Wie wir lernen - Das Schweizer ElternMagazin Fritz+Fränzi
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Wie wir lernen

Lesedauer: 4 Minuten

Wie lernen Jugendliche eigentlich und was können die Eltern dazu beitragen, um sie dabei zu unterstützen? Wir haben bei einer Familie nachgefragt.

Sunay, Mutter von Enis und Eray

Bei den Hausaufgaben achte ich darauf, dass die Kinder möglichst selbständig sind. Die Hausaufgaben machen sie teilweise in der Hausaufgabenbetreuung in der Schule, teilweise zu Hause. Beide arbeiten in ihrem Zimmer. Früher sind die Schreibtische bei mir im Büro gewesen, aber sie haben die Aufgaben nie dort machen wollen.

Wenn ich merke, dass die Kinder wirklich ins Hintertreffen geraten, reagiere ich. Die Kinder haben allgemein in Deutsch Probleme. Das gilt nicht nur für Multikulti-Kinder, sondern quer durchs Band. Ich sehe aber einen grossen Unterschied zwischen Enis und Eray. Sie hatten zum Lesen- und Schreibenlernen verschiedene Systeme. Das hat einen riesigen Unterschied gemacht. Da sieht man, dass es sehr darauf ankommt, wie in der Schule vorgegangen wird.

Englisch ist bei beiden schwierig. Dort sind aber auch die Hausaufgaben so unverständlich, dass sogar ich manchmal Mühe habe – und ich kann Englisch. Ohne die Eltern können die Kinder diese Hausaufgaben gar nicht machen. Da helfe ich aber trotzdem nicht. Die Lehrer müssen sehen, dass die Kinder die Hausaufgaben alleine nicht machen können. Ich habe auch mal mit der Lehrerin darüber gesprochen. Sie meinte, dass sie das versteht, dass das aber so im Lehrplan stehe. Es ist halt schade. Die Kinder sagen dann, sie hätten Englisch nicht gern, dabei ist das so eine schöne Sprache.

Die Schule ist mir wichtig. Ich will, dass die Kinder wissen, warum sie lernen, dass das für ihre Zukunft wichtig ist. Gleichzeitig möchte ich, dass sie Kind sein dürfen und genügend Zeit zum Spielen haben und vor allem auf eine schöne und glückliche Schulzeit mit tollen Erinnerungen zurückblicken können! Ich sage mir immer: «Hey, wir sind hier in der Schweiz! Da hat man so viele Möglichkeiten, etwas aus sich zu machen.» Auch später noch, über einen Umweg. Ich finde es sowieso früh, dass sich die Kinder bereits mit 16 für einen Beruf entscheiden müssen. Nachher arbeitet man 44 Jahre – da darf man sich auch etwas Zeit lassen, sich zu entscheiden.

Eray, 9 Jahre, 4. Klasse

«Das Schönste an der Schule sind die Kollegen», findet Eray.
«Das Schönste an der Schule sind die Kollegen», findet Eray.
Ob ich gerne zur Schule gehe? Es geht so. Das Schönste an der Schule sind die Kollegen – Stunden buuuh – Kollegen jeeeeah. Ausser Mathe, das mag ich gerne. In den Ferien hätte ich manchmal gerne Schule, weil ich die Kollegen vermisse. Dann darf ich zwar am Morgen ein wenig gamen, aber das wird mir auch schnell langweilig.

Am wenigsten mag ich Englisch. Die meisten hassen Englisch. Ich kann zwar Türkisch. Aber wann haben wir Türkisch in der Schule? In der Sek?! Nein, nie!
Die Hausaufgaben mache ich am Montag, Dienstag und Donnerstag in der Hausaufgabenbetreuung. Wir haben einen Hausaufgabenplan für die Woche. Da stehen 5 bis 7 Sachen drauf, die man machen muss. Und die muss man in der Woche einteilen. Ich nehme immer das Handy und stoppe die Zeit. Wir müssten jeden Tag 30 Minuten machen und am Schluss am nächsten Mittwoch auf 150 Minuten kommen oder mehr. Aber die für Freitag, Samstag und Sonntag mache ich alle am Sonntag.

Wenn man weniger als 150 Minuten für alles gehabt hat, stehen unten am Plan noch Zusatzaufgaben, die man machen kann. Aber wenn man alles gemacht hat und auf weniger als 150 Minuten kommt, muss man zur Lehrerin gehen.
Ich möchte mal Architekt werden. (An dieser Stelle meldet sich sein älterer Bruder und flüstert: «Ja, der hat schon früher ganz coole Sachen gebaut und Skizzen gemacht. Das kann er!»)

Enis, 11 Jahre, 5. Klasse

Enis, 11, geht gern zur Schule. Am liebsten mag er das Fach «Mensch und Umwelt».
Enis, 11, geht gern zur Schule. Am liebsten mag er das Fach «Mensch und Umwelt».
Ich gehe gerne zur Schule. Nächstes Jahr haben wir Französisch, darauf freue ich mich. Ich kann bereits dreieinhalb Sprachen: Türkisch, Schweizerdeutsch, Deutsch und Englisch – Englisch kann ich nur so halb. Beim Englisch mache ich auch die Hausaufgaben nicht so gerne. Aber die anderen Fächer sind cool! «Mensch und Umwelt» zum Beispiel, weil ich die Aufgaben wirklich verstehe und richtig machen kann.
Meine Hausaufgaben mache ich entweder zu Hause oder in der Hausaufgabenhilfe in der Schule. In der Schule mache ich zuerst Deutsch, weil ich da am meisten Hilfe brauche. Wenn ich das geschafft habe, geht es weiter mit Mathe. Wenn ich für Deutsch zu lange brauche, kann ich Mathe gut zu Hause machen. Zu Hause kann ich mich aber nicht so gut konzentrieren. Da sehe ich die anderen Kinder. Und wenn mein Bruder die Aufgaben gemacht hat, kann ich mich gar nicht mehr konzentrieren. Dann denke ich: «Oh, Mann, jetzt muss ich auch fertig werden.» Dann mache ich sie schnell, aber falsch. In der Hausaufgabenbetreuung ist das besser. Da kann ich sagen: «Oh, cool, ich bin der Erste, der eine Aufgabe fertig hat!»
Wenn ich Mathe in der Hausaufgabenhilfe schaffe, kann ich das schwere Buch gleich in der Schule lassen. Die findet nämlich in meinem Schulzimmer statt. Wenn ich ganz schnell bin, kann ich sogar den ganzen Thek dort lassen und muss an dem Tag zu Hause nichts mehr machen. Das ist cool, dann habe ich wirklich frei und kann draussen mit den Kollegen spielen. Bei der Hausaufgabenhilfe kann man sich auch gegenseitig helfen. Wenn mein Freund etwas nicht versteht, erkläre ich es ihm. In der Schule haben wir eine Magnettafel mit allen Hausaufgaben. Ich schreibe sie in mein Hausaufgabenheft, und manchmal kontrolliere ich noch, ob ich alles richtig abgeschrieben habe. Bei den Hausaufgaben übers Wochenende erinnert mich die Mama manchmal daran. Dann mache ich ein wenig am Freitag, am Samstag und Sonntag – ich verteile das über die Tage. Das finde ich gut, dann ist es nicht so viel auf einmal.

Im Fach «Mensch und Umwelt» reden wir über alte Zeiten oder wer was erfunden hat. Da erfährt man, wie Sachen entwickelt wurden. Zum Beispiel: Wie kann man einen kleinen Baum schnell wachsen lassen, pro Tag einen Zentimeter? Das war beim Thema Samen und Bäume. Jetzt reden wir über Katzen.
Was ich nicht so mag an der Schule, ist, dass wir so viele sind – jetzt sind wir 27, nach den Ferien 28. Es ist manchmal so laut, dass ich gar nicht aufpassen kann. Wenn ich gross bin, möchte ich Computerspezialist werden – oder etwas anderes, da bin ich mir noch nicht so sicher.

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