«Das Kind lernt, sich zu vertrauen»
Psychomotorik-Therapeutin Theresia Buchmann sagt, es gehe in ihrer Arbeit nicht darum, Schwächen eines Kindes auszumerzen, sondern um das Entdecken seines Kraftpotenzials. Denn jedes Kind habe Kompetenzen. Diese gelte es zu erkennen.
Frau Buchmann, in welchem Alter kommen Kinder in Ihre Therapie?
Hauptsächlich sind es Kinder in der Unterstufe beziehungsweise im ersten Zyklus, ab Kindergarten und erster Klasse. Auch ältere Kinder, etwa in der dritten und vierten Klasse, nehmen teil. Und manchmal kommen auch noch grössere Kinder, wenn sich beispielsweise eine Symptomatik verschärft oder sich noch deutlicher zeigt als Jahre zuvor.
Weshalb benötigen diese Kinder Psychomotorik?
Es sind Kinder, die in ihrem Bewegungsverhalten beeinträchtigt sind. Das kann die Grobmotorik sein, also beispielsweise, dass ein Kind ungeschickt ist, immer wieder stolpert oder nicht ruhig sitzen kann. Oder es betrifft die Feinmotorik. Vielleicht hat das Kind Mühe, etwas auszuschneiden, seine Schuhe zu binden oder Perlen aufzufädeln. Oder es hat Mühe mit dem Schreiben und der Stifthaltung. Und dann gibt es noch die hochsensiblen Kinder, die Mühe haben mit der Reizverarbeitung. Motorische Probleme können aber auch die gesamte Entwicklung betreffen.
Können Sie ein Beispiel geben?
Ein Kind ist unsicher bei Wurfspielen oder hat Mühe mit dem Gleichgewicht, beim Hüpfen an Ort oder mit dem «Hampelmann». Das eine Kind entwickelt Strategien, um diese Unsicherheit selbständig zu meistern. Das andere fühlt sich ungenügend, hat Angst, wenn es zum Sport muss, tut alles, damit es nicht in eine Situation kommt, in der es werfen oder hüpfen muss. Womöglich wird es sozial ausgegrenzt, hat dann einen Übungsrückstand und ist noch unsicherer als zuvor.
Ist die Selbstoptimierung das Ziel?
Wir möchten den Selbstwert des Kindes stärken. Es soll sich als stark erleben und selbstwirksam fühlen, das ist sein Grundrecht. Insofern ist es nicht falsch, von Optimierung zu sprechen. Die Psychomotorik fokussiert aber auf die Ressourcen, wir sehen die Stärken des Kindes, nicht die Schwächen. Das Kind lernt, sich zu vertrauen.
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