«Am Gymi bin ich schon ein Exot»

Elia Zurfluh, 17, aus Wolhusen LU ist Bauernsohn. Diesem Leben verdanke er seine Gelassenheit, die ihm nun am Gymnasium zugutekomme.
Ich verbringe aktuell viel Zeit in der Werkstatt, da arbeite ich an meiner Maturaarbeit. Ich baue ein Holzboot, 1,3 auf 2,5 Meter. Meine Eltern haben einen Bauernhof, im Sommer sind wir auf der Alp, hüten Rinder und Kühe, melken und käsen. Mein Schulweg da runter dauert zwei Stunden, darum darf ich eine Viertelstunde später zum Unterricht antreten.
Als Bauernsohn bin ich an der Kanti ein Exot. Nicht, dass mir daraus je ein Nachteil erwachsen wäre, mir gehts prima. Aber es ist schon so, dass die Zweiklassengesellschaft, von der man öfter mal liest, im Gymnasium zur Geltung kommt: Da sind nicht nur Akademikerkinder, aber doch recht wenige aus einfacheren Familien.
Ich selber bin froh um mein Leben als Bauernsohn, um die Arbeit mit den Händen, die Tatsache, dass wir zu Hause auch andere Themen haben als Schule. Ich bin dadurch ausgeglichener als viele Mitschüler.
Ich beobachte, wie sich vor allem Mädchen stark unter Druck setzen, weil sie und ihre Eltern glauben, man habe ohne Matura schlechte Karten im Leben. Entsprechend gehen viele aufs Gymnasium, bloss weil sie denken, es gehöre sich so. Das finde ich schade.
Kein Raum für Alltagswissen am Gymnasium
Mir gefällt das Gymnasium, aber mich stört, dass vieles abstrakt ist, das Praktische zu kurz kommt. Damit meine ich nicht nur Handwerkliches, sondern auch andere Dinge, die im Alltag wichtig wären. Ich fragte mal einen Lehrer, warum man uns nicht beibringe, eine Steuererklärung auszufüllen. Er meinte, wir lernten ja das Recherchieren und könnten uns in solchen Fragen an Google wenden. Das überzeugt mich nicht.
Viele von uns wollen später an die Uni, ich kann mir Verschiedenes vorstellen: Ein Ingenieurstudium zum Beispiel, aber auch die Lehre zum Bootsbauer. Auf jeden Fall will ich nicht nur mit dem Kopf arbeiten.