«Die Pubertät ist für mich ...» - Das Schweizer ElternMagazin Fritz+Fränzi
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«Die Pubertät ist für mich …»

Lesedauer: 2 Minuten

Die Pubertät verursacht bei den meisten Menschen nur ein ratloses Schulterzucken, da muss man halt durch. Doch wie wird es empfunden, wenn man sich in genau dieser Phase befindet? Wir haben bei einer Pubertierenden und einer Familie nachgefragt.

LARA, 16

«An meine frühe Pubertät erinnere ich mich, weil ich mit 12 Jahren meine Periode bekam. Da begann ich mich auch plötzlich für Kleider zu interessieren, wie ich aussehe und ob ich mich schminken soll. Und zu dieser Zeit begannen auch die Diskussionen mit meinen Eltern, vor allem mit meiner Mutter.

Besonders viel Stress hatten wir mit der Schule, ständig ermahnte sie mich, meine Aufgaben zu machen, zu lernen, obwohl ich einfach keine Lust dazu hatte. Ich glaube, sie wollte unbedingt, dass ich in die Kantonsschule gehe und Matura mache. Aber das Lernen liegt mir einfach nicht so. Ich habe im Sommer eine Lehre als Fachfrau Betreuung begonnen, und das gefällt mir extrem gut. Mittlerweile akzeptiert sie dies auch gut.

Aber früher war es der Horror. Ich wollte lieber mit meinen Freundinnen abmachen, als über Büchern zu brüten. Schule, das bedeutete: Mega-Anschiss. Wenn ich mit einer Drei nach Hause kam, gab es Terror. Heute weiss ich, dass ein bisschen Hilfe bei der Aufgabenplanung und bei Hausaufgaben nicht schaden kann und manchmal sogar notwendig ist. Ich wollte Spass haben, sonst nichts. Wenn es mir zu bunt wurde, packte ich einen Koffer und haute ab. Nur ein paar Strassen weiter. Dort sass ich dann und wartete, bis sie mich wieder abholen kam.

Heute bin ich ein anderer Mensch. Ich verdiene mein eigenes Geld, das finde ich cool. Wenn wir jetzt streiten, geht es zum Beispiel ums Rauchen. Meine Mutter findet es nicht gut, dass ich ab und zu mit Kolleginnen eine Zigarette rauche, aber mein Vater raucht auch, da können sie mir schlecht die Zigis verbieten. Zumal ich es unter Kontrolle habe. Generell finde ich, die Eltern sollten sich weniger Sorgen machen und einfach Vertrauen zu ihren Kindern haben. Und wegen der Schule weniger stressen.»

MINA, 47, MUTTER VON ZWEI KINDERN, 15 UND 17 JAHRE

«Vor drei Jahren brauchte meine Tochter ihren ersten BH. Wir fuhren also in die Stadt, einkaufen. Per Velo. Ich allerdings zehn Meter hinter meiner Tochter. Das war ihre Bedingung. Und im Laden sprach sie mich mit meinem Vornamen an.
Zu Hause sagte sie mir, sie wolle auf keinen Fall mit mir gesehen werden, und wenn, dann so, dass ich als Mutter nicht erkennbar wäre. Ich sei für sie der allergrösste ‹Schämer›. Da musste ich schon ein paar Mal leer schlucken.

Noch heute ist es ihr super peinlich, wenn wir zum Beispiel zusammen Zug fahren und von ihren Kolleginnen gesehen werden. Da fordert sie mich auf, das Abteil zu wechseln.
Dass ich plötzlich so etwas wie inexistent wurde, macht mir manchmal zu schaffen. Man ist nicht mehr wichtig, fühlt sich klein. Plötzlich sagt das Kind, das eben noch klein war, zu einem: ‹Geh weg! Ich will dich nicht mehr sehen›, und stösst einen auch physisch weg von sich. Das ist sehr hart. Alles, was man als Mutter über die Jahre hinweg geleistet hat, ist nichts mehr wert.

Was mich rettet, ist meine Arbeit als Oberstufenlehrerin. Da weiss ich, wie wichtig es ist, dass Kinder sich in der Pubertät abgrenzen, da kenne ich Stimmungsschwankungen und grobe Äusserungen. Sonst wäre ich sicher in ein Loch gefallen.
Jetzt, wo sie ein bisschen grösser sind, empfinde ich es als sehr anstrengend, die Kinder gehen zu lassen, die Augen zu schliessen und einfach zu denken: ‹Es kommt schon gut›. Auch wenn ich sehe, in was hineinzurasseln sie gerade im Begriff sind. Aber ich weiss, sie müssen Fehler machen, um sich zu finden.»