Unsere Söhne sind im Fussballverein. Der Elfjährige seit ein paar Jahren, der Neunjährige seit einigen Monaten – mit grossem Erfolg. Der Kleine scheint ein Naturtalent zu sein und wird vom Trainer ständig gelobt. Das setzt dem Älteren zu. Wir wollen uns natürlich mit unserem jüngeren Sohn freuen – ohne den älteren zu verletzen. Wie machen wir das am besten?
Klaus, 39, Olten SO
Das sagt unser Expertenteam dazu:
Nicole Althaus
Es ist wohl eine der härtesten Lektionen, die der Mensch im Leben zu lernen hat: Es gibt immer jemanden, der etwas besser kann als man selbst. Und nicht jeder ist in jedem Fach begabt. Aber jeder hat irgendwo Stärken. Freuen Sie sich mit dem Jüngeren über seinen Erfolg. Und loben Sie den Grossen in einem Feld, in dem er den Kleinen übertrumpft. Es findet sich ganz bestimmt eines.
Tonia von Gunten
Freuen Sie sich mit dem Jüngeren, doch stärken Sie das Selbstwertgefühl des Älteren und sagen Sie: «Wie ist das für dich, wenn dein Bruder vom Trainer so gelobt wird und du nicht? Ist sicher enttäuschend für dich, du spielst ja schon viel länger Fussball.» Trösten Sie ihn nicht damit, indem Sie seine andern Fähigkeiten aufzählen: «Dafür bist du gut in Mathe!», sondern finden Sie zusammen heraus, ob er sich noch fürs Fussballspielen begeistert oder nicht. Es ist schön, wenn Kinder sich in der Freizeit mit Dingen beschäftigen dürfen, die ihnen Spass machen.
Peter Schneider
Die Erfahrung, dass der Jüngste besser tschuttet, werden Sie dem Älteren nicht ersparen können. Das merkt er schliesslich auch selber. Freuen Sie sich mit dem Jüngeren und freuen Sie sich – bei anderer Gelegenheit – auch mit dem Älteren, und haben Sie Verständnis dafür, dass ihm der Erfolg des Bruders Bauchschmerzen bereitet; aber machen Sie keine Aktionen der Ausgewogenheit daraus. Denn das wäre für den Älteren eine Herablassung.
Unser Expertenteam:
Nicole Althaus, 48, ist Kolumnistin, Autorin und Mitglied der Chefredaktion der «NZZ am Sonntag». Zuvor war sie Chefredaktorin von «wir eltern» und hat den Mamablog auf «Tagesanzeiger. ch» initiiert und geleitet. Nicole Althaus ist Mutter von zwei Kindern, 16 und 12.
Tonia von Gunten, 44, ist Elterncoach, Pädagogin und Buchautorin. Sie leitet elternpower.ch, ein Programm, das frische Energie in die Familien bringen und Eltern in ihrer Beziehungskompetenz stärken möchte. Tonia von Gunten ist verheiratet und Mutter von zwei Kindern, 11 und 8.
Peter Schneider, 59, arbeitet als Psychoanalytiker und Kolumnist in Zürich. Bis 2017 war er Professor für Entwicklungs- und Pädagogische Psychologie in Bremen; z.Zt. lehrt er Geschichte und Wisseschaftstheorie der Psychoanalyse in Berlin.
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