«Ich hasse Hausaufgaben!»
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«Ich hasse Hausaufgaben!»

Lesedauer: 3 Minuten

Der elfjährige Mika nervt sich total, dass er jeden Tag nach der Schule noch so lange an den Hausaufgaben sitzen muss. Dies führt regelmässig zu Streit mit seiner Mutter. Unsere Expertin Sarah Zanoni hat ein paar Tipps für ihn.

Text: Sarah Zanoni
Bild: Adobe Stock

«Frag doch mal Sarah»

Ich hasse Hausaufgaben! Jeden Tag muss ich nach der Schule, die schon viel zu lange dauert für meinen Geschmack, noch mindestens eine Stunde Hausaufgaben machen. Manchmal dauert es sogar zwei Stunden. Und dann kommt noch meine Mutter, die mich total nervt damit. Andauernd sagt sie mir: «Du musst jetzt sofort deine Hausaufgaben machen!» Das macht mich dann so wütend, dass wir jedes Mal Streit haben. Gibt es denn keine Möglichkeit, Hausaufgaben abzuschaffen? Sie verderben mir meine gesamte Freizeit!
Mika, 11

Lieber Mika
Du sprichst hier ein grosses Thema an. Ein grosses Thema, weil sehr viele Schüler und Schülerinnen ein Problem mit den Hausaufgaben haben. Jedenfalls höre ich das von den meisten Kindern, mit denen ich zusammenarbeite. Eine Schule ohne Hausaufgaben könnte auch ich mir gut vorstellen.  

Nun ist es aber so, dass bei uns in der Schweiz fast an allen Schulen Hausaufgaben gegeben werden. Es geht darum, dass du als Schüler die Themen, die du am Tag in der Schule durchgenommen hast, danach nochmals für dich selbst – also zuhause – wiederholst, trainierst und übst. Damit festigt sich der Schulstoff in deinem Gehirn und du musst dann nicht mehr alles von vorne lernen, wenn ein Test angesagt ist. Ausserdem sieht deine Lehrperson, wo noch Lücken bestehen oder was nicht gut verstanden wurde. 

Die Menge der Hausaufgaben variiert von Lehrperson zu Lehrperson. Trotzdem gibt es eine Art Richtlinie, die besagt, dass man pro Schuljahr etwa 10 Minuten Hausaufgaben machen soll. Also eine Erstklässlerin muss 10 Minuten, ein Drittklässler 30 Minuten und ein Fünftklässler 50 Minuten arbeiten pro Schultag. Falls du regelmässig deutlich länger dran sitzt, solltest du mit deinen Eltern und der Lehrperson darüber reden, um herauszufinden, woran es liegt. 

Hausaufgaben ohne Stress

Viele Lehrpersonen verwenden heutzutage Wochenpläne. Da bekommt jeder Schüler und jede Schülerin Anfang der Woche ein Blatt Papier, auf welchem die Hausaufgaben der ganzen Woche drauf stehen. Du kannst dann selbst wählen, an welchem Wochentag du welche Aufgaben erledigst. Ich finde toll daran, dass du selber entscheiden kannst, worauf du Lust hast. Das Anspruchsvolle daran ist aber, dass du die Verantwortung hast, den Plan bis Ende der Woche wirklich fertig zu haben. Viele Kinder brauchen für diese Planung einen Elternteil, der ihnen beim Einteilen hilft. Denn man sollte da auch dran denken, ob du noch ein Sporttraining oder etwas Ähnliches hast, wo du dann nicht viel für die Schule machen kannst.  

Vielen Kindern fällt es leichter, wenn sie zuerst das Einfachste machen.

Mir persönlich ist es ein grosses Anliegen, dass Schüler und Schülerinnen keinen Stress mit Hausaufgaben haben. Denn sonst würde sich im Gehirn ‹Hausaufgaben› mit ‹Stress und Ärger› vernetzen – und so würdest du wohl immer mehr Frust statt Selbstvertrauen empfinden. 

Deshalb rate ich dir, folgende Möglichkeiten auszuprobieren: 

1. Hausaufgabenhilfe 

An deiner Schule oder an deinem Wohnort gibt es bestimmt eine Hausaufgabenhilfe. Dort ist jeweils eine nette Person, die mehreren Schülern beim Erledigen der Hausaufgaben hilft. Man kann ein- oder mehrmals pro Woche hingehen. Dann bist du in einer Stunde oder früher fertig und kannst nach Hause gehen, ohne noch irgendetwas für die Schule tun zu müssen. Sicher hättest du auch keinen Streit mehr mit deiner Mutter. 

2. Reihenfolge 

Überlege dir, welche Hausaufgaben du zuerst, als Zweites und als Drittes erledigen möchtest. Vielen Kindern fällt es leicht, wenn sie zuerst das Einfachste machen (um überhaupt anfangen zu können), dann das Schwierigste (weil sie noch genügend Energie haben) und zum Schluss das Mittlere. 

3. Timer 

Stelle einen Timer für einige Minuten. Und zwar gerade so lange, wie du dich zum Arbeiten überwinden kannst: Zwischen 5 und 20 Minuten, aber nicht länger. Denn Kinder in deinem Alter können sich nicht länger als 20 Minuten konzentrieren. Danach mach bitte eine kurze Pause. Und nun stellst du den Timer erneut –wiederhole dies, bis deine Hausaufgaben erledigt sind. 

Dein Gehirn braucht Nahrung, um gut arbeiten zu können.

4. Spiel  

Frag deine Mutter, ob sie dich unterstützen möchte, damit du die Hausaufgaben künftig lieber machst. Falls sie zustimmt, bitte sie, dass sie in deinen Pausen (siehe Punkt 3. Timer) mit dir ein Spiel spielt. Eine Partie ‹Vier gewinnt› oder ‹Uno› wäre perfekt. Das macht nicht nur Spass, sondern trainiert zugleich deine Aufmerksamkeit und Konzentration. 

5. Brainfood 

Dein Gehirn braucht Nahrung, um gut arbeiten zu können. Nahrungsmittel, die besonders gut für die geistige Tätigkeit wirken, nennt man Brainfood. Am wichtigsten ist Wasser trinken. Und zum Knabbern eignen sich Nüsse, Früchte, Gemüse – deshalb heisst der Mix von Rosinen und Nüssen auch ‹Studentenfutter›.  

Ich hoffe, du hast nun ein paar Inputs bekommen, um ab heute Hausaufgaben anders zu erleben. Damit sich auch bei dir die ‹Hausaufgaben› im Gehirn mit ‹Erfolgserlebnissen› vernetzen. Viel Glück!

Frag doch mal Sarah

In unserer Rubrik «Frag doch mal Sarah» beantwortet Jugendcoach Sarah Zanoni Fragen von Kindern und Jugendlichen.

Hast du auch eine Frage, die du ihr gerne stellen würdest? Dann sende eine E-Mail an online@fritzundfraenzi.ch oder kontaktiere uns auf unseren Social-Media-Kanälen.

Jugencoach Sarah Zanoni

Sarah Zanoni
arbeitet seit rund 20 Jahren als Jugendcoach mit Kindern und Jugendlichen aller Altersstufen. Sie hält Vorträge und Seminare rund ums Thema Kind und Jugend und hat Bücher dazu publiziert. Sie ist Mutter von zwei erwachsenen Töchtern und lebt im Kanton Aargau. Ihre Hobbys sind ihre Hunde, Krimis, Reisen und Schreiben.

Alle Texte von Sarah Zanoni

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