«Inzwischen wissen wir, wie wir Arno unterstützen können»
Der sechsjährige Arno ist hochsensibel. Lange Zeit waren seine Eltern ratlos, weil sie sich sein Verhalten nicht erklären konnten. Dank professioneller Hilfe haben sie einen Weg gefunden, um sich und Arno den Alltag zu erleichtern.
Matthias*, 43 Jahre alt und Betriebswirtschafter, und Nina, 40 Jahre alt, Kulturschaffende, leben mit ihren beiden Söhnen im Kanton Zürich. Arno ist sechs Jahre alt, hochsensibel und hochbegabt. Sein jüngerer Bruder ist vier Jahre alt.
Wer hätte gedacht, dass Socken zu Dramen führen könnten? Zu Beginn von Arnos Kindergartenzeit erlebten wir damit fast jeden Morgen einen Kampf. Immer wieder hörten wir: Die kratzen. Für uns Eltern war das wahnsinnig stressig, weil unsere Alltagsabläufe nicht mehr funktionierten. Wir waren ratlos. Wieso wütete unser Sohn wegen solcher Kleinigkeiten?
Dass Arno in mancherlei Hinsicht anders ist, war uns schon früh aufgefallen. Er lernte erst mit zwei Jahren das Laufen. Aber seine Wahrnehmungs- und Konzentrationsfähigkeit war aussergewöhnlich! Ein Beispiel: Mit eineinhalb Jahren konnte er diverse Automarken nicht nur an den Logos, sondern auch an den Formen der Fahrzeuge erkennen. Wenn ihn ein Thema interessierte, konnte er sich stundenlang damit beschäftigen.
Manchmal reicht Ablenkung, aber es ist dauerhaft keine Lösung.
Er liebte es, Input von uns zu bekommen und Neues zu entdecken, war aber extrem empfindlich gegenüber sensorischen Reizen. Laute Geräusche wie das Staubsaugen oder kratzige Kleidungsstücke waren für ihn kaum auszuhalten. Wir versuchten, schwierige Situationen durch Ablenkung zu entschärfen – zum Beispiel indem wir ihm Rechenaufgaben stellten oder technische Erklärungen gaben. Das reichte manchmal aus, aber es war keine Lösung für das eigentliche Problem.
Nachdem wir nicht mehr weiterwussten, suchten wir schliesslich professionelle Unterstützung. Bei einer Beratungsstelle wurde Arno positiv auf Hochbegabung getestet. Wir erkannten ausserdem Parallelen zwischen der Sensibilität von Arno und der Persönlichkeit von Matthias und auch zu der seines Grossvaters väterlicherseits.
Bedürfnisse besser einschätzen und ausdrücken
Probleme im sozialen Bereich hat Arno nicht. Er findet überall Freunde. Offensichtlich gelingt es ihm, sich einer neuen Umgebung anzupassen – allerdings strengt ihn das an. Diese Anstrengung spüren wir dann später zu Hause, wenn die Anspannung abfällt. Wir haben uns als Eltern beraten lassen und wissen inzwischen, wie wir Arno konstruktiv unterstützen können, etwa indem wir rechtzeitig erkennen, dass auf einer Familienfeier der Punkt der Überreizung erreicht ist.
Heute, mit sechs Jahren, hat Arno gelernt, seine Bedürfnisse besser einzuschätzen und auszudrücken. Er zieht sich immer öfter von alleine zurück, wenn er Ruhe braucht. Er geht dann in sein Zimmer und macht etwas wie Zeichnen oder Lesen.
Wenn wir heute zurückblicken, haben wir einen Tipp verinnerlicht, den wir anderen Eltern in ähnlichen Situationen weitergeben möchten. Man kann sich das Leben erheblich erleichtern, indem man einfach die Kleidungsstücke, die das Kind akzeptiert, in grösserer Stückzahl und ansteigenden Grössen kauft. Die bewährten Kleidungsstücke nehmen Unsicherheit. Dieser einfache Schritt hat uns und Arno viel Stress erspart.
* Die Namen aller Familienmitglieder wurden von der Redaktion geändert.