«Wir leben Respekt und Toleranz vor» - Das Schweizer ElternMagazin Fritz+Fränzi
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«Wir leben Respekt und Toleranz vor»

Lesedauer: 2 Minuten

Ich erzähle

Marcelle Graf, 38, ist Buchhalterin und Assistentin der Geschäftsleitung in einem Planerbüro. Der Vater ihrer Söhne Ariseo, 11, und Nelio, 9, wohnt auch in St. allen und ist trotz ­Trennung für die Kinder präsent.

«Trotz unserer Trennung vor knapp zehn Jahren spielt der Vater meiner Söhne eine wichtige Rolle in ihrem Leben. In dieser Hinsicht sind wir gute Vorbilder dafür, dass man nach einer Trennung ein freundschaftliches Verhältnis pflegen kann. Da die Kinder bei mir wohnen, liegt der Hauptteil der Erziehung und Verantwortung in meiner Hand. Doch der Papa wird immer mit ins Boot geholt, wenn es nötig ist: Er nimmt an Elternabenden teil, ist an Schulaufführungen dabei, besondere Ereignisse wie die Erstkommunion planen und feiern wir gemeinsam.

Ich möchte, dass sie verstehen, dass die Persönlichkeit und das Handeln zeigen, wer ein Mensch wirklich ist.

Wir leben Respekt und Toleranz vor, Werte, die mir wichtig sind. Das heisst, ein Gefühl dafür zu haben, dass der andere anders ist und dass ich ihn so anerkenne und akzeptiere. Das betrifft alle ­Menschen, die sich durch verschiedenste Ansichten, aber auch in ihrem Aussehen, ihrer Kultur und ihrer Herkunft unterscheiden.
 
Vor ein paar Jahren erzählten mir die Kids, dass ein Junge in der Schule kein Schweinefleisch isst. Ich erklärte, dass der Bub dem Islam angehört, einer Religion, die die beiden bis dahin noch nicht kannten. Und so diskutierten wir über das Thema, dass andere Religionen und Kulturen auch andere Traditionen und Gepflogenheiten leben. Ich möchte, dass sie verstehen, dass nicht das Oberflächliche den Menschen ausmacht, sondern seine Persönlichkeit und sein Handeln zeigen, wer er wirklich ist.
 
Für mich ist es wichtig, dass wir offen über alles reden. Auch neulich, als der Kleine von älteren Kindern vom Spielhügel geschubst wurde und in eine Prügelei geriet. Ich habe ihm deutlich gesagt, dass es eine schwierige Situation für ihn war, aber Gewalt keine Lösung ist. Auch wenn Reden nichts bringt, soll er sich nicht raufen, sondern lieber Hilfe holen.

Obwohl wir eine temperamentvolle Familie sind, geht es harmonisch und sehr liebevoll bei uns zu. Dass Liebe für uns alle so wichtig ist, hat Nelio an seiner Erstkommunion erklärt: Er sagte, dass Liebe alles sei, was man brauche, und wer sie nicht bekomme, sei traurig und allein. Solche Momente machen mich glücklich.»



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