Herr Kühmayer, wie sieht die Berufslaufbahn der Zukunft aus? - Das Schweizer ElternMagazin Fritz+Fränzi
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Herr Kühmayer, wie sieht die Berufslaufbahn der Zukunft aus?

Lesedauer: 2 Minuten

Trendforscher Franz Kühmayer über die Digitalisierung als Chance, schwere 
Zeiten für Spezialisten und die Frage, auf welche Veränderungen sich ein heute 15-Jähriger in seinem künftigen Berufsleben einstellen muss. 

Herr Kühmayer, welche Arbeit bleibt den Menschen, was übernehmen die Maschinen?

Andersrum gefragt: Welche Arbeit würden Sie gerne einem Roboter wegnehmen? Der Mensch ist ein soziales und schöpferisches Wesen. Diese beiden Eigenschaften werden Maschinen auch auf lange Zeit hin nicht besitzen. Daher bringt uns die Digitalisierung unserer Menschlichkeit näher – das sind doch gute Nachrichten!
Franz Kühmayer war nach dem Studium der Physik und der Informatik für mehrere internationale IT-Unternehmen in leitender Position tätig. Seit einigen Jahren forscht und referiert der Österreicher als Trendforscher am Zukunfts­institut in Frankfurt und für das österreichische Beratungsunternehmen KSPM zur Zukunft der Arbeitswelt.
Franz Kühmayer war nach dem Studium der Physik und der Informatik für mehrere internationale IT-Unternehmen in leitender Position tätig. Seit einigen Jahren forscht und referiert der Österreicher als Trendforscher am Zukunfts­institut in Frankfurt und für das österreichische Beratungsunternehmen KSPM zur Zukunft der Arbeitswelt.

Wird denn auch die digitale Revolution – wie die industrielle – mehr Jobs schaffen als vernichten?

Es gibt eine Gemeinsamkeit der aktuellen Automatisierungswelle zu früheren: Berufe mit hohem Routineanteil und niedriger Qualifikation werden verschwinden. Das betrifft nicht nur manuelle Tätigkeiten oder Produktionsarbeit, sondern auch Bürojobs, also Wissensarbeit. Neu ist, dass durch lernende Systeme und künstliche Intelligenz auch in Berufen, die eine hohe Qualifikation erfordern, Veränderungen spürbar werden. Ein Beispiel: Künstliche Intelligenz kann mittlerweile bestimmte Krankheits­bilder besser erkennen als Ärzte. Brauchen wir also in Zukunft keine Ärzte mehr? Doch, absolut! Nur werden sich ihre Rolle und ihr Aufgabengebiet verändern.

Aktuell herrscht ein Mangel an Fachkräften, sowohl an Hand­werkern wie an Ingenieuren. Werden in Zukunft Generalisten gefragt sein, die verschiedene Tätigkeiten verbinden können?

Ich denke, erfolgreiche Menschen sind wie Reissnägel: Sie haben eine breite Aufstandsfläche und reichen in einem Gebiet relativ tief ins Detail. Umgekehrt werden es künftig Spezialisten mit enorm hohem Fachwissen, aber sehr geringer Anschlussfähigkeit zu anderen Menschen schwer haben. Der Wandel geht so rasant voran, dass wir nur gemeinsam zu guten Ergebnissen kommen können. 

Auch für gut Ausgebildete wird die Konkurrenz härter. Programmierer aus der Ukraine und Sekretärinnen in Indien bieten Dienstleistungen auf hohem Niveau und zu Preisen, mit denen ihre mitteleuropäischen Kollegen nicht mithalten können. Wie stark betrifft diese Entwicklung die Beschäftigten in der Schweiz?

Den Wettbewerb gibt es natürlich. Wenn aber jemand, der trotz vieler tausend Kilometer Entfernung, ohne Kontakte und hiesige Sprachkenntnisse, mir meinen Arbeitsplatz streitig machen kann, sagt das vor allem etwas über mich selbst aus! Klar ist: Über die Kostenschiene können wir den globalen Wettbewerb nicht gewinnen, sondern nur über hochwertigere Leistung, smartere Produkte und bessere Qualifikation. Die Globalisierung drückt uns nicht hinaus, sondern weiter nach oben. Für ein Hochlohnland wie die Schweiz, die bekannt ist für Topqualität, sind das gute Nachrichten.

Die 15-Jährigen von heute steigen noch ähnlich ins Berufs­leben ein wie ihre Eltern. Welche Verände­rungen der Arbeitswelt erwarten sie im Laufe ihres Berufslebens?

Die Gestaltung des Lebenslaufs hat sich geändert – von einem relativ stabilen Blick auf eine lebenslange Karriere zu einem Portfolio unterschiedlicher Berufe, die Menschen im Laufe eines Lebens annehmen, und entsprechend kürzeren Verweildauern in Unternehmen. Und die Einstellung zum Wert der Arbeit hat sich verändert: Der materielle Aufstieg hat gegenüber qualitativen Kriterien an Bedeutung verloren, wie beispielsweise Sinn in der Arbeit zu finden. Und natürlich hat sich die Struktur und Organisation von Arbeit geändert: Sie ist viel mehr an Innovation ausgerichtet, viel stärker projekt­orientiert und viel dynamischer.
Die Gestaltung des Lebenslaufs hat sich geändert – von einem relativ stabilen Blick auf eine lebenslange Karriere zu einem Portfolio unterschiedlicher Berufe, die Menschen im Laufe eines Lebens annehmen, und entsprechend kürzeren Verweildauern in Unternehmen. Und die Einstellung zum Wert der Arbeit hat sich verändert: Der materielle Aufstieg hat gegenüber qualitativen Kriterien an Bedeutung verloren, wie beispielsweise Sinn in der Arbeit zu finden. Und natürlich hat sich die Struktur und Organisation von Arbeit geändert: Sie ist viel mehr an Innovation ausgerichtet, viel stärker projekt­orientiert und viel dynamischer.

Bild: istock

(2/2) ... das beiliegende Berufswahl-Spezial-Heft.
Dieser Text stammt aus unserem Berufswahl-Spezialheft, das der Maiausgabe des Schweizer ElternMagazin Fritz + Fränzi 2018 beiliegt. Das ganze Magazin können Sie hier bestellen.

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