«Hilfe, mein Sohn drückt sich vor Fussball-Turnieren!»
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«Hilfe, mein Sohn drückt sich vor Fussball-Turnieren!»
Unser 9-jähriger Sohn spielt leidenschaftlich gerne Fussball und wird vom Trainer regelmässig für die Spiele aufgeboten. Er selber hat Sorge, seine Mannschaft könnte verlieren, wenn er einen Fehler macht. Soll ich versuchen, seinen Ehrgeiz zu wecken, oder muss ich seinen Wunsch respektieren, nur das Training zu besuchen?
Das sagt unser Expertenteam dazu:
Nicole Althaus
Vielleicht mangelt es Ihrem Sohn nicht an Ehrgeiz, sondern an Frustrationstoleranz. Lehren Sie ihn, dass niemand Perfektion verlangt, Fehler passieren dürfen, sogar passieren müssen, damit man sich weiterentwickeln kann. Und dass Probieren über Studieren geht.
Stefanie Rietzler
Offenbar gehört Ihr Sohn zu den Kindern, die Wettkampfsituationen nichts abgewinnen können. Es ist schade, wenn intrinsisch motivierte Kinder von leistungsorientierten Trainern oder Eltern so lange unter Druck gesetzt werden, an Turnieren oder Wettbewerben teilzunehmen, bis ihnen die Freude am Sport abhandenkommt. Dabei vergisst man oft: Nur weil man etwas gut kann und gerne tut, heisst das nicht, dass man sich mit anderen messen muss. Lassen Sie Ihrem Sohn Zeit: Vielleicht hat er irgendwann Lust auf Wettkämpfe, vielleicht bleibt er ein begeisterter Trainingsbesucher.
Peter Schneider
Ja, sie sollten seinen Wunsch respektieren. Aber vielleicht kann der Trainer der Angst Ihres Sohnes entgegenwirken. Erzählen Sie ihm (besser ohne dass Ihr Sohn davon erfährt) von den Skrupeln Ihres Sohnes. Wenn er es richtig findet, kann er ihn ja öfter bei den Spielen einsetzen. Aber Sie können Ihrem Sohn keinen Ehrgeiz verordnen, unter dem er dann nur leiden würde. Kinder werden manchmal von Sorgen geplagt, die Erwachsene schlecht verstehen können. Man muss diese Sorgen manchmal auch einfach nur geduldig ertragen.
Unser Expertenteam:
Nicole Althaus, 49, ist Chefredaktorin Magazine und Mitglied der Chefredaktion der «NZZ am Sonntag», Kolumnistin und Autorin. Sie hat den Mamablog auf «Tagesanzeiger.ch» initiiert und geleitet und war Chefredaktorin von «wir eltern». Nicole Althaus ist Mutter von zwei Kindern im Alter von 18 und 14 Jahren.
Stefanie Rietzler ist Psychologin, Autorin («Clever lernen», «Erfolgreich lernen mit ADHS») und leitet die Akademie für Lerncoaching in Zürich. www.mit-kindern-lernen.ch
Peter Schneider, 59, arbeitet als Psychoanalytiker und Kolumnist in Zürich. Bis 2017 war er Professor für Entwicklungs- und Pädagogische Psychologie in Bremen; zurzeit lehrt er Geschichte und Wissenschaftstheorie der Psychoanalyse in Berlin.
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