Wenn die Waage verrücktspielt - Das Schweizer ElternMagazin Fritz+Fränzi
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Wenn die Waage verrücktspielt

Lesedauer: 3 Minuten

Kinder und Jugendliche verändern sich innerlich und äusserlich im Eiltempo. Manche nehmen im Laufe ihrer Entwicklung zu. Eltern sollten auf diese Gewichtsveränderungenangemessen reagieren. 

Die 13-jährige Maya ist gerne mit ihren Freundinnen unterwegs, mag Burger, Pommes und trinkt oft Softdrinks. Maya ist mitten in der Pubertät. Die ganze Esserziehung rund um gesunde, sinnvolle Nahrungsmittel scheint für die Katz gewesen zu sein. Maya bevorzugt ungesunde Kalorienbomben. Ihre Eltern machen sich Sorgen um ihre Zähne und bemerken körperliche Veränderungen. Maya nimmt zu. Die Pubertät beginnt bei jedem Kind unterschiedlich. Fakt ist, dass während dieser Zeit enorm viel passiert. Kinder werden zu jungen Erwachsenen, lösen sich ab, testen Grenzen, erleben ihre erste Liebe und die damit verbundenen ersten Enttäuschungen. Und sie verändern sich körperlich. 

Einige Jugendliche finden im Sport und in der Bewegung eine Möglichkeit, sich auszupowern und abzuschalten, andere wiederum verbringen viel Zeit vor dem PC oder TV und sind eher Bewegungsmuffel. Aufgrund der hormonellen Veränderungen beginnen sich die Körper zu verändern und es passiert nicht selten, dass Jugendliche – gerade die Bewegungsmuffel und Fast-Food-Liebhaberinnen und -Liebhaber – an Gewicht zunehmen und pummelig werden. 

Diese Veränderung kann von kurzer Dauer sein, sie kann aber auch die Vorstufe von Übergewicht und Adipositas (Fettleibigkeit) sein. Laut Angaben des Bundesamts für Gesundheit leiden bereits 15 Prozent der Kinder und Jugendlichen in der Schweiz an Übergewicht oder Adipositas. Falls Sie bei Ihrer Tochter oder Ihrem Sohn bemerken, dass er oder sie an Gewicht zugenommen hat, und Ihnen das Gewicht nicht mehr normal oder gar grenzwertig erscheint, ist es wichtig, dass Sie diese Veränderung ernst nehmen. Ernst nehmen heisst aber auch, nicht zu dramatisieren. Es ist nicht ratsam, jede kleinste Veränderung des Gewichts, sei es eine Zunahme oder Abnahme, zu thematisieren. Denn Gewichtsschwankungen sind ganz normal und sollten kein Dauerthema sein.

Nachhaltige Veränderungen ansprechen

Bemerken Sie jedoch eine Gewichtszunahme über längere Zeit und/oder ein damit verbundenes unausgewogenes Ess- und Bewegungsverhalten, lohnt es sich, das Thema anzusprechen. Dies können Sie ganz direkt machen, indem Sie Ihr Kind fragen, ob es zugenommen hat oder ob ihm auch aufgefallen ist, dass es zugenommen hat. Oder Sie können Ihrem Kind mitteilen, dass Sie sein Essverhalten oder Bewegungsverhalten nicht ideal finden.

Je nach Beziehung oder Charakter des Kindes empfiehlt sich ein behutsameres Vorgehen. Sie suchen das Gespräch, weil Sie sich Sorgen machen und weil Sie wissen, dass zu viel Fast Food, wenig Bewegung und steigendes Gewicht nicht gesund sind. So sollten Sie das Gespräch auch begründen und betonen, dass Sie auf keinen Fall verletzend sein möchten oder Ihrem Kind das Gefühl geben wollen, es sei nicht in Ordnung, so wie es ist. Kinder sind meist sehr intuitive Wesen. Sie essen, wenn sie Hunger haben, schlafen, wenn sie müde sind, und weinen, wenn sie traurig sind. Je älter wir Menschen werden, desto angepasster und damit auch weniger intuitiv werden wir. 

Doch Ihr Kind kann wieder lernen, mehr auf das Hungergefühl zu achten und zu merken, wenn es satt ist. Auch wenn Ihr Kind mit zunehmendem Alter vermehrt unterwegs ist und nicht mehr alle Mahlzeiten zu Hause stattfinden, können Sie es als Eltern mit Ihrem Vorbild unterstützen. Sorgen Sie zu Hause für ausgewogene und abwechslungsreiche Mahlzeiten. Ernähren Sie sich selbst gesund, aber auch intuitiv und lustvoll. Gönnen Sie sich zusammen mit Ihrem Kind ein feines Dessert. Nehmen Sie sich Zeit dafür und geniessen Sie mit allen Sinnen. Eine Verteufelung des Essens ist kontraproduktiv, Verbote führen dazu, dass die Lust noch grösser wird und dann im schlimmsten Fall heimlich gegessen wird. Es gibt zahlreiche Rezeptvorschläge, wie Sie Mahlzeiten mit mehr Gemüse, weniger Fett oder weniger Zucker noch sinnvoller gestalten können. Suchen Sie zusammen mit Ihrem Kind nach solchen Ideen und, falls Sie Lust haben, kochen Sie diese zusammen nach. 

Falsche Ideale aufbrechen, Selbstliebe fördern 

Ein gesundes Körperbild beinhaltet viele Faktoren und ist unabhängig vom äusseren Erscheinungsbild. Doch die sensible Zeit in der Pubertät kann die Wahrnehmung eines positiven Körperbildes erschweren. In den Medien werden unrealistische, unechte und bearbeitete Ideale gezeigt, an denen sich Jugendliche orientieren. Hier gilt es diese Ideale aufzubrechen und die Vielfalt der Körperlandschaften zu fördern. Die Bewegung «Body Positivity», welche vor allem in den sozialen Medien stark verbreitet ist, setzt sich für eben diese Diversität ein und verbreitet ein «Ich bin schön, so wie ich bin»-Gefühl. Die Selbstliebe sollte aber auch über die Liebe zum eigenen Körper hinausgehen.

Das Wichtigste in Kürze:

  • Hinschauen: Veränderungen wahrnehmen, beobachten, durch eine vertraute Person überprüfen lassen.
  • Tabus brechen: Gewichtsveränderungen ansprechen, eigene Gewichts-entwicklung erzählen, Gefühle ansprechen.
     
  • Vorleben: Ausgewogene Familienmahlzeiten planen, Kinder in die Planung miteinbeziehen, gemeinsame sportliche Aktivitäten suchen und ausüben.
     
  • Diversität fördern: Menschliche Körper sind verschieden, und das ist auch gut so.

Zur Autorin:

Vera Kessens ist BSc Ernährungsberaterin SVDE. Sie als freischaffendeErnährungsberaterin bei Betty Bossi.
Vera Kessens ist BSc Ernährungsberaterin SVDE. Sie als freischaffende
Ernährungsberaterin bei Betty Bossi.