9 Tipps gegen Knatsch bei den Hausaufgaben
Merken
Drucken

9 Tipps gegen Knatsch bei den Hausaufgaben

Lesedauer: 3 Minuten

Hausaufgaben sind in vielen Familien ein dauerndes Reizthema. Familiencoach Liselotte Braun beantwortet die häufigsten Elternfragen.

Text: Claudia Landolt
Bild: Adobe Stock

1. Wie lassen sich Machtkämpfe vermeiden?

Hausaufgaben sind in erster Linie eine Sache zwischen Kind und Lehrperson. Viele Eltern fühlen sich jedoch voll dafür verantwortlich. Aus Angst um die beruflichen Chancen ihrer Kinder üben sie bewusst oder unbewusst Druck aus. Dies bewirkt meist Widerstand, und es entsteht ein Machtkampf. Wenn Eltern Verantwortung abgeben und das Kind ermutigen, selbstverantwortlich die Ufzgi zu machen, ist das Kind kooperativer. Es wird in seinem Selbstbewusstsein gestärkt und lernt für die Zukunft.

Das Bewusstsein, dass Hausaufgaben nicht in der Verantwortung der Eltern sind, hilft, dem Kind in Ruhe zu begegnen.

2. Was tun, wenn der Hausaufgaben-Streit eskaliert?

Bei Konflikten gilt erst einmal: sich beruhigen, durchatmen, das Kind nicht anschreien. Das Bewusstsein, dass Hausaufgaben nicht in der Verantwortung der Eltern sind, hilft, dem Kind in Ruhe zu begegnen. So können Eltern die Unlust oder die Wut des Kindes akzeptieren: «Es sieht so aus, als hättest du überhaupt keinen Bock, die Ufzgi zu machen – weil es so viele oder weil sie so schwierig sind?»

Liselotte Braun arbeitet seit über zehn Jahren als Eltern- und Familiencoach. Einen Schwerpunkt legt sie dabei auf das Konzept der neuen Autorität. Sie ist Mutter von zwei Töchtern und lebt im Kanton St. Gallen.

Dadurch fühlt sich das Kind verstanden. Vielleicht äussert es dann plötzlich, was eigentlich der Hintergrund seiner Unlust ist. Oder die Lösung besteht darin, die Hausaufgaben auf später zu verschieben. Mit der respektvoll ausgesprochenen Aussage «Du kannst die Ufzgi machen, dann hast du alles erledigt, oder du machst sie nicht und riskierst einen Eintrag – du entscheidest», übertragen die Eltern dem Kind die Verantwortung, und es lernt aus den Folgen seiner Entscheidung.

3. Aber was, wenn Sie Angst vor einem Verweis  haben?

Viele Eltern wollen das Kind vor einem negativen Erlebnis wie z. B. einem Verweis bewahren. Sie nehmen ihm aber damit die Erfahrung, welche Folgen seine Entscheidung hat. Eine solche Erfahrung darf man dem Kind zutrauen. Wichtig ist, dass Eltern bei einem negativen Erlebnis nicht moralisieren und sagen: «Siehst du, ich habs dir ja gesagt!»  

4. Was tun, wenn Hausaufgaben zu lange dauern?

Dafür gibt es verschiedene Gründe. Manchmal macht das Kind zu viele Hausaufgaben, weil ihm der Auftrag nicht klar ist oder es etwas falsch verstanden hat. Oft erlebe ich auch, dass das Kind mit diesem Verhalten die Aufmerksamkeit der Eltern sucht. Es denkt: «Wenn ich Probleme habe, sind meine Eltern da und haben Zeit für mich.» Oder aber seine Erfahrung lehrt es, dass die Eltern schliesslich die Aufgaben lösen.

Hilfreich ist es, immer wieder mal eine kurze Pause einzuschieben.

Es gibt aber auch Kinder, die überfordert und sehr entmutigt sind, weil sie die erwartete Leistung nicht erbringen können. Weiter überschätzen Eltern oft die Konzentrationsfähigkeit des Kindes. Hilfreich ist es, immer wieder mal eine kurze Pause einzuschieben.

5. Sollten Eltern bei den Hausaufgaben helfen? 

Eltern helfen manchmal, damit das Kind schneller fertig ist. Doch so lernt es nicht, auch mal an etwas dranzubleiben. Andere Eltern helfen, um bei der Lehrperson einen guten Eindruck zu machen. Die Lehrperson weiss dann aber nicht, was das Kind effektiv verstanden hat. Sinnvoller ist es, bei andauernden Problemen das Gespräch mit der Lehrperson zu suchen.

Hausaufgaben sind oft auch ein Punkt, um bestehende Spannungen auszutragen.

6. Sollten Eltern danebensitzen?

Keinesfalls sollten Eltern die ganze Zeit neben dem Kind sitzen. Das vermittelt dem Kind das Gefühl: «Ich kann es nicht allein.» Wenn das Kind die Hausaufgaben noch nicht selbständig erledigt, können die Eltern fragen, was an Hausaufgaben ansteht, und das Kind entscheidet, womit es beginnen will. Bei konkreten Fragen können Eltern natürlich Hilfe bieten. Die Initiative muss jedoch vom Kind kommen. Viele Kinder mögen es, die Aufgaben dort zu erledigen, wo sich die Mutter, der Vater oder die Geschwister aufhalten. Oft ist das der Küchen- oder Wohnzimmertisch.

7. Was tun, wenn das Kind die Hausaufgaben immer wieder vergisst? Oder gar keine Lust hat?

Dann kann man fragen: Was würde dir helfen, dran zu denken? Was macht dir denn genau keine Lust? Oder man schreibt zusammen mit dem Kind eine To-do-Liste mit den verschiedenen Hausaufgaben, inklusive Pausenzeiten. Manche Kinder spornt es an, die erledigten Sachen abhaken zu können.

8. Was antworten, wenn das Kind denkt: Das schaffe ich ja doch nicht.

Entmutigte Kinder benötigen viel Ermutigung, schon die kleinste Bemühung sollte beachtet und positiv bestätigt werden. Mit der Zeit sind die Eltern manchmal selber entmutigt oder hilflos. Das spürt das Kind und wird noch entmutigter. Oft ist da eine externe Aufgabenhilfe sinnvoll. Wichtig ist auch, dass sich Eltern Hilfe holen.

Oft sind Hausaufgaben auch ein möglicher Punkt, um bestehende Spannungen auszutragen. Wenn es etwa Krach in der Schule gab, oder das Kind sich von einer Lehrperson oder den Eltern nicht verstanden fühlt. Dann ist es wichtig, dass die Eltern dem Kind zuhören und seine Gefühle ernst nehmen.

9. Sollte es feste Zeiten für die Hausaufgaben geben?

Es ist sicher hilfreich, wenn es eine gewisse Routine gibt. Kinder sind jedoch unterschiedlich. Manche brauchen Unterstützung, wie z. B. einen Arbeitsplan. Andere sind sehr selbständig, da reicht es zu fragen: «Wann machst du die Hausaufgaben, vor oder nach dem Spielen? Du entscheidest.» Die Abmachung sollte dann auch eingehalten werden.

STEP – Selbstvertrauen von Eltern und Kindern stärken

Das Systematische Training für Eltern und Pädagogen (STEP) basiert auf liebevoll-konsequenter Erziehung, Anerkennung und Ermutigung.

Ziel ist, das Selbstvertrauen von Eltern und Kindern zu stärken, sodass Eltern lernen, dem Entwicklungsprozess der Kinder zu vertrauen und sie dabei zu begleiten, zu fordern und zu fördern.

Grundlage von STEP ist die Individualpsychologie nach Alfred Adler und Rudolf Dreikurs. www.instep-online.ch

Claudia Landolt
ist Mutter von vier Söhnen und diplomierte Yogalehrerin.

Alle Artikel von Claudia Landolt

Mehr zum Thema Hausaufgaben

Blog
Wie Kinder lernen können, sich besser zu konzentrieren
Nach einem langen Schultag fällt es vielen Kindern schwer, sich auf ihre Hausaufgaben zu fokussieren und ihre Konzentration darauf zu lenken. Was dabei hilft.
24-04 mercator-hausaufgaben-tipps-elternmagazin-sandra-markert hg
Lernen
Hausaufgaben – die Beziehung zum Kind geht vor
Hausaufgaben seien eine Belastung für ihr Kind, sagen viele Eltern. Mit diesen Tipps gelingt das Lernen zu Hause.
Kinder im Wachstum brauchen ausreichend Vitamine und Vitamin B Strath
Advertorial
Was Kinder zum gross werden brauchen
Für ein gesundes Wachstum benötigen Kinder Vitamine, Mineralstoffe, lebenswichtige Fette – und vieles mehr.
2403 Ritual erleichtern Familienalltag Christian Hugi Primarlehrer LCH Elternmagazin Fritz Fraenzi Hausaufgaben Zähneputzen HG
Familienleben
Rituale – die wertvollen Anker im Alltag
Dank Routinen verlaufen Familien- und Schulalltag entspannter. Die Bedürfnisse der Kinder müssen dabei mitberücksichtigt werden.
Lernen
«Noten sind kein geeignetes Feedbackinstrument»
Kompetenzorientierung und Noten passen nicht zusammen, sagt Bildungsforscher Urs Moser. Einer Abschaffung der Noten steht er aber skeptisch gegenüber.
Hausaufgaben ohne Diskussionen
Erziehung
Hausaufgaben: So klappt es ohne Diskussionen
Manche Kinder können den Hausaufgaben wenig abgewinnen: Das ist so langweilig! Warum muss ich das machen? Was Sie als Eltern tun können.
Lernen
So gehen Kinder gerne in die Schule
Viele Kinder starten mit Freude in die erste Klasse. Damit dies so bleibt, müssen drei psychologische Grundbedürfnisse erfüllt sein.
Schulanfang: 12 Fragen zur ersten Klasse
Schule
Schulanfang: 12 Fragen zur ersten Klasse
Einiges ändert sich für Kinder und Eltern mit dem Übertritt in die Primarschule. Antworten auf die wichtigsten  Fragen zum neuen Schulalltag.
Zankapfel Hausaufgaben
Lernen
Zankapfel Hausaufgaben – unverzichtbar oder überholt?
Warum bergen Hausaufgaben so viel Zündstoff und sind der Anlass für unzählige kontroverse Debatten? Ein Erklärungsversuch.
Elternbildung
«Noah muss es selbst ausbaden, wenn er morgens zu spät kommt»
Verleger Ronny Spiegelberg und sein Teenager-Sohn sind ein eingespieltes Team – auch was den Umgang mit stressigen Situationen angeht.
Wie helfe ich meinem Kind in Mathe?
Erziehung
Wie helfe ich meinem Kind in Mathe?
Ihr Kind steht bei den Mathe-Hausaufgaben an und kommt nicht weiter. Frust macht sich breit und Ihr Kind bittet Sie um Hilfe.
Wie wird mein Kind selbständiger?
Erziehung
Wie wird mein Kind selbständiger?
Nervt es Sie manchmal, wenn Ihr Kind Sie ständig um Hilfe bittet und – beispielsweise – bei den Hausaufgaben nichts alleine macht?
5 Konflikte und wie Eltern hier sinnvoll Grenzen setzen
Erziehung
5 Konflikte und wie Eltern hier sinnvoll Grenzen setzen
Psychologin Sarah Zanoni kommentiert 5 typische Konfliktsituationen und sagt, wie Väter und Mütter darauf reagieren können.
Erziehung
5 Tipps gegen Stress mit Hausaufgaben
Die Schule ist Streitthema Nummer eins zwischen Eltern und Kindern. Welches Verhalten im Konfliktfall angebracht ist, sagt Jolanda Hohl, Primarlehrerin, Lern- und Familiencoach.
Elternbildung
Hilf mir, es selbst zu tun
Hausaufgaben sorgen in vielen Familien regelmässig für Streit. Sie sollten und können jedoch für Eltern eine Brücke zur Schule sein – und das Kind beim Lernen unterstützen.
Elternbildung
«Eltern können die Einstellung ihrer Kinder gegenüber der Schule positiv beeinflussen»
Die Psychologin Sharon Wolf ist der Frage nachgegangen, wie sehr Eltern in der Schule ihres Kindes präsent sein sollen. Sie erläutert ein Programm, das die Beziehung zwischen Schule und Elternhaus verbessern soll.
Lernen
«Wir strengen uns gerne an, wenn uns der Stoff interessiert»
Bildungsforscher Ulrich Trautwein über die Lust am Lernen, was Eltern undLehrpersonen tun können, wenn es an Motivation mangelt, und warum Kindernicht zum Büffeln verdonnert werden sollten.
Elternbildung
Muss ich mich wirklich um die Ufzgi meines Kindes kümmern?
Hausaufgaben sind in vielen Familien ein ständiger Brennpunkt. Welche Rolle soll man dabei als Mutter oder als Vater einnehmen?
Elternbildung
Wie motiviere ich mein Kind für Hausaufgaben?
Hausaufgaben sorgen in vielen Familien für Konflikte. Welche Rolle soll man dabei als Mutter oder als Vater einnehmen? Wir haben ein ganzes Dossier zu diesem Thema.
Verträumte Kinder unter Druck
Entwicklung
Verträumte Kinder unter Druck
Sich konzentrieren, zuhören, selbständig arbeiten: Manchen Schulkindern bereitet das grosse Mühe. Warum neigen Kinder zum Tagträumen?
Stefanie Rietzler
Familienleben
Mein Kind kann keine Hilfe annehmen
Beim gemeinsamen Lernen kracht es oft zwischen Eltern und Kindern. Dabei kann Streit vermieden werden, wenn Mütter und Väter mehr Fragen stellen, weiss unsere Kolumnistin Stefanie Rietzler.
Das grosse Abschiedsinterview von Beat W. Zemp
Gesellschaft
«Es gibt keinen Lehrermangel»
Seit 30 Jahren präsidiert Beat W. Zemp den Dachverband der Schweizer Lehrerinnen und Lehrer LCH. Diesen Juli scheidet er aus dem Amt. Das grosse Interview.
Ist unser Schulsystem krank?
Gesellschaft
Daniel Burg, woran krankt unser Schulsystem?
Schulleiter Dani Burg hat das System zweier Sekundarschulen umgekrempelt. Er sagt: Unser Schulsystem ist krank. Er erklärt uns weshalb.
Leser fragen Fabian Grolimund zum Thema Lernen mit Kindern
Gesellschaft
«Mutige Eltern filmen sich selbst bei der Hausaufgaben-Hilfe!»
Live-Video-Interview: Eltern fragen den Psychologen Fabian Grolimund, wie sie Ihren Kindern beim Lernen helfen können.
Wenn Schüler die Hausaufgaben selbst wählen
Gesellschaft
«Hausaufgaben sollen den Kindern Freude machen»
3 Fragen an Achim Arn, Lehrer in Wil. Bei ihnen bestimmen die Schülerinnen und Schüler die Menge und das Niveau der Hausaufgaben selbst. Wie funktioniert das?