Klimaschutz am Esstisch - Das Schweizer ElternMagazin Fritz+Fränzi
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Klimaschutz am Esstisch

Lesedauer: 3 Minuten

Eine der grössten Herausforderungen unserer Zeit ist die Erderwärmung. Was dieses Thema mit dem Familienalltag zu tun hat und wie Sie sich ­klimafreundlich ernähren können.

Die Klimaerwärmung findet statt, das ist kein Geheimnis mehr. Unser Konsumverhalten, die Mobilität und das Wohnen sind die Hauptauslöser für die Zunahme an Treibhausgasen in der Atmosphäre, welche die Temperatur steigen lassen. Der Durchschnittsschweizer führt in Bezug auf die Treibhausgasemissionen ein sehr grosszügiges Leben. Wäre der Ausstoss aller Menschen auf der Welt so hoch, würden wir knapp drei Planeten benötigen. Wissenschaftler schlagen Alarm und warnen vor der gefährlichen Erderwärmung. Es scheint so, dass diese Warnung insbesondere bei Kindern und Jugendlichen auf offene Ohren stösst. Die Klimajugend ist weltweit aktiv und setzt sich gegen den Klimawandel und für einen gesünderen und grüneren Planeten ein.

Fleisch – das grösste Übel

Fakt ist: Mehr als zwei Drittel des Treibhausgasausstosses, welcher durch die Ernährung ausgelöst wird, ist auf tierische Produkte zurückzuführen. Einerseits ist der Landverbrauch für die Tierhaltung beträchtlich, andererseits verbraucht der ganze Futteranbau für die Tiere enorm viel Platz, Wasser und Energie. Der zunehmende Platz, der gebraucht wird, wird meist auf  Kosten von wertvollem Regenwald und biodiversen Grünflächen gewonnen, was wiederum bedrohlich fürs ­Klima ist.

Falls Ihr Sohn oder Ihre Tochter weniger tierische Produkte konsumieren möchte, können Sie als Eltern gefragt sein, insbesondere wenn die Mehrheit der Mahlzeiten noch zu Hause gegessen beziehungsweise zubereitet wird. Planen Sie fixe fleischlose Wochentage ein. Beginnen Sie mit einem und erhöhen Sie, sofern es Ihnen gefällt und schmeckt, auf mehrere Tage pro Woche. Ein Fleischmenü belastet die Umwelt im Durchschnitt dreimal mehr als ein vegetarisches Menü. Ein veganes schneidet noch besser ab. Es lohnt sich auch, die vielen verschiedenen veganen Alternativen zu Milch, Joghurt und Rahm auszuprobieren. Sie werden erstaunt sein, wie ähnlich zum Teil die Produkte schmecken.

Rahm kann man durch Sojarahm ersetzen. Falls Sie nun denken, Sojaprodukte seien auch schädlich für die Umwelt, da für den Sojaanbau wertvolle Fläche genutzt werden muss – stimmt. Das produzierte Soja dient aber in erster Linie nicht dem menschlichen Verzehr, sondern wird als Tierfutter eingesetzt. Der menschliche Sojakonsum macht einen Bruchteil des gesamten Sojaanbaus aus.

Ist saisonal und regional immer besser?

Saisonal einkaufen klingt sinnvoll, ist jedoch heutzutage gar nicht mehr so einfach, da immer alles verfügbar ist. Woher soll man wissen, dass es jetzt eigentlich keine Peperoni aus der Schweiz mehr gibt, wenn diese das ganze Jahr erhältlich sind? Saisontabellen und verschiedene Apps, zum Beispiel die WWF-Ratgeber-App, können beim klimafreundlichen Einkaufen helfen. Auch die Regionalität steht im Vordergrund. Spannend zu sehen ist aber, dass der Transport der Produkte, mit Ausnahme des Flugtransports, eine kleinere Auswirkung auf das Klima hat. Was wir essen, beispielsweise weniger tierische Produkte, ist also viel entscheidender als der Ort des Anbaus.
  Bevorzugen Sie beim Früchte- und Gemüseeinkauf saisonale Produkte, können Sie davon aus­gehen, dass diese keine langen Transportwege hinter sich haben und ohne «künstliche» Beheizung gewachsen sind. Denn die CO2-­Emissionen eines beheizten Treibhauses sind mit Produkten, welche eingeflogen werden, vergleichbar. Wenn Sie nun im Winter Lust auf Tomaten haben und Schweizer Tomaten kaufen, schneiden diese schlechter ab als Tomaten aus Spanien, welche natürlich gereift sind. Im Winter empfiehlt es sich, grundsätzlich auf frische Tomaten zu verzichten und Tomaten aus der Dose zu konsumieren. Oder noch besser: Im Sommer Tomatensauce vorproduzieren und tiefkühlen – die Sommergefühle sind garantiert.

 

Von Food Waste wird dann gesprochen, wenn Lebensmittel auf dem Müll landen, die eigentlich für den Verzehr gedacht waren. Weltweit wird etwa ein Drittel(!) der produzierten Nahrungsmittel entsorgt. Die Produktion, die Verarbeitung und die Entsorgung dieser Nahrungsmittel verbrauchen Energie und belasten unsere Umwelt. Während gleichzeitig andere Menschen auf der Welt zu wenig zu essen haben.

 

Bereits während der Erzeugung der Produkte findet Food Waste statt: Unförmige Gemüse und Früchte werden aussortiert. Bei der Verarbeitung der Produkte entsteht eine weitere grosse Food-­Waste-Quelle. Je nach Ernte kommt es zu einer Überproduktion, die beseitigt werden muss. Qualitätsmängel können auftreten, welche ebenfalls behoben werden müssen, indem weggeworfen wird. Oder es entstehen bei der Verarbeitung Nebenprodukte, die niemand will, welche ebenfalls entsorgt werden.

Mit kleinen Schritten beginnen

Zuletzt in der Kette stehen wir als Konsumenten, die ebenfalls einen grossen Anteil an Lebensmitteln entsorgen. Dies passiert, weil wir zu grosse Mengen kaufen, ungeplant einkaufen, ohne davor den Kühlschrank zu checken, oder unseren Hunger überschätzen und zu viel kochen. Flexible Menüpläne und Einkaufslisten verkürzen Ihren Aufenthalt im Supermarkt und sorgen dafür, dass nichts oder weniger Unnötiges gekauft wird. Reste können meist problemlos tiefgekühlt oder am nächsten Tag nochmals aufgewärmt werden.
 
Es gibt viele verschiedene Möglichkeiten, sich klimafreundlicher zu ernähren. Meist steckt in un­seren Essgewohnheiten so viel Bekanntes und Vertrautes, dass es schwierig ist, diese nachhaltig zu verändern. Beginnen Sie mit kleinen Schritten und lassen Sie sich von Ihren Klimakindern und -jugendlichen mit ihrer Euphorie und dem Glauben an Veränderung anstecken.

Spannende Fakten

  • Vier Fünftel des schweizerischen ­Wasserverbrauchs fallen ausserhalb der Schweiz an. Und zwar in Ländern, die bereits unter Wassermangel leiden, z. . in Spanien für die Bewässerung von Tomaten.
  • Für ein Kilogramm Rindfleisch braucht es 17 Mal mehr Wasser als für ein ­Kilogramm Mais.
  • Von 100 geernteten Kartoffeln werden nur 34 auch gegessen, der Rest wird aussortiert.
  • Pro Kopf produzieren wir jährlich 92 Kilogramm Food Waste.
  • Die Umweltbelastung durch Food Waste in der Schweiz entspricht 50 Prozent der Umweltbelastung durch den motorisierten Individualverkehr.

Vera Kessens
ist BSc Ernährungsberaterin SVDE und arbeitet als freischaffende Ernährungsberaterin bei Betty Bossi.

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