22 Fragen und Antworten zur Medienerziehung - Das Schweizer ElternMagazin Fritz+Fränzi
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22 Fragen und Antworten zur Medienerziehung

Lesedauer: 11 Minuten

Die 22 wichtigsten Fragen und Antworten zur Medienerziehung.

Text: Bianca Fritz
Bilder: Stephan Rappo & Pexels

1. Ab wann darf mein Kind ein Smartphone haben?

Höchstwahrscheinlich wird Ihnen Ihr Kind schon in der Primarschule erzählen, dass es dringend ein Smartphone braucht. Die meisten Medienpädagogen raten dazu, dass das eigene Smartphone erst mit dem Übergang in die höhere Schule in den Besitz von Kindern gehört. Einfach weil ein Smartphone kein Handy ist, sondern ein Computer mit Internetzugang. Und weil sich mit dem Smartphone die Mediennutzung der Kinder der elterlichen Kontrolle entzieht. Es braucht also medienkompetente Kinder und Eltern, die Vertrauen in die Mediennutzung ihrer Kinder haben. Daher rät selbst Tony Amberscombe, Sicherheitsexperte bei der Antivirensoftware-Firma AVG und damit ja prinzipiell interessiert an möglichst vielen Smartphone-Nutzern: «Halten Sie so lange wie möglich durch.» Er selbst hat seinen Sohn hingehalten, bis dieser 13 wurde.

2. Soll ich die Smartphone-Nutzung meines Kindes beschränken?

In jedem Fall sollten Sie vor der Anschaffung eines Smartphones für das Kind alle damit verbundenen Regeln aushandeln und festlegen. Schreiben Sie einen Vertrag über Ihre individuellen Nutzungsregeln – und zwar einen, der gemeinsam verhandelt wurde und auch Regeln für die Eltern enthält. So kann Ihr Kind diesen leichter akzeptieren. Ein Muster dafür finden Sie hier. Im Vertrag können Sie beispielsweise festlegen, dass das Handy nachts nicht mit ins Kinderzimmer darf oder dass das Kind einen Teil seines Sackgelds in die Rechnung stecken soll.

Wissen Sie was Ihr Kind so alles treibt? Ein eindrucksvolles Video von Klicksafe.

3. Ist Medienentzug eine gerechte Strafe?

Hier scheiden sich die Geister. Uneinig sind sich Pädagogen darüber, ob das Gerät durch einen möglichen Entzug noch spannender und wichtiger wird. Klar ist: Wenn Geräteentzug, muss für Ihr Kind ersichtlich sein, warum. Vergehen und Strafe müssen ganz klar miteinander verbunden sein. Also nicht: «Wenn du nicht aufisst, musst du eine Woche auf dein Handy verzichten.» Sondern: «Du hast wieder dein Handy mit an den Esstisch gebracht und damit gegen unsere ausgemachte Regel verstossen – jetzt nehme ich es dir bis heute Abend weg.» Auch hier hilft es natürlich enorm, wenn die Regeln gemeinsam vereinbart wurden und die Kinder auch den möglichen Konsequenzen zugestimmt haben.

4. Welchen Sinn haben Internetfilter für den PC oder das Handy?

Filter können eine wichtige Ergänzung sein. Sie verhindern bis zu einem gewissen Grad, dass Ihr Kind versehentlich auf pornografische oder gewaltverherrlichende Inhalte stösst. Filter können nicht verhindern, dass Ihr Kind diese Dinge bewusst sucht und dafür öffentliche WLAN-Verbindungen und andere Geräte nutzt. Ausserdem lassen sich alle Filter auch ausschalten – die Anleitungen dafür finden sich auf Youtube. Daher ersetzen Filter in keiner Weise Gespräche und das Vertrauen zwischen Eltern und Kindern. Sagen Sie Ihrem Kind, warum Sie einen Filter installieren. Und bitten Sie es, zu Ihnen zu kommen, wenn es auf etwas stösst, was ihm seltsam vorkommt.

5. Darf ich mit meinem Kind auf Facebook befreundet sein?

Sicher. Aber rechnen Sie damit, dass Ihr Kind Sie auf eine Personenliste steckt, wo Sie die Dinge, die Sie wirklich interessieren, nicht sehen können. Vielleicht gehört Ihr Kind auch schon zu denen, die Facebook kaum noch nutzen – eben weil sich dort so viele Eltern und Lehrer tummeln. «Facebook ist wie ein Briefkasten – man braucht es halt, aber es ist nicht mehr cool», sagt Social-Media-Experte Philippe Wampfler. Gegenfrage: Warum wollen Sie denn mit Ihrem Kind auf Facebook befreundet sein? Wenn Sie wissen wollen, was in seinem Leben los ist: Fragen Sie doch einfach!

Zugegeben: Es ist verlockend, immer zu wissen, wo das Kind ist, sein Handy sperren zu lassen, wenn es beim Anruf der Eltern nicht zurückruft, oder nachzusehen, was es im Internet gesucht hat. Und für fast alles gibt es heutzutage eine Überwachungsapp. Sollten Sie diese Programme benutzen wollen, ist es für das gegenseitige Vertrauen wichtig, dass Sie Ihr Kind darüber informieren und ihm sagen, warum Sie diese App verwenden möchten. Man kann auch ausmachen, Kontrollen zeitweise einzusetzen – und wieder zu deinstallieren, wenn das Kind alle ausgemachten Medienregeln befolgt.

7. Ist Youtube eine gute Lernhilfe?

Pro Minute werden weltweit 300 Stunden Videomaterial auf Youtube gestellt. Viele dieser Videos dienen der Unterhaltung, manche sind ganz schön brutal. Trotzdem ist Youtube inzwischen auch ein Portal, auf dem sich wirklich alles lernen lässt. Von der Kurvendiskussion bis zum Windelwechseln gibt es Anleitungen in Wort und Bild. Kein Wunder, dass Youtube heute von Jugendlichen als Suchmaschine benutzt wird – und zwar häufiger als Google. Der Vorteil: Man kann die Erklärungen immer wieder schauen, stoppen, zurückspulen. Freilich ersetzt Youtube die Lehrpersonen nicht, weil in den Kommentarfunktionen unter den Videos nur selten ein hilfreicher Dialog stattfindet und weil die Leistungskontrolle beim Kind selbst liegt. Dennoch: Wenn nicht zu viele Katzenvideos dazwischenkommen, ist Youtube durchaus eine gute Ergänzung zum Unterricht.

Wenn Sie wissen wollen, was Ihr Kind treibt, fragen Sie. Ihr Kind – nicht Facebook!

8. Heisst medienkompetent sein, dass ich jetzt über jeden Trend auf dem Laufenden sein muss?

Nein. Dafür haben Sie ja Ihr Kind. Es ist der Experte und erklärt wirklich gerne seine neue Lieblingsapp, das rasante Videogame und den neuen Youtube-Star, wenn Sie mit aufrichtigem Interesse zuhören und versuchen, seine Faszination nachzufühlen. Wenn Sie so zum Ansprechpartner für Ihr Kind werden, wird es sich auch gerne etwas über mögliche Risiken sagen lassen. Denn diese sollten Sie als Eltern natürlich schon kennen.

9. Wie können wir als Eltern bei der Mediennutzung Vorbild sein?

Jetzt wird es hart: Fragen Sie sich, wie viel Zeit Sie selbst in Ihrer Freizeit ohne Medien verbringen. Wie entspannen Sie? Wie oft sind Sie nicht erreichbar? Seien Sie sich bewusst, dass Ihr Kind Sie bei Ihrer Mediennutzung genau beobachtet. Es ist sehr wahrscheinlich, dass Ihr Kind Ihre Vorlieben und Ihr Verhalten kopieren wird. Bieten Sie deshalb viele Alternativen zum Medienkonsum: gemeinsame Spiele, kreatives Gestalten, draussen sein, Freunde treffen – und leben Sie das auch vor. Ihr Kind muss wissen, dass es auch medienfreie Möglichkeiten gibt, die freie Zeit zu verbringen. Auf lange Sicht wird sich das auszahlen. Es schützt Sie aber nicht vor Phasen, in denen Ihrem Kind ein Game oder der Whats-App-Chat wichtiger sind als alles andere.

10. Wie viel Zeit darf mein Kind vor Bildschirmen verbringen?

Generell gilt: Die Mischung macht es. Solange Ihr Kind auch noch viel Zeit mit anderen Aktivitäten verbringt, Freunde trifft, Sport treibt, Hausaufgaben erledigt, schadet die Computerspielsession am Nachmittag vermutlich nicht. Die Medienpsychologen der Zürcher Hochschule für Angewandte Wissenschaften (ZHAW) haben klare Richtwerte entwickelt. Kein Bildschirmkonsum unter 3 Jahren, bis zu 5 Jahren maximal 30 Minuten pro Tag und mit Erwachsenen, bis 9 Jahre nicht mehr als 5 Stunden in der Woche und für die 10- bis 12-Jährigen maximal 10 Stunden pro Woche. Bedenklich wird der Konsum bei Jugendlichen ab 20 Stunden pro Woche.

11. Ab wann darf mein Kind einen eigenen PC haben?

Das kommt darauf an, was auf dem PC installiert ist. Denn im PC stecken – ähnlich wie im Smartphone – potenziell gleich viele Medien auf einmal. Auch hier hilft eine Faustregel der ZHAW und des nationalen Programms «Jugend und Medien»: kein TV unter 3 Jahren, keine eigene Spielkonsole unter 6, kein Internet unter 9, keine sozialen Netzwerke und kein unbegleitetes Surfen unter 12 Jahren. Kurz «3-6-9-12». Seien Sie sich auch bewusst, dass es immer einen Kontrollverlust bedeutet, wenn ein Gerät im Kinderzimmer steht.

12. Machen Medien mein Kind aggressiv?

Tatsächlich besteht ein kleiner Zusammenhang zwischen dem Konsum von Gewalt in den Medien und dem Risiko, dass Jugendliche straffällig werden. Eine Studie von Forschern der Universität Texas listete «aggressive Medieninhalte» auf Platz fünf bei den frühen Risikofaktoren für Straffälligkeit im Jugendalter. Auf Platz eins steht eine Bandenmitgliedschaft, also der Umgang mit falschen Freunden, auf Platz zwei: eine schlechte Eltern-Kind-Beziehung. Auch ein Junge zu sein und selbst Gewalt erfahren zu haben, ist «riskanter», als Actionfilme zu sehen und Ego-Shooter zu spielen. Allerdings stehen die Medieninhalte noch vor einem tiefen IQ oder Armut. Ein möglicher Grund für den Einfluss auf Jugendliche: Gewalt wird in den Medien selten in ihren Kontext gestellt. Eine Untersuchung der Medieninhalte im US-TV zeigte: 70 Prozent der Taten bleiben ungesühnt, und in 50 Prozent der Fälle sieht man das Leid des Opfers nicht. Ausserdem ist der Täter in 40 Prozent der Fälle der Held, und genauso oft wird Komik mit Gewalt verbunden. Das einzuordnen, fällt besonders jüngeren Kindern schwer. Wenn Ihr Kind also unbedingt diesen blutigen Actionfilm sehen oder virtuell Zombies abschiessen möchte: Lassen Sie es damit nicht alleine. Schauen Sie zu, spielen Sie mit und versuchen Sie im Gespräch herauszuspüren, wie Ihr Kind die blutigen Szenen verarbeitet.

13. Was mache ich, wenn ich sehe, dass mein Kind jede Menge private Bilder postet?

Ist Ihr Kind schon 12 Jahre alt? Gut, denn vorher sollte es nämlich überhaupt nichts in sozialen Netzwerken posten – spezielle Kindernetzwerke einmal ausgenommen. Die meisten sozialen Netzwerke haben sogar eine noch höhere Altersgrenze. Denn die Risiken der sozialen Netzwerke richtig einschätzen zu können, erfordert ein hohes Mass an Medienkompetenz. Ist Ihr Kind im richtigen Alter, sollten Sie ihm das Posten von Bildern und Nachrichten aber nicht verbieten. Es ist Teil der Jugendkultur und Ausdrucksweise von Jugendlichen. Schärfen Sie stattdessen sein Bewusstsein dafür, dass auch die strengsten Privatsphäre-Einstellungen nicht vor der Verbreitung von Inhalten schützen. Der ehemalige beste Freund muss nur einen Screenshot machen, und schon kann er das Bild für Kreise zugänglich machen, für die es eigentlich nicht gedacht war. Bringen Sie Ihrem Kind bei, sich selbst zu fragen: «Würde ich dieses Bild auch einem Fremden im Tram zeigen?» Mediencoach Giorgio Macaluso schlägt bei beratungsresisten Teenagern vor: «Drucken Sie das Instagram-Bild Ihrer Tochter in Unterwäsche doch einmal auf Din-A4 aus und schlagen Sie vor, es im Coop aufzuhängen – schon sind Sie mit ihr im Gespräch.»

14. Darf ich mein Kind googeln?

Sie dürfen nicht nur, Sie sollten sogar! Denn wenn Sie es nicht tun – der erste potenzielle Arbeitgeber Ihres Kindes wird es tun. Ausserdem ist das gemeinsame Googeln von Vor- und Nachname ihres Kindes eine wertvolle Lektion in Sachen Medienerziehung. Zeigen Sie Ihrem Kind, warum es mit den eigenen Daten so vorsichtig umgehen sollte. Wenn Sie tatsächlich auf bedenkliche Inhalte stossen, können Sie an den Google-Support eine Anfrage zum Löschen von Bildern oder Texten schicken. Ausserdem sollten Sie eine Löschung auf der jeweiligen Seite beantragen – denn Google kann Daten nur aus der Suchmaschine, nicht aber aus dem Internet entfernen. Und noch ein Tipp: Abonnieren Sie den Google-News-Alert mit dem Namen Ihres Kindes – dann werden Sie sofort informiert, wenn neue Inhalte auftauchen, und können sich diese ansehen.

15. Was mache ich, wenn mein Kind online Pornos ansieht?

Zunächst einmal ist das kein Grund zur Sorge: Jugendliche sind neugierig, sie entdecken ihre eigene Sexualität. Und sie recherchieren dort, wo sie fast alle Informationen finden: im Internet. Das Problem ist nur, dass sie im Internet häufig auf gewaltverherrlichende Filme stossen, die den Mädchen vermitteln, sie müssten jederzeit verfügbar sein, und den Jungen, sie müssten im Bett vor allem Leistung zeigen. Wenn Sie von Anfang an Medienerfahrungen thematisieren, wird Ihr Kind Ihnen auch erzählen, wenn es verstörende Bilder findet. Erklären Sie Ihrem Jugendlichen, dass «Sex» und «Pornos» nicht ein und dasselbe sind. Der Tipp einer Mutter: «Ich gehe proaktiv auf meine Jungen zu, sage ihnen: Wenn ihr halbnackte Frauen suchen wollt, gebt lieber den Namen eines Stars ein, den ihr gut findet – nicht etwa ‹sexy Frau›. Das befolgen sie, denn die anderen Bilder finden sie ohnehin eklig.»

Manchmal ist die neue App der Mittelpunkt der Welt. Aber das geht meist vorbei.

16. Ich möchte mit meinem Kind über Mediennutzung sprechen. Wie führt man so ein Gespräch?

Wenn der Konflikt gerade brennt, das Kind tobt, weil es ohne Handy ins Bett soll, ist nicht der richtige Zeitpunkt. Bringen Sie Ihrem Kind bei, in entspannter Atmosphäre ganz selbstverständlich über Mediennutzung zu sprechen. Und zwar nicht in Form eines Verhörs, sondern eines echten Dialogs. Erzählen Sie von Ihren eigenen Erlebnissen. Vielleicht davon, wie Sie nach einem Gruselfilm nicht mehr schlafen konnten. So lernt Ihr Kind, dass Medienerfahrungen ein Thema sind, das man nicht allein mit sich ausmachen muss. Machen Sie es sich zur Gewohnheit, nicht einfach still fernzusehen, sondern gemeinsam über das Gesehene zu sprechen: «Fandest du das auch lustig? Was hättest du an der Stelle des Helden gemacht?» Regeln zur Mediennutzung sollten gemeinsam ausgehandelt werden – und zwar noch bevor ein neues Gerät ins Haus kommt. Ein tolles Tool zu diesem Zweck mit Anregungen für Kinder- und Elternregeln findet man unter www.mediennutzungsvertrag.de.

17. Und wenn sich mein Kind nicht an die ausgemachten Regeln hält?

Natürlich testen und überschreiten Jugendliche Grenzen. Mögliche Konsequenzen können Sie in den bereits mehrfach erwähnten Medienverträgen festhalten. Im Internet kann ein Regelverstoss aber auch andere Konsequenzen haben: Kinder stossen auf Inhalte, die sie verängstigen, oder sie verschicken ein Nacktbild, das plötzlich auf den Handys der ganzen Klasse zu finden ist. Wichtig ist, dass sie bei Regelverstössen nicht gleich den Kopf verlieren, sondern erst einmal ohne Vorwürfe helfen. Ihr Kind muss wissen, dass es bei Schwierigkeiten und Fragen zu Ihnen kommen kann – sonst werden Medien schnell wieder zur Privatsache. Und: Selbst eine Regel, über die sich alle Parteien einig waren, hält nicht für immer. Egal ob schriftlich festgehalten oder nicht: Medienregeln müssen immer wieder neu diskutiert werden. Ihr Kind wird älter und wird immer mehr Freiraum einfordern.

Dann empfehlen wir, gemeinsam mit dem Kind zu recherchieren, was «Stars» aus älteren Castingshows heute so machen.

18. Was, wenn meine Kinder bei Freunden mehr dürfen als zu Hause?

Kinder sind es gewohnt, dass an verschiedenen Orten unterschiedliche Regeln herrschen. Zum Beispiel dass sie bei der Grosi mehr Süsses essen dürfen als bei Ihnen zu Hause. Wenn Ihr Kind bei Freunden Dinge tun darf, die Sie wirklich für bedenklich halten – sprechen Sie deren Eltern an. Überhaupt ist es gut, wenn Eltern miteinander über den Medienkonsum ihrer Kinder sprechen. So finden Sie heraus, ob Ihr Kind vielleicht auch manchmal übertreibt, wenn es behauptet: «Alle anderen dürfen das aber». Medien-Spielpädagoge Jürgen Sleegers schlägt vor, dass sich Eltern in Gruppen zusammenfinden – zum Beispiel in lokalen Bibliotheken – und gemeinsam die Computergames ihrer Kinder spielen. Wer sich auskennt, habe eine gute Diskussionsgrundlage – und lerne obendrein noch den Spass an der Sache kennen.

19. Ist mein Kind süchtig?

Exzessive Mediennutzungsphasen sind zunächst einmal kein Grund zur Besorgnis – ein Game oder ein soziales Netzwerk können für ein paar Tage oder ein paar Wochen zum Nabel der Welt werden – und dann von einem auf den anderen Tag wieder in Vergessenheit geraten. Im jungen Alter wechseln die Interessen häufig. Bedenklich wird es, wenn das Medium über längere Zeit zum Lebensmittelpunkt wird, Freunde, Schule oder Sport dahinter zurückfallen. Warnsignale für eine Sucht sind laut Bert te Wildt, Autor des Buches «Digital Junkies», wenn Kinder aggressiv oder depressiv auf Entzug reagieren und sich die Zeiten mit dem Medium immer stärker ausweiten. Eine Diagnose werde aber erst gestellt, wenn andere Lebensbereiche wie Sport, Schule oder Freunde leiden. Laut Studien ist das Medienverhalten von Jugendlichen bei etwa 4 bis 5 Prozent suchtähnlich.

20. Sorgen die perfekten Bilder bei Instagram für eine gestörte Körperwahrnehmung?

Das kommt darauf an, ob Ihr Kind weiss, dass Instagram nicht die Wirklichkeit abbildet. Das erfordert ein ziemlich hohes Abstraktionsvermögen vom Kind, denn die Akteure hinter den Bildern sind ja wirklich. Mit dem richtigen Licht, der richtigen Perspektive, Filtern und Bildbearbeitungsprogrammen inszenieren sich die Jugendlichen allerdings so weit selbst, bis sie aussehen wie Werbemodels. Laut der Zürcher Hochschule für Angewandte Wissenschaften kann sich das bei etwa einem Fünftel der Jugendlichen negativ aufs Selbstbewusstsein auswirken. Wichtiger als die Medieneinflüsse sei aber das eigene Körperbild der Eltern. Zudem sollten Sie Ihr Kind positiv bestärken, was den eigenen Körper angeht. Und zwar am besten nicht, indem Sie sein Aussehen, sondern indem Sie seine Gesundheit und Funktionalität hervorheben.

21. Was soll ich tun, wenn mein Kind bei einer Castingshow mitmachen will?

«Dann haben die Eltern etwas falsch gemacht», formulierte es Hirnforscher Gerald Hüther sehr drastisch in einem Interview mit der «Süddeutschen Zeitung». Falls die Idee von aussen kommt, von Freunden zum Beispiel: «Dann wird Mama sagen: ‹Ja, das wollte ich auch immer, aber wir müssen jetzt erst mal Kartoffeln schälen, damit wir was zu essen bekommen.› Und damit ist die Sache erledigt», meint Hüther. Sie lachen, weil Ihr Kind erst recht tobt, wenn Sie seinem Wunsch keine Bedeutung zumessen? Dann empfehlen wir, gemeinsam mit dem Kind zu recherchieren, was «Stars» aus älteren Castingshows heute so machen. Wenn Ihr Kind sieht, mit was diese sich heute so durchschlagen, überdenkt es vielleicht seinen Berufswunsch noch einmal.

22. Hafte ich für die Interneteinkäufe meines minderjährigen Kindes?

Prinzipiell nein, ausser es steht ausdrücklich anders im Kaufvertrag. Wenn Ihr Kind Verträge abschliesst, mit denen Sie als Erziehungsberechtigter nicht einverstanden sind, können Sie beim Vertragspartner Einspruch erheben, und dieser muss den Kauf annullieren. Im Gegenzug darf Ihr Kind auch nur Verträge abschliessen, die sein Taschengeldeinkommen nicht überschreiten. Damit es nicht zu versehentlichen Einkäufen kommt, deaktivieren Sie Kauffunktionen am Smartphone Ihres Kindes oder schützen sie diese mit einem Passwort. So kann Ihr Kind nur bewusst und vor allem auch nur in Absprache mit Ihnen Musik und Apps herunterladen oder In-App-Käufe tätigen.

Bianca Fritz
Bianca Fritz ist freie Autorin und berät Selbständige und kleine Unternehmen in ihrem Social Media Marketing. Ein Gebiet, das besonders viel Selbstdisziplin und Achtsamkeit braucht.

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