Kinderfotos im Netz – wie man sie sicherer teilt - Das Schweizer ElternMagazin Fritz+Fränzi
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Kinderfotos im Netz – wie man sie sicherer teilt

Lesedauer: 5 Minuten

Es gibt den Ausdruck «digitaler Fussabdruck». Er bezeichnet die Fotos und Infos, die wir im Netz hinterlassen. Eine amerikanische Studie fand heraus, dass 74 Prozent der Eltern, die täglich mindestens einmal online sind, auch soziale Netzwerke nutzen. Und dort teilen sie Fotos ihrer Kinder. So haben auch schon Kleinkinder einen digitalen Fussabdruck. Manche entwickeln aus der Freude, den süssen Nachwuchs der weiten Welt zugänglich zu machen, eine regelrechte Manie. Die «New York Times» nennt es «Oversharenting», zu Deutsch: elterliche Teilwut. Die kann mitunter ganz schön weit gehen, wie der Blick auf den Eltern- Blog «STFU Parents» zeigt: Dort hält eine frischgebackene Mutter ihre Plazenta in die Kamera. Eine andere stellt ein Foto ins Netz, das den Boden zeigt, auf welchem sich ihr jüngstes Kind gerade erleichtert hat. Extrembeispiele, gewiss, doch gerade die netzaffinen Eltern der Generation 30+, die mit Twitter und Co. aufgewachsen sind, vergessen sich leicht, wenn es um die eigene Begeisterung über den Nachwuchs geht.

Kinderfotos im Netz? Ein Interview auf der Medien-Aufklärungsseite „Schau hin“.

Teilen ist nicht immer gut

«Das Teilen von Kinderfotos ist ein Bedürfnis von Betreuungspersonen, gerade weil die Kinderbetreuung oft durch mehrere Personen durchgeführt wird und auch die Grosseltern oft stark involviert sind», erklärt der Social-Media-Experte und Lehrer Philipp Wampfler. Doch nicht immer sind wir uns der Gefahr bewusst, die entsteht, wenn man Bilder der eigenen Kinder ins Netz stellt. Diese locken Menschen an, die neugierig und leicht zu irritieren sind. Oder unsere Bilder blöd und peinlich finden. Diese Fotos können später gegen uns verwendet werden – und zwar von jedem, der irgendwie in das Netzwerk fällt. Sicher, wir haben uns ja selbst für diese Netzwerke angemeldet – aber haben das auch unsere Kinder? Dieser Meinung war auch die Polizei Nordrhein-Westfalen Hagen und postete vor ein paar Monaten auf Facebook folgenden Eintrag: «Hören Sie bitte auf, Fotos Ihrer Kinder für jedermann sichtbar bei Facebook und Co. zu posten. Danke. » Innert sechs Tagen erreichte der Post der Polizeistelle 16 Millionen Leute. Weiter hiess es: Pädophil Veranlagte könnten sich solcher Fotos bedienen und sie an anderer Stelle veröffentlichen. Diese Vorstellung brachte die Netzgemeinde zum Durchdrehen. In 5000 Kommentaren tauschten sich die Nutzer aus.

Kinder haben eine Privatsphäre

Der wichtigste Punkt ist die Privatsphäre des Kindes. «Eltern können nicht wissen, welche Interessen ein Kind haben wird und welche Bilder es von sich publizieren will. Es gibt nichts, was hier zu einer Güterabwägung führen könnte: Das Interesse der Eltern, Bilder ihrer Kinder zu publizieren, ist sicher weniger stark als das Recht der Kinder», so Philipp Wampfler. Laut Uno-Kinderrechtskonvention übernehmen «Eltern bei kleineren Kindern die Verantwortung und müssen im Sinne des Kindeswohls entscheiden». Darum ist es wichtig, dass sich Eltern fragen, warum sie ein Bild des Kindes auf Facebook stellen. Geht es um Selbstdarstellung? Möchte man dem Kind etwas Gutes tun? Und wie mag es dem Kind ergehen, dessen Aufwachsen im Internet dokumentiert wird? «Fotos, die man macht, dürfen nur veröffentlicht werden, wenn die Fotografierten einverstanden sind», so Philipp Wampfler. Das gelte erst recht für minderjährige Kinder. «Für mich ist es wichtig, dass Familien die Kontrolle darüber behalten, wie die Bilder gespeichert werden und wer sie sehen kann.» Die Eltern verwalten den Anspruch des Kindes, dass sein Recht am Bild geschützt wird. «Sobald Kinder gross genug sind, sollte man sie auch miteinbeziehen, z. B. in die Auswahl der publizierten Bilder. Sinnvoll erscheint es mir auch, diese Alben immer wieder zu löschen oder zu archivieren.» Denn eines tut das Internet nie: vergessen. In den Sicherheitseinstellungen, die Eltern in ihren sozialen Netzwerken vornehmen, lauern die grössten Gefahren. Dazu gehören die Nennung von Namen und Orten sowie das Geotagging eines Bildes. Das Angebot an Fotosharing- Plattformen ist gross. Wir zeigen Ihnen, wo Sie Ihre Fotos am sichersten teilen können.

Bild: Fotalia

Amazon Cloud Drive

Hier handelt es sich mehr um eine virtuelle Festplatte denn eine reine Fotosharing- Plattform, mit Anwendungen für iPhone, Android-Geräte und Desktopprogramme für Mac- und Windows-User. Zugangs-voraussetzung ist ein Amazon-Konto. Im Speicher lassen sich Fotos, Dokumente und andere Formate laden und anschliessend per Link teilen.

Dropbox

Wer Bilder schnell und unkompliziert teilen möchte, dem sei zu Dropbox geraten. Der Dienst ermöglicht per einfachem Drag and Drop das Hochladen von Bildern in den eigenen Onlinespeicher. Teilen kann man die Fotos dann über einen Link.

Google Fotos

Google Fotos (früher: Picasa) ist eine Mischung aus Desktopsoftware und Online- Plattform. Nachdem man die Software heruntergeladen und sich bei Google registriert hat, kann man Bilder bearbeiten, Personen auf den Fotos verlinken und Hintergrundinfos, wie GPS-Daten, hinzufügen. Wer die Fotos mit Bekannten teilen möchte, kann die Fotos per Mausklick in virtuelle Webalben laden und diese per Link an Freunde verschicken.

Flickr

Die vermutlich bekannteste Plattform zum Teilen von Fotos ist vor allem wegen ihrer universellen Einsetzbarkeit  beliebt. Fotoamateure können ihre Bilder einfach über die Desktopsoftware Flickr-Upload in ihren Online- Speicher laden. Sind die Bilder im Netz angekommen, erstellt Flickr automatisch eine Chronologie der Fotos, zählt die Zugriffe und ermöglicht die Weitergabe in soziale Netzwerke wie Facebook.

Digitaler BilderrahmenDirekt aus dem Familienurlaub ins Wohnzimmer der Grosseltern: Die Wifi- Bilderrahmen haben eine personalisierte E-Mail-Adresse, an die die Fotos versendet werden. Mehr als einen WLAN-Anschluss brauchen die Empfänger nicht. Wichtiger Vorteil: Die Bilder kommen sicher nur im ausgewählten Zimmer an. Leider gibt es noch wenig Modelle (z. B. Kodak Pulse).
Digitaler Bilderrahmen

Direkt aus dem Familienurlaub ins Wohnzimmer der Grosseltern: Die Wifi- Bilderrahmen haben eine personalisierte E-Mail-Adresse, an die die Fotos versendet werden. Mehr als einen WLAN-Anschluss brauchen die Empfänger nicht. Wichtiger Vorteil: Die Bilder kommen sicher nur im ausgewählten Zimmer an. Leider gibt es noch wenig Modelle (z. B. Kodak Pulse).

PostHaven

Eine Blogging-Plattform, auf der man ein privates Fotoalbum erstellen kann. Jeder entscheidet genau, welchem Nutzer man Zugriff gewährt. Die Nutzung selbst ist kostenfrei. Jede registrierte Domain hat ein Daten-volumen von 1 GB (zirka 1000 Fotos) zur Verfügung. Weitere Möglichkeiten und vielen Eltern bekannt sind: geschlossene Gruppen bei Facebook, andere Apple-Tools und WhatsApp-Gruppen. Auf Instagram sind die Fotos per Voreinstellung öffentlich und durchsuchbar – das gilt leider auch für Profil- und Titelfotos bei Facebook.

Dawawas.de

Die europäische Version eines Cloud-Services für Fotos ist kostenlos und ermöglicht das Sammeln, Tauschen, Teilen und Kommentieren persönlicher Bilder – einfach, sicher, von überall und von allen Endgeräten möglich. Die Fotos aller Beteiligten können über die unterschiedlichen Apps oder den Laptop in die Cloud in gemeinsame Alben hochgeladen und direkt per Smart TV, am Rechner oder mit den Apps angeschaut werden. Pro Fotoalbum kann individuell entschieden werden, wem die Bilder zugänglich gemacht werden. Die Voreinstellung für jedes Erlebnis ist absolut privat – nur eingeladene Personen können die Bilder überhaupt sehen.


Tipps für Eltern

  • Machen Sie Ihr Profil nicht öffentlich
    Wenn Sie Ihr Facebook- oder Instagram-Profil als öffentlich eingerichtet haben, kann jeder die hochgeladenen Fotos sehen. Schränken Sie am besten auf einen ausgewählten Freundeskreis ein und deaktivieren Sie den Haken für die Freigabe in Suchmaschinen. Beim Fotografieren darauf achten, dass das Kind nicht direkt erkennbar ist. Wählen Sie einen Ausschnitt oder eine seitliche Perspektive. Beim Upload per Handy Orterkennung deaktivieren.
  • Teilen Sie nicht die Kinderfotos anderer
    Wenn Menschen Gruppenfotos machen und sie in sozialen Netzwerken teilen, kann das nervig sein. Denn Eltern haben das Recht zu wissen, wer Fotos ihrer Kinder sehen und kommentieren kann. Wenn Sie nicht möchten, dass solche Fotos im Netz auftauchen, ist das Ihr gutes Recht. 
  • Erstellen Sie kein Profil für Ihr Kind
    Es hat einen Grund, dass man ein bestimmtes Alter haben muss, um ein Profil bei Facebook zu haben: Kinder sollten selbst entscheiden können, ob sie ihre Daten den Werbetreibenden zur Verfügung stellen wollen.
  • Behalten Sie das Foto Ihres Kindes in der Badehose für sich
    Kinder in der Badewanne sind süss. Doch möchten Sie, dass alle Welt Sie so privat und in persönlicher Umgebung sehen kann? Nur weil die Kinder noch zu klein sind, selber zu entscheiden, ob sie sich aller Welt zeigen möchten, heisst das nicht, dass Sie das tun dürfen.
  • Kein Kinder-Shaming
    Als vor Jahren Dog Shaming aufkam, generierte es so viele Likes und Threads, dass ein Amerikaner auf die Idee kam, das auch mit seinem Kind zumachen. Das Video wurde ein Internet-Hit und oft kommentiert. Die Blossstellung des Kindes wurde mit Menschen geteilt, die es vielleicht nie treffen wird – was aber wird das Kind später einmal davon halten?
  • Mobbing vorbeugen
    Sie machen sich an eine Powerpoint-Präsentation, klappen Ihren Laptop auf, und als Bildschirmschoner oder -hintergrund erscheint ein Foto Ihrer Kinder, womöglich in einer privaten Umgebung. Das kann den Kindern peinlich sein – ausser bei einem eingeschränkten Publikum. Doch das ist im Internet kaum der Fall. 

Die rechtliche Situation

Rechtlich gesehen können Eltern minderjähriger Kinder frei entscheiden, ob sie Bilder ins Netz stellen. Die Kinder gelten als noch nicht einsichts- und geschäftsfähig, und das betrifft auch das Recht am eigenen Bild. Sobald das Kind die Risiken, die damit verbunden sind, selbst einschätzen kann, darf es aber mitentscheiden. Das ist im Alter von etwa 12 bis 14 Jahren der Fall. Dann können Kinder theoretisch auch von ihren Eltern verlangen, Bilder aus dem Netz zu nehmen.


Zur Autorin:

Claudia Landolt wurde von ihren älteren Jungs gebeten, Kinder- Postings gefälligst zu unterlassen, als sie ein Bild eines Lausshampoos postete. Seither übt sie sich halbwegs eisern in Selbstbeherrschung. 
Claudia Landolt wurde von ihren älteren Jungs gebeten, Kinder- Postings gefälligst zu unterlassen, als sie ein Bild eines Lausshampoos postete. Seither übt sie sich halbwegs eisern in Selbstbeherrschung. 


Einen Elternguide der Universität Basel als Entscheidungshilfe gibt es hier zum Download.


Online-Dossier Medienkonsum

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Dieser Artikel gehört zu unserem Online-Dossier zum Thema Medienkonsum. Erfahren mSie mehr darüber, worauf Eltern bei der Medienerziehung achten müssen und informieren Sie sich zu den aktuellsten Erkenntnissen.