Webfilter und Co: Ist Kontrolle besser als Vertrauen? - Das Schweizer ElternMagazin Fritz+Fränzi
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Webfilter und Co: Ist Kontrolle besser als Vertrauen?

Lesedauer: 3 Minuten

Was sieht mein Kind im Internet? Wie habe ich Kontrolle über mein Kind an der Spielkonsole? Es gibt zahlreiche technische Möglichkeiten, den Medienkonsum des Kindes im Blick zu behalten oder einzuschränken. Viele Eltern nutzen sie allerdings nicht.

«Vertrauen ist gut, Kontrolle ist besser?»

Das Lenin zugeschriebene Zitat dürfte vielen bekannt sein. Allerdings haben gerade Lenins Sowjetunion oder die DDR genau das Gegenteil bewiesen: Kontrolle untergräbt Handlungsfreiheit und Kreativität.

Vertrauen ist hingegen eine Voraussetzung für menschliche Beziehungen: Nachbarn, die sich gegenseitig helfen. Eltern, die ihrem Kind mehr geben als blosse ökonomische Sicherheit. Freunde, die in Notzeiten füreinander da sind. Vertrauen ist der Klebstoff  menschlicher Beziehungen, jenseits von Zwang und Regeln.

Sollten Eltern also ihren Kindern einfach voll vertrauen? 

Wenn ich einem Menschen vertraue, hat dieser mehr Freiheit. Allerdings weiss nicht jeder mit dieser Freiheit umzugehen. Insbesondere Kinder müssen diese Fähigkeit erst noch entwickeln. Ausserdem haben Eltern die Sorge- und Aufsichtspflicht für ihre Kinder. Das gilt auch für deren Umgang mit den neuen Medien, für Ihre ersten Erfahrungen mit Internet, Konsole und Handy. Doch ausgerechnet hier bewegen sich selbst medienerfahrene Eltern nicht immer sicher. Das digitale Angebot ist riesig, ständig gibt es neue Trends und Entwicklungen.

Kinder anfangs im Internet zu kontrollieren, kann auch helfen, auf Dauer Vertrauen aufzubauen! 

Ein Grund zur Resignation?

Ganz und gar nicht: Eltern sollten nicht vergessen, dass es zum Heranwachsen gehört, Fehler zu machen und daraus zu lernen. Wer im Hinblick auf neue Medien nur Verbote ausspricht, der handelt kontraproduktiv – in Bezug auf die kindliche Entwicklung und auf die Beziehung untereinander. Anfängliche Kontrolle ist besser als Verbote. Denn sie kann auch dabei helfen, nach und nach Vertrauen aufzubauen. Es gibt zahlreiche technische Mittel, mit Hilfe derer Eltern zum Beispiel Einfluss darauf nehmen können, was ihre Kinder im Internet sehen.

Doch oftmals machen sie keinen Gebrauch davon: «Es ist bekannt, dass Eltern relativ selten technische Möglichkeiten nutzen, um die Internetnutzung ihres Kindes zu reglementieren», sagt Martina Zemp, Psychologin mit Schwerpunkt Kinder- und Jugendpsychologie. 

Und sie fügt an: «Auf der Grundlage des aktuellen Forschungsstands muss es insgesamt als problematisch angesehen werden, wenn Kinder in der Sozialisierung mit neuen Medien allein gelassen werden.» Denn damit steigt die Gefahr, dass sie zu viel oder auf gefährlichen Webseiten surfen.

Wie können Eltern die Mediennutzung ihrer Kinder kontrollieren oder einschränken?

  • Internet nachts abschalten: Viele WLAN-Router (Netzwerkgerät des Telefon-/Internetanbieters) kann man mit einer Zeitschaltung versehen. Auf diese Weise lässt sich das WLAN zu bestimmten Zeiten, etwa nachts, automatisch abschalten, sodass niemand heimlich zu später Stunde im Netz surfen kann.
  • Webfilter: Im Internet gibt es viele spannende  Themen, aber auch bedenkliche, zum Beispiel gewaltverherrlichende oder pornografische Inhalte. Damit Kinder sicher durch das Netz surfen, sind Webfilter empfehlenswert. Diese arbeiten mit White- und Blacklists. Whitelists eignen sich für jüngere Kinder. Dabei ist nur der Aufruf von Webseiten erlaubt, die vorher auf einer Liste gespeichert wurden. Blacklists hingegen sind für ältere Kinder gut. Hier sind alle Seiten erreichbar ausser denen auf der schwarzen Liste. 
  • Passwörter: Einkäufe von digitalen Inhalten sollten immer mit einem Passwort gesichert sein, das nur die Eltern kennen. So behalten sie den Überblick darüber, was ihre Kinder auf der Konsole oder dem Handy spielen, und es werden keine versehentlichen Einkäufe innerhalb eines Spiels getätigt.
  • Jugendschutzeinstellungen bei Spielkonsolen: Alle modernen Spielkonsolen verfügen über Jugendschutzeinstellungen. Diese sind je nach Konsole in einem Untermenü der «Einstellungen» zu  finden. Dort kann etwa die Spielzeit festgelegt werden. Eine weitere Möglichkeit: Eltern können anhand der Altersfreigaben (USK/PEGI) den Zugang zu Spielen festlegen. So lässt sich beispielsweise einstellen, dass nur Spiele mit USK 12 oder niedriger auf der Konsole spielbar sind. Am PC laufen viele Spiele über die Vertriebsplattform Steam. Auch dort sind Jugendschutzeinstellungen vorhanden.
  • Google Alert: Was veröffentlicht mein Kind im Internet? Was veröffentlichen andere dort über mein Kind? Dank Google-Alert (einfach im Web-Browser eingeben) kann man eine Suchanfrage zu einem bestimmten  Thema starten. «Vorname Nachname» des Kindes eingeben, Suchabfrage starten und sich benachrichtigen lassen, wenn es neue Inhalte hierzu gibt.

Je mehr Kinder Medienregeln mitgestalten können, umso besser funktionieren diese.

  • Familonet: Mit Hilfe der App Familonet können Familien ihre Standorte untereinander kommunizieren. So bekommen Eltern etwa eine Nachricht, wenn das Kind die Schule verlässt und wenn es zu Hause angekommen ist. Eine Echtzeit-Ortung gibt es aus datenschutzrechtlichen Gründen nicht. Dafür können Kinder durch den integrierten Alarm-Ruf jederzeit ihren Standort mitteilen. Ein weiteres Feature: Verlorene oder gestohlene Handys lassen sich mit Familonet orten. Die App existiert für iOS- und Android- Telefone und -Tablets.
  • Fröschli-Telefon: Das «Fröschli» ist ein kleines, robustes und mit vier Nummern vorprogrammiertes Telefon für jüngere Kinder. Die Nummern sind frei programmierbar (zum Beispiel Mutter, Vater, Grosseltern, Nachbarn). So kann das Kind mit einem einzigen Tastendruck einen Anruf tätigen. Zudem gibt es eine SOS-Taste, die mit einer Notruf-Nummer programmiert werden kann. Eine weitere Funktion ist das sogenannte Geofencing: Verlässt das Kind einen zuvor festgelegten geografischen Bereich, gibt es einen Alarm per Mail oder SMS.
  • Eingeschränkter Modus bei Youtube: Youtube erfreut sich bei Kindern und Jugendlichen grösster Beliebtheit. Fast zwangsläufig kommen sie hier mit bedenklichen Inhalten in Berührung. Hier hilft  der «eingeschränkte Modus», der sich am Ende der Youtube-Seite (ganz nach unten scrollen) einstellen lässt und einen Zugriff  auf potenziell nicht jugendfreie Inhalte verhindert. Zuvor muss man ein kostenloses Konto bei Youtube einrichten. Nicht vergessen: nach der Aktivierung des Filters ausloggen, damit die Einstellungen nicht einfach geändert werden können.

Zum Autor:


Stephan Petersen ist studierter Historiker und freier Journalist. Zu seinen Themen gehören unter anderem Videospiele und Familie. Er ist Vater zweier Kinder im Alter von sieben und elf Jahren.
Stephan Petersen ist studierter Historiker und freier Journalist. Zu seinen Themen gehören unter anderem Videospiele und Familie. Er ist Vater zweier Kinder im Alter von sieben und elf Jahren.


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Dieser Artikel gehört zu unserem Online-Dossier zum Thema Medienkonsum. Erfahren Sie mehr darüber, worauf Eltern achten müssen und informieren Sie sich zu den aktuellsten Erkenntnissen.