Meine Tochter, 9, nimmt alles wahnsinnig persönlich: Meine Bitte, das Zimmer aufzuräumen, Flöte zu üben oder den Tisch zu decken, empfindet sie gleich als Kritik. Und reagiert entsprechend aggressiv. Wissen Sie mir einen Rat?Patricia, 42, Interlaken BE
Das sagt unser Expertenteam dazu:
Nicole Althaus
Haben wir Menschen nicht alle die Tendenz, Dinge persönlich zu nehmen, die uns nicht in den Kram passen? Vielleicht kommen wir ja noch einmal davon! Ihre Tochter versucht sich mit ihrem Verhalten vor Auf gaben und «Ämtli» zudrücken. Fallen Sie nicht darauf herein! Lassen Sie sich nicht provozieren und sagen Sie ruhig, aber bestimmt, was die Tochter zu tun hat.
Tonia von Gunten
Geben Sie grundsätzlich weniger Anweisungen und lassen Sie Ihre Tochter mehr selber bestimmen. Wir Eltern haben die Angewohnheit, unsere Kinder ständig zu befragen und Befehle zu erteilen: «Wie war es in der Schule? Hast du Hausaufgaben? Deck den Tisch! Häng die Jacke auf!» Wenn es nicht ohne Anweisungen geht, beachten Sie Folgendes: Lassen Sie Ihrer Tochter genügend Zeit. Äussern Sie sich klar, werden Sie persönlich: «Du bist am Spielen, doch wir können in zehn Minuten essen. Ich will, dass du heute den Tisch deckst. Okay?»
Peter Schneider
Versuchen Sie, vermeidbare «Kritik» (also das, was Ihre Tochter als unwichtige Kritik empfindet) herunterzufahren, und überlegen Sie, wo Sie ihr stattdessen etwas Nettes sagen können. Das ist der nerven schonende Teil meiner Antwort. Der andere Teil lautet: Es hilft nichts, da müssen Sie und Ihre Tochter durch. Das geht am einfachsten, wenn Sie bei den wirklich wichtigen Aufgaben (das sind möglicherweise weniger, als Sie im Moment denken) die besagte «Kritik» als möglichst simples Kommando durchgeben und sich von den Aggressionen nicht zu sehr beeindrucken lassen.
Unser Expertenteam:
Nicole Althaus, 48, ist Kolumnistin, Autorin und Mitglied der Chefredaktion der «NZZ am Sonntag». Zuvor war sie Chefredaktorin von «wir eltern» und hat den Mamablog auf «Tagesanzeiger. ch» initiiert und geleitet. Nicole Althaus ist Mutter von zwei Kindern, 16 und 12.
Tonia von Gunten, 44, ist Elterncoach, Pädagogin und Buchautorin. Sie leitet elternpower.ch, ein Programm, das frische Energie in die Familien bringen und Eltern in ihrer Beziehungskompetenz stärken möchte. Tonia von Gunten ist verheiratet und Mutter von zwei Kindern, 11 und 8.
Peter Schneider, 59, arbeitet als Psychoanalytiker und Kolumnist in Zürich. Bis 2017 war er Professor für Entwicklungs- und Pädagogische Psychologie in Bremen; z.Zt. lehrt er Geschichte und Wisseschaftstheorie der Psychoanalyse in Berlin.
Haben Sie auch eine Frage?
In dieser Rubrik beantworten Expertinnen und Experten IHRE Fragen zu Erziehung und Alltag mit Kindern. Schreiben Sie eine E-Mail an: redaktion@fritzundfraenzi.ch