Lerntipps für Kinder und Jugendliche mit ADHS
ADHS-Betroffene sind in der Schule mit ganz besonderen Herausforderungen konfrontiert. Mit diesen Tipps fällt das Lernen leichter.
In der Schule
- Fokus erleichtern. Dem Kind einen Platz in der Nähe der Lehrperson zuweisen, Gehörschutz oder Musik anbieten.
- Auf die Bedürfnisse des Kindes eingehen. Anweisungen visualisieren, Arbeiten dürfen zum Beispiel im Stehen erledigt werden.
- Beim Arbeitseinstieg begleiten. Über die erste Hürde hinweghelfen (Lehrperson geht noch mal beim Kind vorbei und fragt: «Weisst du, was du machen musst?»).
- Struktur schaffen. Gemeinsam planen. Bei der Gestaltung von Arbeitsblättern darauf achten, dass die Aufgaben nicht zu eng aufeinanderfolgen. Aufgaben portionieren (bei kleinen Kindern Arbeitsblatt auseinanderschneiden).
- Orientierung geben. Dem Kind einen Timer zur Verfügung stellen, damit es sieht, wann es losgeht, wie viel Zeit es noch hat.
- Rückzugsmöglichkeiten schaffen. Zum Beispiel eine Ecke im Klassenzimmer, in die sich Kinder kurz zurückziehen können. Jugendlichen erlauben, die Kapuze beim Lernen hochzuziehen.
Bei den Hausaufgaben
- Hausaufgaben sollten nicht ausufern. Mit der Lehrperson ein Limit festlegen. Macht das Kind XX Minuten konzentriert Hausaufgaben, darf es danach abbrechen. (Uhr stellen. Schaut das Kind aus dem Fenster und träumt vor sich hin: Uhr anhalten. Diese läuft nur, wenn das Kind arbeitet.) Begrenzt man die Hausaufgaben und sagt zum Kind: «Du darfst maximal 30 Minuten arbeiten», lernt es oft automatisch speditiver und konzentrierter.
- Mit dem Kind die Hausaufgaben vorstrukturieren. Einen Plan ausarbeiten, was nacheinander erledigt wird, am besten per Liste zum Abhaken. Pausen einplanen.
- Flexibel sein, was den Arbeitsort betrifft. Vielleicht lernt das Kind besser auf dem Boden liegend, auf dem Gymnastikball hüpfend, herumlaufend oder im Stehen.
- Eine Verschnaufpause für beide einlegen, wenn Eltern merken, dass sie mit ihrem Kind gleich in Streit geraten. Oft hat sich nach 15 Minuten vieles beruhigt und man kann einen neuen Anlauf nehmen. Falls nicht: Der Lehrperson einen Vermerk ins Kontaktheft schreiben.
- Externe Entlastung holen. Dann, wenn die Situation zu Hause sehr verfahren ist (Studierende aus der Nachbarschaft? Hausaufgabenbetreuung in der Schule?).
- Prioritäten setzen. Und als Eltern die Einstellung an den Tag legen: «Die Beziehung zu meinem Kind ist mir wichtiger, als dass das Arbeitsblatt heute fertig gemacht wird.»
Insgesamt ist die Zahl der ADHS-Diagnosen im Kindesalter in den letzten Jahren gestiegen. Dies zeigt zum Beispiel eine Untersuchung aus dem Jahr 2023 rund um den Wissenschaftler Douglas McKechnie am University College London. Dieser zufolge gibt es vor allem mehr Diagnosen im Alter von sechs bis neun Jahren sowie Diagnosen bei Mädchen – bei denen ADHS lange Zeit nicht erkannt wurde.
Der Kinder- und Jugendmediziner Oskar Jenni, Co-Leiter der Abteilung Entwicklungspädiatrie am Universitäts-Kinderspital Zürich, beobachtet vor allem die Zunahme von leichten Störungen – und begründet dies mit den Erwartungen der Leistungsgesellschaft: «Steigt der Erwartungsdruck von der Schule und von zu Hause, nehmen nicht die schweren Störungen zu, sondern die leichten. Ausserdem sind die Erwartungen, was Kinder in der ersten Klasse können müssen – an Selbständigkeit und Selbstregulation –, in den letzten 30 Jahren massiv gestiegen.»
Bei der Organisation
- Das tägliche Zettelchaos angehen. 1. Gemeinsam die Schultasche ausräumen und alle losen Blätter auf einen Stapel legen. 2. Lose Arbeitsblätter einkleben oder einordnen. Währenddessen können Elternbriefe und Prüfungen unterzeichnet werden. 3. Das Kind beginnt mit den Hausaufgaben.
- Den Kopf systematisch entlasten und Ordnung schaffen. Jedes Schulfach einer Farbe zuordnen. Eine Rollbox für Schulsachen anschaffen, in der jedes Fach ein eigenes Abteil erhält und entsprechend beschriftet wird. So finden Kinder zu Hause leichter ihre Arbeitsmaterialien.
- Handlungsabläufe einschleifen. Sich dabei auf eine Sache konzentrieren. Zum Beispiel: Immer, wenn die Lehrperson die Hausaufgaben an die Tafel schreibt, notiere ich sie sofort. Oder: Immer, wenn ich aus dem Bus steige, schaue ich, ob ich meine Tasche dabei habe. (Bis sich eine Tätigkeit verinnerlicht hat, kann es zwei bis drei Monate dauern.)
- Als Eltern akzeptieren, dass das Kind zerstreut ist. Und sich Strukturiertheit nur ein Stück weit trainieren lässt.
Sämtliche Tipps stammen aus diesem Buch, in dem auch noch viele weitere praktische Hilfestellungen zu finden sind:
Stefanie Rietzler, Fabian Grolimund: Erfolgreich lernen mit ADHS und ADS. Der praktische Ratgeber für Eltern. Hogrefe Verlag 2023, 304 Seiten, ca. 35 Fr.