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Was hat Bindung mit Schule zu tun?

Lesedauer: 1 Minuten

Die Kinder kommen mit dem Bedürfnis nach Bindung in die Schule und suchen sich dort Bezugspersonen aus, die für ihre weitere Entwicklung wichtig werden. Entscheidend ist, wie die Lehrpersonen mit den Bedürfnissen der Kinder umgehen.

Bindung und Bildung hängen eng miteinander zusammen. Kinder tragen frühe, in der Familie erworbene Bindungsmuster in neue Beziehungen. Und damit auch in die Schule, zu Lehrpersonen. Das heisst: Vorhandene Bindungsmuster werden in der Lehrer-Schüler-Beziehung quasi wiederbelebt. Weil Pädagogen viel Zeit mit den Kindern verbringen – oft mehr als die Eltern selbst –, haben diese einen grossen Einfluss auf ihre Entwicklung. Dies ist besonders in Stress­situationen wichtig.

«Stress bedeutet, dass das Kind sich weniger gut auf schulische Inhalte konzentrieren kann, weil die Wahrnehmung eingeengt und auf die Stresssituation ausgerichtet ist», sagt der Schul­psychologe Kurt Bollhalder in einer Schulinformation des Kantons Zug. «Die Gedächtnisleistung nimmt ab, die körperliche Unruhe nimmt vielleicht zu und man flieht in eine Fantasie­welt, schweift gedanklich ab oder wird teilnahmslos.» Auch Angst verhindert, neu zu lern­ende Inhalte mit bereits bekannten Inhalten zu verknüpfen.

Sicher gebundene Kinder haben den Mut und das Vertrauen, nach Hilfe und Unterstützung zu fragen.

Stress haben Kinder schon früh: Wenn sie Hunger oder Angst vor neuen Situationen haben, wenn sie sich alleine fühlen. Mit Hilfe ihrer engsten und bevorzugten Bezugsperson lernen sie aber, damit umzugehen. Dieses gute Bindungsverhalten hilft später in der Schule, wenn sie Stress haben, beispielsweise Versagens­ängste, Prüfungsangst oder soziale Ängste in der Gruppe.

Gut und sicher gebundene Kinder haben dann den Mut und das Vertrauen, nach Hilfe und Unterstützung zu fragen, verfügen laut Forschung über ein relativ gutes Selbstbewusstsein, sind psychisch robuster und haben qualitativ bessere Beziehungen zu Gleichaltrigen. Aber auch sie sind auf feinfühlige Personen in der Schule angewiesen.

Noch mehr sind das diejenigen Kinder, die unsicher gebunden sind, die also eine Bezugsperson hatten oder haben, die nicht oder nur ungenügend in der Lage war/ist, dem Kind Sicherheit und Schutz zu bieten.  Dessen Wunsch, die Umgebung und Neues zu erkunden, ist folglich beeinträchtigt und von Furcht geprägt. Deshalb trauen sich diese Kinder weniger, nach Unterstützung zu fragen oder ihre Wünsche auszudrücken.

«Psychische Sicherheit in der Schule erfährt das bindungs­unsichere Kind nur durch eine Beziehung zum Lehrer, der seine kindlichen Bedürfnisse erkennen und angemessen auf die zugrundeliegende Beziehungsproblematik reagieren kann», erklärt der Psychologe Claus Koch.

4 Tipps für Lehrpersonen:
  1. Nicht die Länge des Gesprächs mit dem Kind ist entscheidend, sondern die Qualität. Diese zeigt sich oft nonverbal, durch Stimme, Tonfall, Gestik und Blick – darauf muss geachtet werden.
  2. Wer während des Unterrichts ab und zu umhergeht und kurze, wertschätzende Bemerkungen macht, verleiht den Schülern Sicherheit.
  3. Ermutigende Bemerkungen und positive Signale, ein liebevoller Blick und eine freundliche Stimme tun dem Kind gut.
  4. Eine ritualisierte persönliche Begrüssung vor oder Verabschiedung nach dem Unterricht vermittelt ebenfalls Sicherheit.

Claudia Landolt
ist Mutter von vier Söhnen und diplomierte Yogalehrerin.

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