«Hilfe, unsere Tochter wechselt ständig ihr Hobby»
Unsere Tochter, 12, hat in den vergangenen vier Jahren ständig die Hobbys gewechselt. Erst war sie im Kunstturnverein, dann wollte sie reiten, jetzt Geige spielen. Wir möchten sie bei der Suche nach ihrer Leidenschaft unterstützen. Aber langsam wird das teuer – und nervt uns auch. Was empfehlen Sie uns? Peter, 43, und Seraina, 40, Aarau
Das sagen unsere drei Experten dazu:
Nicole Althaus: Ich liebe das Wort Leidenschaft, weil es so ehrlich ist: Ohne sie ist alles nichts, verleidet jedes Hobby, sobald es ein kleines bisschen anstrengend wird. Mit ihr aber ist alles anders. Der Preis dafür ist das Leiden, das Durchbeissen, das Ausharren und Weitermachen. Machen Sie mit Ihrer Tochter einen Vertrag: Sie bezahlen die Geigenstunden, aber nur solange sie regelmässig übt und bis 15 durchhält.
Tonia von Gunten: Kein Mensch braucht ein teures Hobby, und eine Geige schon gar nicht! Viele Kinder verbringen ihre Freizeit am liebsten mit ihren Freunden und möchten vor allem nichts tun, was viele Erwachsene leider fast nicht aushalten. Sie könnten ein Gespräch mit Ihrer Tochter so beginnen: «Hör mal, beim Ausprobieren diverser Hobbys konntest du in den letzten Jahren viel Neues lernen. Doch nichts hat dir richtig zugesagt, und das finden wir schade. Wir wissen nicht, woran das liegt. Scheinbar ist unsere Unterstützung bei der Suche nach einer passenden Beschäftigung bis jetzt nicht gelungen, und das nervt uns. Wie denkst du darüber?»
Peter Schneider: Kindliche Leidenschaften werden leicht überschätzt. Sie sind meistens nicht der Beginn einer lebenslangen Passion, sondern gehören zu den unvorhersehbaren Launen der frühen Lebensjahre. Unterstützen Sie Ihre Tochter, aber ruinieren Sie dabei weder Ihr Portemonnaie noch Ihre Nerven. Geigen kann man leihen, Musikunterricht gibt es in der Schule. Und wenn sie in drei Jahren noch geigt, ist das schön; wenn nicht, auch keine Katastrophe. Verlangen Sie keine Beständigkeit der Begeisterung, die eine Zwölfjährige nicht aufbringen kann.
Die Autoren:
Nicole Althaus, 47, ist Kolumnistin, Autorin und Mitglied der Chefredaktion der «NZZ am Sonntag». Zuvor war sie Chefredaktorin von «wir eltern» und hat den Mamablog auf «Tagesanzeiger.ch» initiiert und geleitet. Nicole Althaus ist Mutter von zwei Kindern, 15 und 11.
Tonia von Gunten, 42, ist Elterncoach, Pädagogin und Buchautorin. Sie leitet elternpower.ch, ein Programm, das frische Energie in die Familien bringen und Eltern in ihrer Beziehungskompetenz stärken möchte. Tonia von Gunten ist verheiratet und Mutter von zwei Kindern, 9 und 6.
Peter Schneider, arbeitet als Psychoanalytiker und Kolumnist in Zürich. Bis 2017 war er Professor für Entwicklungs- und Pädagogische Psychologie in Bremen; z.Zt. lehrt er Geschichte und Wisseschaftstheorie der Psychoanalyse in Berlin.
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