«Medien sind für mich...» - Das Schweizer ElternMagazin Fritz+Fränzi
Merken
Drucken

«Medien sind für mich…»

Lesedauer: 4 Minuten

Ist die Mediennutzung der Kinder und Jugendlichen wirklich so masslos und unbedacht, wie es oft von Erwachsenen angenommen wird? Wir haben nachgefragt, wie sie selbst ihre Mediennutzung sehen. 

Ladina, 17, aus Niederwil

«Mein Handy ist mir sehr wichtig. Schwer einzuschätzen, wie lange ich jeden Tag daran bin – aber insgesamt schon so drei bis vier Stunden. Ich kann auch ohne – das beweise ich ja auch jeden Tag bei der Arbeit oder wenn ich mich mit Kolleginnen treffe. Aber wenn ich alleine bin und mich langweile, habe ich eben das Handy in der Hand. Dann spiele ich Poker, Billard oder das Strategiespiel Boombeach, oder ich höre Musik. Ausserdem schaue ich abends zur Entspannung meine Lieblingsserie ??‹Berlin Tag & Nacht›. Die kommt zwar auch im Fernsehen, aber unser TV ist nicht angeschlossen. Wir benutzen ihn nur, um DVDs zu schauen. Das kommt daher, dass meine Eltern ohne Fernseher aufgewachsen sind.
Meine Eltern haben eine Weile lang versucht, Handyregeln durchzusetzen – etwa dass ich nachts das Handy nicht mit ins Bett nehme oder nicht so lange online bin. Aber diese Regeln sind immer wieder in Vergessenheit geraten. Nur beim gemeinsamen Essen lasse ich mein Handy im Zimmer – das ist selbstverständlich. Sonst merke ich es ja selbst, wenn ich mal übertreibe. Zum Beispiel als ich eine Weile lang Hayday gespielt habe. Das hatte einen hohen Suchtfaktor. Eine Kollegin und ich haben dann beschlossen, dass wir es wieder löschen – weil wir zu nichts anderem mehr gekommen sind.
Ladinas Familie nutzt keinen Fernseher. Doch die 17-Jährige findet Wege, ihre Lieblingsserie zu sehen.
Ladinas Familie nutzt keinen Fernseher. Doch die 17-Jährige findet Wege, ihre Lieblingsserie zu sehen.
Mein Vater hat noch so ein altes Tastentelefon, aber meine Mama seit Kurzem ein Smartphone. Seither versteht sie mich besser, weil man so viel mit diesem Gerät machen kann. Ich brauche es auch oft als Fotoapparat. Hin und wieder entsteht dabei ein Selfie, das auch mein neues Profilbild bei Facebook wird. Mehr soziale Netzwerke nutze ich aber nicht.
Instagram finde ich seltsam – da sehen ja alle Leute gleich aus wegen der Fotofilter. Ich glaube, das ist so ein Ding für alle, die mehr Selbstbewusstsein brauchen. Meine besten Fotos, von den Ferien oder von Konzerten, lasse ich entwickeln und klebe sie in ein Album. Auf dem Computer hat man viel zu viele Fotos. Aber ich glaube, Alben aus Papier schaut man immer wieder an.»

Mika, 8, aus Zürich

«Wenn mich etwas wirklich interessiert, vergesse ich alles andere drum herum. Das geht mir manchmal mit Filmen so. Oder wenn ich meine Mäuse füttere oder Fussball spiele. Da kann man mich ansprechen, und ich merke es nicht. Aber auch mit Büchern – ‹Gregs Tagebuch› mag ich sehr gern. Das ist manchmal so langweilig, dass es schon wieder lustig ist.
Da ich einen etwas komplizierten Schulweg habe, sollen wir ein Handy haben. Damit uns die Lehrerin im Notfall erreichen kann. Da ging bei uns zu Hause die Diskussion los, ob ich Grossmutters altes iPhone haben kann. Ich wollte unbedingt, weil ich auch SMS schreiben will, und ich kann die alte Handy-Tastatur gar nicht benutzen. Ich bin nur Touchscreens gewohnt. Meine Eltern waren dagegen, wollten zumindest bis zur Oberstufe warten. Naja, jetzt habe ich das iPhone zwar, aber ich darf nicht viel damit machen: Internet nur mit WLAN, keine Apps, keine Games. Ich würde so gerne FIFA 15 spielen und WhatsApp nutzen, aber ich diskutiere auch nicht gerne. Also ist das jetzt halt so.
Seine Mäuse, Bücher, Filme, Fussball und das iPhone. Es gibt vieles, was Mika wichtig ist.
Seine Mäuse, Bücher, Filme, Fussball und das iPhone. Es gibt vieles, was Mika wichtig ist.
Und aus dem Internet brauch ich ja nicht viel. Mein Bruder und ich drucken nur hin und wieder Bilder von Fussballern aus und hängen sie an die Wand. Da hilft uns meine Mama auch, sie auf das richtige Format zu bringen, denn sie ist Grafikerin. Sonst gibt es bei uns zu Hause kaum Regeln. Manchmal gucken wir alle zusammen einen Film und gamen nebenher am Handy oder auf dem Tablet. Neulich habe ich eine SMS getippt und dabei meiner Mama den Unterschied zwischen F und V erklärt, wie wir ihn in der Schule gelernt haben: Mit F fängt man keine Äpfel, mit V viele. Mit dem Handy macht Schreiben eben mehr Spass.
Aber es geht auch ganz ohne. Wir waren eine Woche ohne elektrische Geräte im Schullager, und ich habe die Bildschirme bei uns zu Hause überhaupt nicht vermisst. Wenn genug andere Kinder da sind, ist das kein Problem.»

Julia, 12, aus Zürich

«Also, was ich wirklich täglich mache, ist Musik hören. Das ist mir ganz wichtig. Ich komme aus der Schule heim, wo wir ja unser Smartphone nicht benutzen dürfen, und schliesse das iPhone an die Boxen in meinem Zimmer an. Mit der App Playtube kann man Lieder einmal online anhören, und dann sind sie auf dem Handy drauf, so dass man sie immer wieder auch ohne WLAN hören kann. Wie das mit den Musikrechten funktioniert, weiss ich nicht.
Ausserdem schau ich gerne Youtube-Videos von Komikern. Zum Beispiel ‹Bibis Beauty Palace› aus Deutschland. Bibi redet jede Woche mit uns, als wären wir ihre Freundinnen – das finde ich cool, habe aber noch nie das Bedürfnis gehabt, in der Kommentarfunktion zu antworten oder so. Ich schreibe lieber mit meinen Kollegen – ich denke vielleicht so 30 WhatsApp-Nachrichten am Tag. Das ist aber nicht viel. Ich habe ja allein schon zwei Klassenchats, auf die ich antworten muss. Ich bin kein Suchti oder so. Da gibt es ganz andere. Eine Kollegin von mir hat, als sie neu war bei WhatsApp, so mehrere Hundert Nachrichten geschrieben pro Tag – ich musste ihr sagen, dass das so nicht geht, dass das nervt.
Musikhören bedeutet Julia viel – und natürlich macht sie das mit dem Smartphone.
Musikhören bedeutet Julia viel – und natürlich macht sie das mit dem Smartphone.
Was wirf so schreiben, würden Erwachsene übrigens nicht verstehen: ‹WM?› heisst zum Beispiel ‹Was machst?›. Die Antwort ist dann: ‹C. WMD?›, also ‹Chatten. Was machst du?›.
Bis vor Kurzem hatte ich noch einen Altersfilter auf dem Handy – aber das war doof, weil ich dann keine Videos schauen konnte. Jetzt haben ihn meine Eltern entfernt.

Ich habe anfangs viel mit meinen Eltern darüber geredet, was ich so mache, welche Bilder man von sich posten sollte und so. Jetzt aber kaum noch, jetzt weiss ich das ja. Beim Essen darf bei uns niemand ein Handy benutzen – auch Papa nicht. Und abends um 21 Uhr geben wir das Handy ab. Das finde ich eigentlich gut. So komme ich noch zum Lesen. Gerade lese ich einen Krimi – und der ist so spannend, dass ich auch noch den zweiten Teil lesen will.»


Weiterlesen: