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«Würmer – igitt!»

Lesedauer: 3 Minuten

Darmparasiten erregen bei vielen Ekelgefühle und sind deshalb ein Tabuthema. Dabei lohnt es sich, genauer hinzuschauen. Denn sie sind verbreiteter, als man denkt – und treten vor allem bei Kindern auf.

Text: Anja Lang

Dieser Artikel wurde am 6. Oktober aktualisiert.

Lena* kann nicht schlafen. Sie quengelt und weint, denn es juckt sie ganz schrecklich am Po. Als ihre Mutter nachsieht, stellt sie fest, dass sich die 7-Jährige im Analbereich stark aufgekratzt hat. Bei näherer ­Inspektion des Pyjamas findet sie den Übeltäter: einen winzigen weissen Wurm.

Die Vorstellung von Würmern im Körper ist zugegebenermassen ziemlich eklig. Dabei leben die Parasiten schon seit über 150 Millionen Jahren extrem gut angepasst in enger Symbiose mit ihren Wirten Mensch und Tier. Weltweit schätzt man, dass etwa zwei Milliarden Menschen von parasitären Würmern, fachsprachlich Helminthen, besiedelt sind.

Die Übertragung von Madenwürmern geschieht unter anderem über Spielsachen, Plüschtiere oder Türfallen.

Die allermeisten Fälle werden jedoch in deutlich wärmeren Klimazonen mit vergleichsweise niedrigen Hygienestandards verzeichnet. Hierzulande sind Wurmerkrankungen seltener. «Da Wurmerkrankungen nicht meldepflichtig sind, liegen uns keine konkreten Zahlen vor», sagt Dr. Bernhard Beck, Facharzt für Tropen- und Reisemedizin in Zürich, spezialisiert auf die Behandlung von Wurmerkrankungen. 

Infektion erfolgt von Mensch zu Mensch

Wenn Kinder eine Wurmerkrankung bekommen, steckt meist eine Infektion mit Madenwürmern dahinter. Der Madenwurm gehört zur Gruppe der sogenannten Fadenwürmer, die sich auf das Leben im menschlichen Darm spezialisiert haben.

«Madenwürmer sind weiss, etwa zehn Millimeter lang und erinnern an einen Nähfaden», sagt Beck. «Die Infektion erfolgt in der Regel von Mensch zu Mensch über die Aufnahme von Wurmeiern in den Mund.» Damit kommen mit Wurmeiern verschmutzte Spielsachen, Plüschtiere, ungewaschenes Biogemüse, aber auch kontaminierte Türfallen, gemeinsam benutzte Handtücher, Bettwäsche und so weiter für die Übertragung infrage.

Im Darm entwickeln sich aus den Eiern innerhalb von Stunden Larven, die dann in Richtung Dünndarm wandern. «Die Kinder merken davon nichts», erklärt Beck. Nach etwa einem Monat entstehen aus den Larven ausgewachsene Madenwürmer.

«Zur Eiablage kriechen die erwachsenen Weibchen nachts aus dem After und legen viele winzige Eier in einer ­extrem gut haftenden klebrigen Hülle in den Falten des Anus ab. Dies kann zu heftigem Juckreiz in dieser Region führen, weshalb betroffene Kinder sich vor allem abends und nachts anhaltend kratzen und deshalb nicht schlafen können.

Eine Infektion mit Fadenwürmern ist in der Regel mehr lästig als gesundheitsgefährdend.

In der Folge beginnt ein Teufelskreis, da beim Kratzen immer wieder Wurmeier an die Finger und unter die Fingernägel gelangen. «Werden die Finger dann in den Mund genommen, gelangen die Eier wieder in den Darm, wodurch es zur ständigen Neuinfektion kommt», betont der Tropenmediziner.

«Über die Hände gelangen die Wurmeier ausserdem auf Spielsachen, Türfallen, Toilettensitze und so weiter, sodass sich andere Personen ebenfalls infizieren können.»

«Eine Infektion mit Fadenwürmern ist in der Regel mehr lästig als gesundheitsgefährdend, da die Würmer nicht durch die Darmwand gehen», sagt Beck. «Komplikationen kann es in seltenen Fällen bei Frauen und Mädchen geben, wenn Madenwürmer auch die Vagina befallen, was zu Entzündungen führen kann.

Nachweis mit einem Streifentest

Durch das Kratzen kann es ausserdem zu entzündlichen Hautinfek­tionen am Anus kommen. Über die Verteilung der Wurmeier ist die Erkrankung ausserdem ansteckend. Besteht der Verdacht einer Madenwurminfektion, sollte deshalb immer der Haus- oder Kinderarzt aufgesucht werden.

Mit einem Streifentest lässt sich die Erkrankung relativ einfach nachweisen. «Dazu tupfen Eltern am Morgen vor dem Waschen den Anus ihres Kindes mit einem Klebestreifen ab, um mögliche Eier abzufangen», so Beck. «Manchmal findet man auch einen Wurm in der Unterwäsche, den kann man ebenfalls zum Arzt mitbringen.» 

5 Tipps zur Vorbeugung von Würmern:
  • Achten Sie bei Ihren Kindern – und bei sich selbst – auf eine penible Handhygiene besonders nach dem Spielen draussen, nach dem Toilettengang und vor dem Essen.
  • Rohes Gemüse sollte vor dem Verzehr stets gut gewaschen oder durchgegart werden. Beim Kauf von jauchegedüngtem Biogemüse auf vertrauenswürdige Erzeuger achten.
  • Sandkästen nach der Benutzung immer gut abdecken, um sie vor der Verunreinigung durch Katzen- oder Hundekot zu schützen.
  • Über den Kot von Haustieren, wie Hunden und Katzen, ist zum Beispiel eine Infektion mit dem Katzen- oder Hundespulwurm möglich. Dies ist selten, kann aber vorkommen.
  • Haustiere mit Auslauf regelmässig entwurmen und das Fell säubern. Hunde wälzen sich bei Spaziergängen mit Wonne im Kot anderer Lebewesen, wodurch ebenfalls eine Übertragung möglich ist.

Zur Behandlung von Wurm­erkrankungen werden spezielle Wurmmittel in Tablettenform eingesetzt, die die Würmer im Darm sicher abtöten. «Die Behandlung erfolgt immer bei den Betroffenen selbst sowie vorsorglich auch bei sämtlichen Haushaltsmitgliedern», erklärt Beck, «auch bei denjenigen ohne Symptome.»

Wichtig ist, dass die medikamentöse Behandlung durch unterstützende Verhaltensmassnahmen ergänzt wird. Denn die Medikamente töten zwar die Würmer – die Ansteckung erfolgt aber über die Wurmeier. «Wichtig ist deshalb, sich mehrmals am Tag die Hände gründlich mit Seife zu waschen, insbesondere nach dem Toilettengang, nach dem Spielen draussen und vor dem Essen», so Bernhard Beck.

Anja Lang
Anja Lang ist langjährige Medizinjournalistin. Sie ist Mutter von drei Kindern und lebt mit ihrer Familie in der Nähe von München.

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