraft, mich anders zu verhalten, als ich es von früher kenne. Und es gelingt nicht immer. Viel wichtiger finde ich jedoch den bewussten und achtsamen Umgang mit seinen negativen Prägungen.