Sie saugt und spuckt. Wie das juckt! - Das Schweizer ElternMagazin Fritz+Fränzi
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Sie saugt und spuckt. Wie das juckt!

Lesedauer: 7 Minuten

Ob Kind, ob Erwachsener: Die Mücke sticht alles, was ihr vor den Rüssel kommt. Und nicht nur Eltern sind besorgt ob all der Krankheiten, die die kleinen Biester übertragen. Wie schlimm sind Mückenstiche wirklich? Und was hilft? Wir haben alle Fakten für Sie zusammengetragen.

Sssssuuuuuuuumm, zieht es am Ohr des gerade in den Tiefschlaf gleiten Wollenden vorbei, und noch einmal: sssssuuuuuuumm. Mensch ist schlagartig wach und geht wütend auf die Jagd: Wagt sich eine Mücke ins Schlafzimmer, ist das meist ihr Todesurteil. 
 
Das Verhältnis von Mensch und Mücke lässt sich bestenfalls als gespannt bezeichnen. Denn über die Jahrhunderte und alle Erdteile hinweg sind diese schlanken Insekten dem Menschen vor allem eins: lästig. Das liegt nicht nur an ihrem penetranten Summen, sondern vielmehr an dem Schaden, den sie anrichtet. Ihr Stich hinterlässt juckende Quaddeln, schlimmstenfalls injiziert sie uns einen Krankheitserreger. 
 
Es gibt rund 45 Mückenfamilien. Blutsaugend und damit potentielle Krankheitsüberträger sind aber nur drei von ihnen: die Stechmücken, die Gnitzen und die Kriebelmücken. Plus die Sandmücke, die als einzige Art der Schmetterlingsmücken einen Schluck frisches Blut schätzt. Der Mensch ist nicht allein Opfer dieser stechenden Mücken, auch Rinder und Schweine, Pferde und Hunde werden gepiesackt. «Die meisten Mücken sind opportun», sagt Alexander Mathis von der Vetsuisse-Fakultät der Universität Zürich, «die stechen das, was ihnen vor den Rüssel kommt.» Lediglich bei uns nicht vorkommende Stechmückenarten wie die Gelbfiebermücke oder die Malaria übertragende Anophelesmücke favorisieren den Menschen als Blutspender. 

Bei allen Mücken gilt: Fies sind die Frauen. Die Männer sind Vegetarier.

Mücken trocknen sehr schnell aus, sie haben vom Körperbau her eine relativ hohe Verdunstungsoberfläche. Deshalb sind sie vor allem in der Nähe von Gewässern und bei feucht-warmen Witterungsverhältnissen in der Dämmerung unterwegs. Weil die Larven der Stechmücke sich nur in stehendem Gewässer entwickeln können, legen sie auch ihre Eier in der Nähe von Seen, Pfützen und Sümpfen ab. Nach ein bis drei Tagen schlüpft aus den millimetergrossen Eiern eine Larve. Nach weiteren vier bis fünf Tagen verpuppt sie sich und wenige Stunden später schlüpft die erwachsene Mücke. Auch deren Leben ist kurz: Die Blutsauger leben meist nur wenige Wochen, was zu einem grossen Teil an den äusseren Umständen liegt. Sprich: zu viel Sonne oder zu reaktionsschnelle Menschen. 
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Die Familie, die sich mit Abstand am häufigsten bei uns gütlich tut, sind die Stechmücken. Mehr als 3500 Arten gibt es weltweit, in Mitteleuropa sind knapp über 100 bekannt. Bei allen gilt: Fies sind die Frauen. Die Männchen erfüllen lediglich Begattungszwecke und sind völlig harmlos. Sie vertrödeln den Tag damit, Nektar und Honigtau zu lecken, oder trinken den Saft von Pflanzen, die sie mit ihrem Stechrüssel anbohren. Während die Herren ihr kurzes Leben lang Vegetarier bleiben, geben die Weibchen diese Ernährungsform immer wieder mal auf. Den Grund dafür kann man nur gutheissen: Sie brauchen Nährstoffe für den Nachwuchs.

Eisen und Proteine aus dem geklauten Blut sorgen dafür, dass sich die Eier nach der Befruchtung entwickeln können. Zwei bis acht Millionstel Liter Blut zapft die sorgende Mutter uns dafür pro Stich ab, das ist verkraftbar. Es ist nicht der Blutverlust, der uns schmerzt, sondern die Mückenspucke. Sticht das gierige Weibchen zu, spritzt es über den Stechrüssel Speichel in das Opfer. Warum macht die Mücke das? Ein im Speichel enthaltener Wirkstoff verhindert, dass das Blut beim Aussaugen im Rüssel gerinnt und ihn so verstopft. Der menschliche Körper identifiziert den Speichel als Fremdkörper und beginnt sofort damit, ihn zu bekämpfen: Es juckt und brennt. Das ist unangenehm, mehr aber nicht. «Richtige allergische Reaktionen auf Mückenstiche sind extrem selten», sagt der Parasitenforscher Mathis. 

Krank durch Mückenstich? In unseren Breitengraden ist das sehr unwahrscheinlich.

Viel gefürchteter als ein paar juckende Einstichstellen sind Krankheiten, die per Mückenstich übertragen werden können: Gelbfieber, Zika, Dengue- und Chikungunyafieber, Malaria, West-Nil-Fieber, Sindbis-Fieber – die Liste ist lang. Und doch besteht in unseren Breitengeraden kein Grund zur Sorge. Denn damit es wirklich zur Infektion mit einem Erreger kommt, müssen mehrere Bedingungen erfüllt sein: Als Erstes muss die Mücke jemanden stechen, der die Krankheit in sich trägt. Mit dem Blut nimmt sie den Erreger auf. Der  vermehrt sich im Körper der Mücke und dringt aus dem Darm heraus in andere Körperbereiche vor – sofern die äusseren Umstände stimmen: Es muss dauerhaft warm genug sein und die Mücke muss lang genug leben.

Ist dann die Mücke tatsächlich über und über voll mit dem Erreger, muss sie erneut zustechen, um die Krankheit mit ihrem Speichel an den Menschen abzugeben. «Selbst in hochendemischen Gebieten trägt meist nur ein Prozent der Mücken den Erreger in sich», sagt Alexander Mathis. Die Wahrscheinlichkeit, bei den wenigen Mückenstichen, die man sich hierzulande holt, infiziert zu werden, ist also äusserst gering. Auch die in den vergangenen Jahren aus Südeuropa eingewanderte und inzwischen vor allem im Tessin verbreitete Asiatische Tigermücke, die derzeit einige besorgt aufhorchen lässt, stellt keine Gefahr dar. Die Populationen sind viel zu gering und die oft zu kühlen klimatischen Bedingungen erschweren ihnen das Überleben. 

Wen die Mücke besonders gerne sticht…

Warum aber gerät man überhaupt ins Visier einer Mücke? Dass den Viechern nicht jeder Mensch gleich stechattraktiv erscheint, ist unbestritten, bestätigt der Zürcher Mückenforscher Mathis. Die Gründe dafür kennt die Wissenschaft allerdings nur teilweise. Ein wichtiger Lockstoff ist unter anderem das Kohlendioxid, das sich im menschlichen Atem befindet. Weitere Reize sind Wärme und spezielle Duftstoffe auf der Haut. Mücken fliegen zwar auch auf Helligkeitskontraste, aber eine rigide Schlafzimmerverdunkelung führt nicht zwangsläufig zum Erfolg: Da vor allem der Körpergeruch entscheidet, findet eine bluthungrige Mücke ihren Weg auch ohne Licht. Mückenweibchen nehmen die menschlichen Gerüche über eine Entfernung von bis zu 70 Metern wahr. «Die unterschiedliche Zusammensetzung der Bakterien, die beim Schweissabbau helfen, sorgt für einen ganz eigenen Körperduft», sagt Mathis. Jede Mückenart hat ihre Vorlieben, die einen schätzen es, wenn sich viel Milchsäurearoma erschnuppern lässt, andere stehen auf einen hohen Ammoniakanteil. 
 
Käsefüsse, hohen Cholesteringehalt im Blut oder bestimmte Ernährungsgewohnheiten haben Wissenschaftler als anziehende Faktoren inzwischen ins Reich der Märchen verbannt. Auch werden Frauen nicht häufiger gestochen als Männer. Aktuelle Forschungen legen jedoch nahe, dass durchaus Stoffwechselprodukte aus dem Blut einen Einfluss haben. Vermutlich gibt es Unterschiede zwischen den Blutgruppen, und schwangere Frauen werden tatsächlich öfter gestochen. Eine weitere Gruppe, die sich grosser Beliebtheit bei den weiblichen Mücken erfreut, gibt Wissenschaftlern bis heute Rätsel auf: Wer Bier trinkt und sich dann schlafen legt, erhöht seine Chancen auf ein paar Stiche deutlich. 

Und wer gegen die Stiche immun ist…

Manche Menschen werden zwar von Stechmücken gestochen, merken es aber nicht. «Die bekommen keine Pusteln, es juckt nicht, sie sind tolerant gegenüber dem Mückenspeichel geworden, vermutlich, zum Beispiel, wenn sie als Kind oft gestochen worden sind», sagt Alexander Mathis. Solche Leute denken dann, sie würden verschont. Dabei merken sie lediglich den Stich nicht. Den spürt in der Tat niemand, der Rüssel der Mücke ist haarfein. Das, was wir als Stechschmerz interpretieren, ist die sofort einsetzende Alarmreaktion des Körpers.  
 
 Sie sticht, um ihren Fortbestand zu sichern. Sie spuckt Speichel, damit ihr Rüssel nicht verstopft. Das alles lassen wir gelten. Warum aber dieses unsägliche Surren und Sirren? Das ist reine Physik. Wenn die Mücke mit den Flügeln schlägt, ziehen sich die Muskeln im Vorderkörper zusammen und entspannen sich wieder. Das alles geschieht in rasender Geschwindigkeit, so dass die umgebende Luft davon in Schwingung versetzt wird. So entsteht das Summen, das übrigens nicht nur das Ziel hat, uns um den Schlaf zu bringen: Die Mücken erkennen sich daran. Männchen summen bei einer Frequenz von etwa 600 Hertz, Weibchen schlagen etwas langsamer mit den Flügeln und kommen nur auf 550 Hertz, ihr Summen ist also tiefer. Der Mückenmann findet das sexy. Wir eher weniger. Sobald uns ein Summsurrsirren aus den Träumen reisst, heisst es deshalb für die Mücke: Lebensgefahr!

Bild: Fotolia


Das schützt vor Mückenstichen

  • Der effektivste Schutz vor Mückenstichen ist Kleidung. 
  • Freie Hautpartien reibt man am besten mit sogenannten Repellentien ein. Das sind Wirkstoffe, die die Parasiten per Geruch abschrecken, aber nicht töten. Die zwei bekanntesten Repellentien sind DEET und Icaridin. Die künstlich hergestellten Stoffe halten Stechmücken vier bis fünf Stunden lang auf Abstand, können allerdings auch Schleimhaut und Augen reizen. DEET steht zudem im Verdacht, unter bestimmten Bedingungen nervenschädigend zu sein, Forschungen hierzu laufen. 
  • Ein wirksames pflanzliches Repellent ist PMD, auch als Citriodiol bekannt. Es gewährt ebenfalls für mehrere Stunden Schutz. 
  • Zwar effektiv, aber wenig praktikabel: Lavendelöl, Kokosöl und andere ätherische Öle. Deren Schutz hält nur zehn Minuten, dann sind sie verdampft und müssen neu aufgetragen werden. 
  • Egal, womit man sich einreibt: Jede unbedeckte Hautstelle sollte was abbekommen, denn die Mücke ist akribisch. 
  • Da der körpereigene Geruch die Mücken anzieht, hilft es, sich oft zu waschen. Wer abends kalt duscht und sich dann auf den Balkon setzt, hat durchaus eine Weile Ruhe, bis Körpergeruch und Körperwärme wieder auf dem Mücken anziehenden Level sind.
  •  Hausmittel wie Knoblauch essen, Vitamin-B-Tabletten nehmen oder Tomaten, Basilikumpflanzen und eine mit Nelken gespickte Zitrone im Schlafzimmer zu deponieren halten bisher keiner wissenschaftlichen Überprüfung stand.    

Das hilft bei Mückenstichen:

  • Nicht kratzen! Denn durch das Kratzen wird die betroffene Stelle mehr durchblutet, der den Juckreiz auslösende Mückenspeichel wird weiter verteilt und sorgt für noch mehr Unannehmlichkeiten. Zudem besteht beim Kratzen die Gefahr, dass Dreck oder Bakterien in die Einstichstelle gelangen und eine Entzündung verursachen.
  • Gegen den Juckreiz zeitweise aufgelegte Eiswürfel, Kühlpads oder kalte Waschlappen. 
  • Wenn Kinder das Kratzen partout nicht lassen können, kann auch ein kühlendes Gel mit Cortison aufgetragen werden, um eine infizierte Wunde zu verhindern. Das beruhigt den Juckreiz noch effektiver. 
  • Ebenso gut wie Kälte hilft Hitze: Ein lokaler Hitzeschock direkt auf der Einstichstelle sorgt dafür, dass die mit dem Speichel injizierten gerinnungshemmenden Eiweisse unschädlich gemacht werden. Im Handel sind kleine Wärmeplättchen für diesen Zweck erhältlich, die sich auf etwas mehr als 50 Grad Celsius erwärmen. Das Ganze funktioniert auch mit einer Münze, die man über einem Feuerzeug oder einer Kerze so sehr erwärmt, dass man sie gerade noch anfassen kann. Der Hitzeschock wirkt am besten direkt nach dem Stich, da sich der Speichel dann noch gebündelt nah an der Oberfläche befindet.  

Das gefährlichste Tier der Welt

Tödlicher für den Menschen als der Mensch selbst ist nur ein Tier: die Stechmücke. Mehr als 700.000 Menschen sterben jedes Jahr an einer durch diese Insekten übertragenen Krankheit. Neueste Analysen gehen sogar von bis zu 1.2 Millionen Malaria-Opfern pro Jahr aus. Zum Vergleich: Weniger als eine halbe Million Menschen sterben durch andere Menschen, 50.000 durch Schlangenbisse, 1000 durch einen Bandwurm, und 10 werden von Haien getötet. Ihre Gefährlichkeit verdankt die Mücke der Tatsache, dass sie selbst ein geschätzter Wirt für einige Krankheitserreger ist. So gelangen die Viren von Mensch zu Mensch. 

Claudia Füssler gehört zu den Glücklichen, die einen Sommerabend auf dem Balkon immer stichfrei überstehen. Im Schlafzimmer ist sie dem Mückensurren gegenüber jedoch völlig intolerant und geht jagen.   
Claudia Füssler gehört zu den Glücklichen, die einen Sommerabend auf dem Balkon immer stichfrei überstehen. Im Schlafzimmer ist sie dem Mückensurren gegenüber jedoch völlig intolerant und geht jagen.   


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