Der Pilz auf unserer Haut - Das Schweizer ElternMagazin Fritz+Fränzi
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Der Pilz auf unserer Haut

Lesedauer: 6 Minuten

Mehr als 60 Prozent der Menschen erkranken einmal im Leben an einer Pilzinfektion – betroffen sind Erwachsene wie auch Kinder und Jugendliche. Gefährlich sind die sogenannten Mykosen nicht, sie sollten aber trotzdem schnell behandelt werden.

Die Haut ist rot und juckt, es zeigen sich Schuppen und mitunter kleine Bläschen – ein Zeichen dafür, dass sich ein Pilz eingenistet haben könnte. Selten ist das nicht: Pilzinfektionen gehören weltweit zu den häufigsten Infektionskrankheiten. Kinder sind ebenso betroffen wie Erwachsene. Die Pilze können sich auf der Haut oder den Schleimhäuten niederlassen und sich so ­lange vermehren, bis wir davon krank werden. Im schlimmsten Fall kann so ein Pilz auch innere Organe befallen und zum Tod führen. Das passiert bei normal gesunden Menschen fast nie, besonders gefährdet sind hier Personen mit einem geschwächten Immunsystem, zum Beispiel nach einer Operation oder einer Chemotherapie. 

Die Immunabwehr hält den Keim in Schach

«Pilze kommen überall in unserem Umfeld vor, und manche profitieren von der obersten Schicht unserer Haut, sie ernähren sich von dem ­darin enthaltenen Keratin», sagt Emmanuella Guenova, Dermatologin am Universitätsspital Lausanne. Obwohl wir fast ständig in Kontakt mit Pilzen sind, führt das nicht permanent zu Entzündungen, sogenannten Mykosen. Das liegt daran, dass unser Körper das eigentlich recht gut managen kann. Die Immun­abwehr hält den Keim in Schach und verhindert, dass er sich zu sehr vermehrt. «Wenn dieses Gleichgewicht kippt und die Immun­abwehr ihre Verteidigung hochfahren muss, sehen wir diese Immunantwort als klinische Reaktion in Form einer Entzündung», erklärt Guenova.

Mehr als 100 00 verschiedene Pilzarten gibt es, nur die wenigsten davon machen den Menschen krank. Andere wiederum haben partout nichts verloren auf unserer Haut oder den Nägeln. So ein Kandidat ist beispielsweise Trichophyton rubrum, ein Pilz mit sehr langlebigen und stabilen Sporen, die auch über Monate hinweg infektiös bleiben.

Turnschuhe sind ein Pilzparadies

Wo aber holt man sich so einen potenziell krank machenden Pilz? Dort, wo es feucht, dunkel und warm ist. Denn genau das lieben diese Lebewesen. Die Turnschuhe von Jugendlichen und Erwachsenen sind also ein Pilzparadies, hier gedeihen Fuss- und Nagelmykosen prächtig. «Mehr als 60 Prozent der Bevölkerung erkrankt einmal im Leben ­daran», sagt Guenova. Auch gemeinsam genutzte Waschbecken oder Hotelteppiche sind Gefilde, in denen man sich schnell mal ein juckendes Andenken für daheim mitnimmt. Wobei auch hier gilt: In der Regel macht unsere Immunabwehr einen guten Job.
 
Bei Kindern ist eine besonders relevante Quelle der Ansteckung eine ganz andere: Strassen- und Haustiere. Vor allem Katzen und Meerschweinchen, aber auch Hunde erkranken an Pilzen, die sie dann beim Kuscheln und Streicheln an den Menschen weitergeben. Häufig bemerkt man nicht, dass das Tier selbst leidet, unter dem Fell fallen gerötete Stellen nicht auf, und dass sich ein Vierbeiner mal kratzt, erscheint uns eher normal als verdächtig. «Dass erste Anzeichen einer Pilzerkrankung dann bei den Kindern verkannt und falsch behandelt werden, passiert leider häufig», sagt Guenova. Oft werden dann auch andere Familienmitglieder oder Freunde angesteckt, bis man endlich die Ursache entdeckt hat. Um solche Ketten zu unterbrechen und eine Wiederansteckung zu vermeiden, müssen auch die Haustiere behandelt werden.

«Extrem häufig sehen wir zudem, dass Kinder Pilzerkrankungen aus den Sommerferien mitbringen», sagt Guenova. In südlichen Ländern wie Spanien, Italien, Griechenland oder Bulgarien leben traditionell mehr Strassenkatzen und -hunde, mit denen Kinder gerne spielen. «Pilzinfektionen haben eine gewisse Latenz, so dass die roten, juckenden Stellen erst ein paar Wochen später auffallen – da ist die Katze aus dem Urlaub längst vergessen, wir müssen da gezielt nachfragen», sagt Guenova.


Mykose

Eine durch Pilze verursachte Infektionskrankheit bezeichnen Experten als Mykose. Oft fällt auch die Bezeichnung Pilzinfektion. Das ist allerdings nicht ganz korrekt, denn nicht jede Infektion mit einem Pilz führt auch zu einer Erkrankung, also einer Mykose. Pilze können Menschen, Tiere und Pflanzen befallen. Vereinfacht kann man die Erreger, die beim Menschen Mykosen auslösen, einteilen in Dermatophyten (Fadenpilze), Hefen (Sprosspilze) und Schimmel­pilze. Die weitaus meisten Mykosen breiten sich auf der Oberfläche unseres Körpers aus und befallen Haut, Nägel und Schleimhäute. Im Gegensatz dazu gibt es auch die sogenannten systemischen Mykosen. Hierbei gelangen die Erreger vor allem über die Lunge in den Blutkreislauf und befallen innere Organe. Diese schwerwiegenden Erkrankungen können bis zum Tod führen, sind aber sehr selten.

Pilzinfektionen sind gut ­behandelbar

Mykosen lassen sich gut behandeln, Pilzmittel – sogenannte Antimykotika – können gezielt eingesetzt ­werden. Die Voraussetzung dafür ist allerdings, dass die für die Entzündung verantwortliche Pilzart genau identifiziert worden ist. «Zwar bevorzugen bestimmte Pilzarten bestimmte Körperregionen, so dass ein erfahrener Dermatologe da durchaus Rückschlüsse auf den möglichen Erreger ziehen kann. Der Goldstandard, den wir empfehlen, ist es aber, eine Kultur im Labor anzulegen», erklärt Guenova. «So können auch andere entzündliche Erkrankungen der Haut ausgeschlossen werden.» Zudem könne mit einer genauen Bestimmung des Erregers die Behandlung noch gezielter erfolgen und sei dann auch schneller ausgeheilt. 

Durch das ständige Aufkratzen können Kinder Narben ­davontragen. Zudem ­besteht die Gefahr einer zusätzlichen Infektion durch Bakterien.

Sinnvoll ist es, mit einer Pilzbehandlung so schnell wie möglich zu beginnen. Wartet man ab, vermehren sich die Erreger und die betroffene Fläche wird immer grösser. «Das ist optisch nicht schön und auch schwer auszuhalten, das juckt ja meist sehr unangenehm», sagt Guenova. Durch das ständige Aufkratzen können Kinder Narben davontragen, ausserdem besteht die Gefahr einer sogenannten Super­infektion: Auf der entzündeten ­Stelle siedeln sich Bakterien an und verschlimmern die Situation. «Bei Infektionen sollte grundsätzlich zügig der Hausarzt oder Dermatologe aufgesucht werden. Nur so kann eine saubere Diagnose gestellt und gezielt therapiert werden», sagt Guenova.

Wenn die Kopfhaut befallen ist

Zu den Mykosen, die am häufigsten übersehen werden, gehören solche auf dem Kopf. Die Tinea capitis – so der Fachausdruck – wird gerne als Schuppen, Neurodermitis oder eine bakterielle Entzündung missinterpretiert, auch von den Kinderärzten. «Für viele Kollegen ist die Kopfhaut ein Fragezeichen, sie tun sich schwer damit, dort Krankheiten richtig zu diagnostizieren, und schicken die Kinder zur genauen Abklärung ­gerne nochmals zu uns», sagt Antonia Reimer-Taschenbrecker, Fach­ärztin für Kinder- und Jugendmedizin an der Klinik für Dermatologie und Venerologie des Universitätsklinikums Freiburg. Mehrmals die Woche, sagt die Fachärztin, kommen Kinder mit Pilzerkrankungen der Haut in die Sprechstunde der Klinik.

Bei der Tinea capitis muss die Therapie zweigleisig erfolgen: von innen und von aussen. «Die Pilze wandern am Haarschaft entlang bis ins Follikel, da bringt eine Creme nicht viel», erklärt Reimer-Taschenbrecker. In Schule oder Kindergarten sollten infizierte Kinder erst dann wieder gehen, wenn der Erreger per Laboranalyse eindeutig identifiziert und die medikamentöse Therapie von innen begonnen worden ist. Sie muss über mehrere Wochen fortgeführt werden. 
Entscheidend sei zudem, sagt die Expertin, eine Kontrolle, ob auch wirklich alle betroffenen Bereiche erfasst worden sind. «Das ist so wichtig, weil diese Mykose hochansteckend ist. Wir haben beispielsweise immer wieder Ausbrüche in ganzen Familien, in Sportgruppen oder Ringervereinen, da bleiben die Sporen auf den Matten und in den Gemeinschaftsräumen», sagt Reimer-­Taschenbrecker. 
Eine medizinisch fundierte Versorgung ist auch deshalb von so gros­ser Bedeutung, weil bei bestimmten Pilzen im Kopfbereich ein dauerhafter Haarverlust und Vernarbungen die Folgen sein können. Eltern sollten deshalb sofort reagieren, wenn sie auf dem Kopf ihres Kindes Stellen entdecken, die schuppen oder krusten oder an denen gar Haare ausfallen. «Das ist verdächtig, auch, wenn das Kind über Schmerzen an dieser Stelle klagt. Die sind meist deutlich stärker als ein einfacher Juckreiz», sagt ­Reimer-­Taschenbrecker. Hilfreich ist zudem, Kindern zu erklären, dass sie ihre Mützen nicht mit Freunden und Geschwistern tauschen. Das reduziert das Ansteckungsrisiko. 


Fusspilz

Erst ein Jucken zwischen den Zehen, dann rötet sich die Haut leicht und beginnt zu schuppen. Fusspilz – Tinea pedis – ist eine weitverbreitete chronische Pilzerkrankung. Sie kann sich zwischen den Zehen – typischerweise zwischen dem vierten und fünften, an der Fusssohle oder im Fussgewölbe – zeigen. Experten schätzen, dass jeder dritte Erwachsene im Laufe seines Lebens einmal darunter leidet. «Auch bei den Jugendlichen wird das tendenziell mehr, derzeit haben etwa zehn Prozent von ihnen schon einmal Fusspilz gehabt», sagt die Freiburger Kinderdermatologin Antonia Reimer-Taschenbrecker. Die aktuelle Schuhmode ist ein Grund, weshalb sich Pilze an den Teenagerfüssen so wohlfühlen, in Sneakers und ­Turnschuhen stauen sich Wärme und Feuchtigkeit. «Lederschuhe oder Sandalen sind da eindeutig die besseren Alternativen», sagt Reimer-Taschenbrecker. Prophylaktisch empfiehlt sie zudem den täglichen Sockenwechsel und bei besonders schwitzigen Füssen eine Schuhdesinfektion mit speziellen Sprays. «Die Zehen­zwischenräume sollten so gut es geht trocken gehalten werden, um eine Ansteckung oder Wiederansteckung zu verhindern.» Leiden Geschwister oder Eltern ebenfalls unter einem Fusspilz, sollten sie bei einer Therapie mitbehandelt werden. Die Pilzsporen befinden sich vor allem in Hornpartikeln, die sich nahezu unsichtbar in Badezimmern, Umkleidekabinen oder Gemeinschaftsduschen verteilen. Die gute Nachricht: Mit Konsequenz bei der Hygiene und einer ­antimykotischen Salbe lässt sich der Fusspilz innerhalb von zwei bis drei Wochen therapieren. Wandern die Pilzsporen auf den Nagel, kann sich daraus ein Nagelpilz entwickeln, dessen Behandlung deutlich aufwendiger als die eines reinen Fusspilzes ist.

Claudia Füssler ist freie Wissenschaftsjournalistin und trägt in ­Schwimmbädern und Saunen stets Badeschlappen, ­nachdem ihre Mutter ihr schon als Kind mit den schlimmsten Fusspilzszenarien gedroht hat. Bisher hat das die Erreger erfolgreich abgehalten. Es könnte aber auch daran liegen, dass die Schlappen pink sind. 
Claudia Füssler ist freie Wissenschaftsjournalistin und trägt in ­Schwimmbädern und Saunen stets Badeschlappen, ­nachdem ihre Mutter ihr schon als Kind mit den schlimmsten Fusspilzszenarien gedroht hat. Bisher hat das die Erreger erfolgreich abgehalten. Es könnte aber auch daran liegen, dass die Schlappen pink sind. 


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