15 Erziehungsmythen auf dem Prüfstand - Das Schweizer ElternMagazin Fritz+Fränzi
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15 Erziehungsmythen auf dem Prüfstand

Lesedauer: 4 Minuten

Liebe Eltern, entspannt Euch!

Egal ob Freunde, Grosseltern oder das Internet: Alle haben ihr eigenes Wissen und eine klare Meinung, wenn es um die Kindererziehung geht. Die neue Imagekampagne der Stiftung Elternsein, Herausgeberin des Schweizer ElternMagazins Fritz+Fränzi, klärt die gängigsten Erziehungsmythen mit einer gesunden Portion Humor auf. 
Was ist dran an den bekannten Mythen der Kindererziehung? Welche treffen tatsächlich zu und welche machen Kindern und Eltern das Leben unnötig schwer? Welche beinhalten ein Körnchen Wahrheit – und welche sind kompletter Unfug? In einer neuen Inseratekampagne der Stiftung Elternsein, Herausgeberin des Schweizer ElternMagazins Fritz+Fränzi, gehen wir 15 Erziehungsmythen auf den Grund und lassen Expertinnen und Experten zu Wort kommen.
 
Warum halten sich Erziehungsmythen so hartnäckig? Kaum etwas stresst Eltern mehr als der Gedanke, bei der Erziehung etwas falsch zu machen. Aber was genau ist ein Erziehungsfehler? Wer definiert, was richtig und was falsch ist? Lassen sich Erziehungsfehler wieder ausbügeln?
 
Mit diesen Fragen hat sich Psychologe und Lerncoach Fabian Grolimund in einer Kolumne für das Schweizer ElternMagazin Fritz+Fränzi beschäftigt. Wir geben den Text leicht gekürzt wieder.

Alle Erziehungsmythen im Überblick:

Ich bin kein Verfechter einer bestimmten Erziehungsideologie oder -methode. Für mich ist Erziehung dann gelungen, wenn sie dazu beiträgt, dass Kinder als Erwachsene sagen können: Ich kenne mich, ich kann mich selbst annehmen, ich weiss, was ich möchte, ich bin in der Lage, mit anderen Menschen gute Beziehungen aufzubauen und die Welt um mich herum in positiver Weise mitzugestalten.
 
Was ein Erziehungsfehler ist, möchte ich daher auch nicht an einer bestimmten Erziehungsideologie festmachen. Aber wir können einen Blick in die Therapiezimmer werfen und uns fragen: Welche Erfahrungen mit den eigenen Eltern waren so verletzend, dass sie Menschen auch als Erwachsene nicht loslassen, ihnen die Lebensfreude stehlen und sie psychisch krank machen?
 
Wenn wir uns diese Frage stellen, stossen wir fast unweigerlich auf eine Reihe von psychologischen Grundbedürfnissen, die jeder Mensch hat. Werden diese über längere Zeit verletzt, kann dies gravierende Folgen für die Entwicklung eines Menschen haben. Zu diesen Grundbedürfnissen zählen beispielsweise das Bedürfnis nach Sicherheit, Bindung, Autonomie, Wertschätzung und Kompetenz.
 
Aus diesen Bedürfnissen können wir eine Reihe von Grundüberzeugungen ableiten, die ein Kind entwickeln sollte. Und ich glaube, wir dürfen von einem Fehler sprechen, wenn Eltern mit einem Kind auf eine Art und Weise in Kontakt treten, die das Gegenteil bewirkt.

Eltern als Quelle der Angst?

Kinder müssen sich in der Beziehung zu ihren Eltern sicher fühlen. Dazu gehört, dass das Kind weiss, dass die Eltern es vor Gefahren schützen, da sind, wenn sie gebraucht werden und verlässlich reagieren. Eltern, die in der Erziehung physische oder psychische Gewalt anwenden, verletzen dieses Bedürfnis und werden für das Kind zu einer Quelle der Angst. Besonders gravierend wirkt sich dies aus, wenn die Eltern unberechenbar sind und das Kind die Gewalt damit nicht ein­mal vorhersehen kann.
 
Kinder fühlen sich auch dann unsicher, wenn ihre Eltern psychisch zu labil sind, um die Elternrolle aus­zufüllen. So übernehmen beispiels­weise Kinder von depressiven oder alkoholkranken Eltern oft sehr früh viel Verantwortung und passen sogar auf die eigenen Eltern auf. Manchmal geht dies so weit, dass die Kinder oder Jugendlichen die Eltern nicht aus den Augen lassen wollen, weil sie Angst haben, diese würden sich in einem unbeobachteten Moment das Leben nehmen.
 
 Es kommt auch immer wieder vor, dass Eltern ihre Stimmung und ihre Gefühle ungefiltert auf die Beziehung zum Kind übertragen: Wenn sie gut gelaunt sind, über­häufen sie das Kind mit Liebe und Zuneigung, sind aber am nächsten Tag schon wieder so mit sich selbst beschäftigt, dass sie distanziert wir­ken und ungeduldig sind. Derartige Muster schüren beim Kind eine grundlegende Unsicherheit. Sie sind in der Folge permanent damit beschäftigt, sich an die Eltern und deren Launen anzupassen.

Eine Liebe, die an Bedingungen geknüpft ist

Für eine gesunde Entwicklung sollte sich ein Kind nicht nur sicher fühlen. Es sollte wissen, dass es geliebt wird. Wenn ein Kind die Erfahrung machen darf, dass es nicht allein ist, die Eltern sich Zeit nehmen, das Zusammensein mit ihm geniessen, zuhören und sich freuen, dass es da ist, machen sie ihrem Kind ein wich­tiges Geschenk.
 
Nicht alle Kinder dürfen diese Erfahrung machen. Manche Eltern geben ihren Kindern zu verstehen, dass sie ein Klotz am Bein sind. Sie sagen ihnen ganz offen Sätze wie «Du bist einfach unmöglich! Wegen dir haben wir ständig Probleme!» oder «Ich muss für dich auf so vieles verzichten!». Ein Kind möchte nicht nur geliebt werden. Es möchte als der Mensch geliebt werden, der es nun einmal ist. Und es möchte sein Leben selbst gestalten und eigene Entscheidungen treffen können.
 
Manchen Eltern fällt es nicht leicht, ihr Kind so anzunehmen, wie es ist, und es eigene Wege gehen zu lassen. Sie haben eine Vorstellung im Kopf, von der sie sich nicht lösen können, und knüpfen ihre Liebe an Bedingungen. Sie zeigen dem Kind: Ich liebe dich, wenn du herausragende Leistungen erbringst/etwas Besonderes bist/dich brav an die Regeln hältst/meine Meinungen oder religiösen Überzeugungen teilst. Sie bestrafen das Kind mit Liebesentzug, wenn es die Bedin­gungen nicht erfüllt.
 
Schliesslich haben wir alle ein Bedürfnis nach Kompetenz. Wir möchten die Erfahrung machen, dass wir Herausforderungen meis­tern, unsere Umwelt gestalten und unsere Stärken zum Ausdruck bringen können.
 
Eltern, die ihre Kinder vor anderen lächerlich machen, sie als dumm bezeichnen («Du bist so eine Chaotin! Lernst du es eigentlich nie!?», «Du wirst es nie zu etwas bringen!»), verhindern, dass ihr Kind genügend Selbstvertrauen aufbauen kann.
 
Es ist nie zu spät, sich eigene Fehler ein­zugestehen und dazuzulernen. Nicht alles lässt sich wiedergutmachen, aber einiges lässt sich reparieren. Kinder können ihren Eltern vieles verzeihen, wenn sie einen echten Wandel sehen, die Eltern sich Hilfe holen und destruktive Muster erfolgreich verändern.

(Lesen Sie hier den ganzen Text zum Thema Erziehungsfehler von Fabian Grolimund)

Alle Erziehungsmythen im Überblick:

Erziehungwissen statt Erziehungsmythen!
Alle Mythen finden Sie in unserem Dossier: 15 Erziehungsmythen