Nachgeben oder hart bleiben?

Katjas Tochter verbringt viel Zeit mit ihrer besten Freundin. Doch die Ferien möchte Katja mit Mann und Tochter alleine geniessen. Nun plant die Familie der Freundin, im selben italienischen Dorf zu buchen.
Eine Frage – drei Meinungen
Unsere 10-jährige Tochter will so viel Zeit wie möglich mit ihrer besten Freundin verbringen. Das ist okay für uns. Aber in den Ferien wollen wir gerne als Familie zusammen sein, damit wir auch etwas von ihr haben. Nun möchte die Familie der Freundin genau im selben italienischen Dorf wie wir ihre nächsten Ferien buchen. Unsere Tochter findet das super – mein Mann und ich weniger. Wie sollen wir damit umgehen?
Katja, 42, Baden
Das sagt unser Expertenteam:

Sich selbst mit seinen Wünschen ernst zu nehmen und damit möglicherweise andere zu enttäuschen, fällt einem oft nicht leicht. Aber es ist notwendig, damit wir zufrieden und in Balance sind. Wir können anderen nur dann Platz lassen, zurückstehen und verzichten, wenn wir selbst mehr oder weniger zufrieden sind. Daher: Stehen Sie zu Ihren Bedürfnissen. Wenn die Familie der Freundin Ihrer Tochter im selben Ort bucht, steht ihnen dies frei. Sie sind jedoch nicht verpflichtet, die Zeit miteinander zu verbringen. Ihre Tochter wird dies ertragen können. Vielleicht verspüren Sie ja plötzlich Lust, gemeinsam etwas zu unternehmen …

Sprechen Sie mit den Eltern der Freundin. Sie können ihnen nicht verbieten, ins gleiche Dorf zu reisen, deshalb müssen Sie das Setting offen ansprechen: Hat man die gleichen Vorstellungen davon, wie man sich abgrenzt? Stellen sich die Eltern gemeinsame Ferien vor und wollen Ihre neuen besten Freunde werden? Je nach Antwort müssen Sie halt umbuchen oder einen gereizten Blinddarm vortäuschen. Wenn Sie das Experiment doch eingehen: Planen Sie Ausflüge und vereinbaren Sie mit Ihrer Tochter «Family only»-Tage. Dann haben Sie Ihre Familienzeit und für Ihre Tochter geht trotzdem ein Traum in Erfüllung.

Setzen Sie Prioritäten. Entweder die Prioritäten Ihrer Tochter oder Ihre. Eventuell lässt sich auch ein Kompromiss finden; erfahrungsgemäss lassen sich Kompromisse allerdings leichter finden als durchhalten. Es könnte sein, dass Sie etwas mehr Freiheit zu zweit haben, wenn Ihre Tochter mit der Freundin abhängt, oder aber auch weniger, weil Sie ein Kind mehr an der Backe haben und eventuell noch die Eltern dazu. Wie es herauskommt, lässt sich schlecht voraussehen oder absprechen. (Sie merken, derartige Gemeinschaftsferien sind nicht unbedingt mein Ding.)
Das Expertenteam:
- Annette Cina, 51, arbeitet am Institut für Familienforschung und -beratung der Universität Freiburg. In ihrer eigenen Praxis berät die Psychologin, Psychotherapeutin und dreifache Mutter Jugendliche und Erwachsene. Zu ihren Forschungsschwerpunkten gehören die Prävention von kindlichen Verhaltensstörungen, Paarkonflikte, Kindererziehung und Stress.
- Andrea Jansen, 44, ist Gründerin der Elternplattform Mal-ehrlich.ch. Die Journalistin, Unternehmerin und Stiftungsrätin war früher Fernsehmoderatorin und Produzentin bei SRF. Andrea Jansen hat drei Kinder im Alter von 7, 9 und 11 Jahren. Sie lebt mit ihrer Familie auf Hawaii und in Zürich.
- Peter Schneider, 66, ist Psychoanalytiker, Kolumnist und Satiriker. War mal Professor für Pädagogische und Entwicklungs-Psychologie an der Uni Bremen, ist immer noch Privatdozent für Klinische Psychologie an der Uni Zürich. Vater und Ehemann eines erwachsenen Sohnes und einer erwachsenen Frau aus und in erster Ehe.
In dieser Rubrik beantworten Expertinnen und Experten Ihre Fragen zu Erziehung und Alltag mit Kindern.
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