Was können Eltern bei einer Bindehautentzündung tun?

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Weil ihr Immunsystem noch nicht vollständig entwickelt ist, sind kleine Kinder besonders anfällig für Bindehautentzündungen. Doch auch Jugendliche und Erwachsene können sich anstecken, denn die Augenkrankheit hat viele Ursachen.
Text: Julia Holleis

Bild: Getty Images

Wenn das Auge gerötet ist, stark tränt und juckt, steckt häufig eine Bindehautentzündung dahinter. Die sogenannte Konjunktivitis kann unter anderem durch Krankheitserreger wie Viren und Bakterien ausgelöst werden.

Für Eltern ist es oft schwierig zu unterscheiden, um welche Form es sich handelt. «Bakterielle Bindehautentzündungen kommen vor allem bei Säuglingen und Kleinkindern vor. Das Sekret ist schleimig, gelb-eitrig und verklebt die Augen. Bei der viralen Entzündung sind die Augen gerötet und brennen. Das Sekret ist wässrig und klar, kann aber auch grünlich sein», erklärt Markus Zehnder, Inhaber der Kinderarztpraxis Central in Horgen ZH, die Unterschiede.

Beide Formen würden in der Regel spontan wieder abheilen, weshalb es bei leichteren Verläufen für die Behandlung keine Rolle spiele, ob die Ursache viral oder bakteriell ist.

Wichtig sei, das eitrige Sekret regelmässig mit lauwarmem Leitungswasser und einem sauberen Tuch von aussen nach innen auszuwischen. Vor und nach dem Auswischen sollten die Hände gründlich gereinigt werden, denn eine Bindehautentzündung ist hoch ansteckend.

Eine sorgfältige Handhygiene ist der beste Schutz, um eine Ausbreitung der Augengrippe zu verhindern.

Markus Zehnder, Kinderarzt

«Bei ausgeprägten Fällen können antibiotische Tropfen verschrieben werden, die die Krankheitsdauer verkürzen können», sagt Zehnder. Je nach Ursache braucht es 7 bis 14 Tage, bis eine Bindehautentzündung ausgeheilt ist. Besonders in dieser Zeit ist sorgfältige Handhygiene entscheidend. Sie ist auch der beste Schutz, um eine Ausbreitung zu verhindern.

Wann darf das Kind in die Schule?

«Ein Krippen- und Schulausschluss ist nur bei der epidemischen Keratokonjunktivitis obligatorisch», sagt Zehnder. Diese umgangssprachlich auch Augengrippe genannte Form der Entzündung ist besonders ansteckend. «Sie wird durch sogenannte Adenoviren ausgelöst und ist sehr ausgeprägt, mit starker Rötung, Schwellung, Lidkrampf, Fremdkörpergefühl sowie wässrigem Ausfluss.»

Anfangs ist meist nur ein Auge betroffen und das Kind hat keine grippalen Symptome. Im weiteren Verlauf kann die Infektion auch auf das andere Auge übergehen. Der schulärztliche Dienst des Kantons Zürich hat im Falle einer Augengrippe klare Regeln: «Eine Rückkehr in die Schule ist möglich ab dem 15. Tag nach Krankheitsausbruch auf einem Auge. Wenn das zweite Auge später infiziert ist, gelten wiederum 15 Tage ab Krankheitsausbruch beim zweiten Auge», heisst es auf der offiziellen Website.

Augenärztliche Abklärung

Leichte, virale Infekte können zwar auch ansteckend sein, sind aber in der Regel weniger gefährlich als die epidemischen – daher gilt in dem Fall kein pauschales Schulverbot. Je nach Schwere der Symptome entscheidet der behandelnde Arzt individuell.

Bei starken Schmerzen, Lidkrampf oder Schwellung des gesamten Auges sollte das Kind unbedingt dem Kinderarzt vorgestellt werden, um eine Entzündung der Hornhaut – etwa durch Herpesviren oder eine bakterielle, eitrige Entzündung des gesamten Auges – auszuschliessen. Heilt die Bindehautentzündung trotz entzündungshemmender Therapie nicht aus, ist eine augenärztliche Abklärung ratsam.

Bindehautentzündung: Augentropfen
Bei allergischen Bindehautentzündungen helfen Augentropfen. (Bild: Getty Images)

«In seltenen Fällen kann hinter einer Bindehautentzündung auch eine Grunderkrankung stecken», sagt Rike Michels, Leiterin von Michels Augenärzte am See in Feldmeilen ZH. Eine besonders ausgeprägte Form sei die Keratokonjunktivitis vernalis. Eine chronisch allergische Entzündung, die ausschliesslich Kinder betrifft.

«Diese Sonderform der Allergie kann Vernarbungen am Auge hervorrufen, die Einfluss auf die Sehentwicklung haben können. Kinder mit dieser Erkrankung gehören konsequent behandelt, damit sie keine langfristige Einschränkung erleiden», erklärt die Ärztin. Die gute Nachricht: «Mittlerweile sind auch in der Schweiz spezielle Augentropfen zugelassen, mit denen sehr positive Ergebnisse gegen diese hartnäckige Krankheit erzielt werden», so Michels.

Hauptauslöser sind Pollen

«Hauptsymptom ist der Juckreiz. Eine allergische Bindehautentzündung ohne Juckreiz gibt es praktisch nicht», sagt Peter Eng, Allergologe und Immunologe in Luzern. Typische Symptome seien wässriger Tränenfluss, gerötete Augen und geschwollene Augenlider, oft begleitet von Niesen und/oder einer laufenden Nase (Heuschnupfen).

Eine spezielle Form sei die sogenannte Chemosis, bei der die Bindehaut anschwillt und die praktisch nur bei einer Allergie auftrete. «Die Chemosis ist zwar relativ harmlos, kann aber für die betroffenen Kinder und deren Eltern bedrohlich aussehen», sagt der Mediziner.

Kamillentee ist ein beliebtes Hausmittel, sollte bei einer Bindehautentzündung aber vermieden werden, weil Allergien entstehen können.

Bei Verdacht auf eine allergische Ursache werde zunächst mittels Allergietest oder Blutuntersuchungen der Auslöser ermittelt. «Auslöser Nummer eins sind Pollen. Das können Gräser-, Baum- oder Kräuterpollen sein. Die zweithäufigste Ursache sind Hausstaubmilben, danach kommen Haare und Schuppen von Haustieren oder Stalltieren», erklärt Eng.

Folgerichtig müsse bei der allergischen Bindehautentzündung in erster Linie der Auslöser konsequent gemieden werden. Das ist in der Praxis nicht immer einfach. Gerade, wenn es das eigene Haustier ist, auf das man allergisch reagiert, oder eben bei Pollen, denen man im Frühjahr kaum entgehen kann.

Nicht die Augen reiben

Neben der Vermeidung des Auslösers helfen Augentropfen oder Auswaschen mit Kochsalzlösung. «Falls dies zusammen mit den vorbeugenden Massnahmen nicht möglich ist, gibt es Antihistaminika-Tabletten und in ganz schweren Fällen kommen Kortikosteroid-Tropfen zur Anwendung», sagt der Allergologe. Diese enthalten Kortison und sollten nur nach sorgfältiger augenärztlicher Abklärung verschrieben und verwendet werden.

Auch wenn es schwerfällt, sollte das Reiben der Augen möglichst vermieden werden. «Dadurch kann eine allergische Konjunktivitis auch zu einer bakteriellen Superinfektion führen», warnt Eng. In dem Fall verändert sich das Sekret und ist nicht mehr wässrig, sondern grün-gelblich, und es kommt zu gelblichen Verkrustungen im Bereich der Augenlider. «Symptome, die man immer ernst nehmen sollte, sind Schmerzen im Auge, Lichtempfindlichkeit, starkes Blinzeln sowie verschwommenes Sehen», sagt der Spezialist. Spätestens da sei medizinischer Rat gefragt.

Selbst bei den Jüngsten kann es bereits zu wiederholten Bindehautentzündungen kommen, allerdings aus anderen Gründen. «Bei Neugeborenen und Kleinkindern bis zum zweiten Lebensjahr tritt eine wiederkehrende Bindehautentzündung oftmals als Folge eines Tränenwegverschlusses auf.

Hier lohnt es sich, gut zu reinigen und regelmässig die Tränenwege zu massieren», erklärt Rike Michels. Dabei streicht man mit sanftem Druck vorsichtig mit dem Finger vom inneren Lidwinkel runter zum Nasenflügel. «Zwei- bis dreimal täglich für jeweils eine Minute genügt. Auf den Finger kann man etwas Vaseline auftragen, um die Haut nicht zu sehr zu reizen», rät sie. Die Verengung oder der Verschluss öffnet sich meist innerhalb der ersten zwei Lebensjahre von alleine und es bedarf keiner weiteren Massnahmen.

Tropfen ohne Tränen

Kindern Augentropfen zu verabreichen, kann herausfordernd sein. Vor allem, wenn das Kind Angst hat und sich weigert, das Auge offen zu halten. Eine bewährte Methode ist das Verabreichen im Liegen. Das Kind legt sich flach auf den Rücken und darf die Augen schliessen. Dann tropft man die Flüssigkeit in den inneren Augenwinkel. Sobald das Kind das Auge öffnet, läuft das Medikament automatisch ins Auge und nicht die Wange hinunter. Darauf achten, dass das Fläschchen mit den Tropfen nicht mit dem Auge in Berührung kommt, um Verunreinigungen zu vermeiden. Natürlich gilt auch dabei immer: davor und danach gründlich Hände waschen.

Gerade bei empfindlichen oder bereits gereizten Augen lohnt sich ein genauer Blick auf das, was täglich damit in Berührung kommt, seien das Kontaktlinsen oder auch Kosmetikprodukte. Wimperntusche, Lidschatten, Eyeliner oder Make-up-Entferner können bei empfindlichen Augen oder schlechter Verträglichkeit eine Bindehautentzündung begünstigen.

Dies gilt insbesondere, wenn die Produkte verunreinigt oder abgelaufen sind. Hersteller empfehlen deshalb, die Mascara alle drei bis sechs Monate zu erneuern, um einer Keimbildung vorzubeugen. Übrigens: Im Gegensatz zu bakteriellen oder viralen Bindehautentzündungen sind allergisch oder mechanisch ausgelöste Reizungen nicht ansteckend.

5 Tipps, wie einer Bindehautentzündung beizukommen ist

  • Auf konsequente Handhygiene achten, um eine Ausbreitung innerhalb der Familie zu vermeiden. Solange die Krankheit nicht ausgeheilt ist, nicht dieselben Handtücher verwenden.
  • Zum Auswischen der verklebten Lidränder und Wimpern eignet sich Kochsalzlösung oder Wasser. Bei Kindern im Stillalter kann auch Muttermilch hilfreich sein, da sie Antikörper enthält. Immer vom äusseren Augenwinkel nach innen wischen.
  • Kamillentee ist ein beliebtes Hausmittel, sollte bei einer Bindehautentzündung allerdings vermieden werden, weil dadurch Allergien entstehen können. Besser geeignet ist schwarzer Tee, der entzündungshemmend wirkt.
  • Vor allem bei allergischem Juckreiz können kühle Kompressen auf den Augen Linderung verschaffen und die Schwellung verringern.
  • Bei Augenkosmetik auf die Inhaltsstoffe achten und vor allem Wimperntusche regelmässig erneuern. Das gilt besonders, wenn man auf bestimmte Stoffe empfindlich oder allergisch reagiert.