«Hilfe, der Freund des Sohnes spricht Schulplatz-Slang!»
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«Hilfe, der Freund des Sohnes spricht Schulplatz-Slang!»
Ein Freund unseres Sohnes, 8, drückt sich gerne im Schulplatz-Slang aus («Scheisse, Alter, Spast»), wenn wir gemeinsam mit ihm unterwegs sind. Ich verstehe, wenn Jugendliche untereinander sich in ihrer Sprache unterhalten. Aber in unserem Beisein ist mir das unangenehm, weil wir in unserer Familie viel Wert auf gepflegte Umgangs- und Ausdrucksformen legen. Ich möchte den Freund meines Sohnes aber nicht erziehen. Wie reagiere ich am besten?
Doris, 41, Heerbrugg SG
Das sagt unser Expertenteam dazu:
Nicole Althaus
Wenn Sie nicht wollen, dass der Freund des Sohnes in Ihrer Wohnung «Scheisse» sagt, dann bleibt Ihnen wohl nichts anderes übrig, als ihn über die Regeln aufzuklären, die bei Ihnen zu Hause gelten. Das ist eine Form der Erziehung, ob Sie wollen oder nicht. Nämlich diejenige zu Anstand und vorab Anpassung: Wer sich in einem anderen Haus aufhält, hat die Hausregeln zu respektieren. In grösseren Zusammenhängen nennt man das auch Integration. Sie ist für ein friedliches Zusammenleben zentral.
Stefanie Rietzler
Es ist verständlich, dass Sie den Freund Ihres Sohnes nicht erziehen möchten. Gleichzeitig dürfen Sie erwarten, dass sich Gäste an Ihre Hausregeln halten. Manche Eltern versuchen in solchen Fällen, über das eigene Kind auf den Besuch einzuwirken. Dies würde Ihren Sohn jedoch in einen Loyalitätskonflikt bringen. Günstiger wäre es, dem Freund gegenüber klare Erwartungen zu äussern, beispielsweise: «Uns ist es wichtig, dass wir in unserem Haus anständig miteinander sprechen. Das gilt auch für unseren Besuch. «Scheisse», «Alter» und «Spast» können so lange vor der Haustüre warten.»
Peter Schneider
Es gibt zwei Möglichkeiten. Erstens: Sie erklären dem Freund Ihres Sohnes, dass Ihnen der GhettoSlang auf den Sack geht und dass Sie es sehr schätzten, würde er sich in Ihrer Anwesenheit einer gediegeneren Ausdrucksweise befleissigen. Oder, zweitens: Sie versuchen es einmal selber mit dem Slang. Nicht übertreiben, nicht ironisieren, keinen besonderen Tonfall imitieren, sondern einfach nur dieselben Worte gebrauchen. Und dann mal schauen, was passiert. Vielleicht macht es Ihnen ja selber Spass, oder es ergibt sich ein lustiger Rollentausch oder sonst irgendetwas.
Unser Expertenteam:
Nicole Althaus, 49, ist Chefredaktorin Magazine, Mitglied der Chefredaktion der «NZZ am Sonntag», Kolumnistin und Autorin. Sie hat den Mamablog auf «Tagesanzeiger.ch» initiiert und geleitet und war Chefredaktorin von «wir eltern». Nicole Althaus ist Mutter von zwei Kindern im Alter von 18 und 14 Jahren.
Stefanie Rietzler ist Psychologin, Autorin («Erfolgreich lernen mit ADHS») und leitet die Akademie für Lerncoaching in Zürich. www.mit-kindern-lernen.ch
Peter Schneider, 59, arbeitet als Psychoanalytiker und Kolumnist in Zürich. Bis 2017 war er Professor für Entwicklungs- und Pädagogische Psychologie in Bremen; zurzeit lehrt er Geschichte und Wissenschaftstheorie der Psychoanalyse in Berlin.
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