Elterndiäten, oder: Machen Kinder eigentlich dick? - Das Schweizer ElternMagazin Fritz+Fränzi
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Elterndiäten, oder: Machen Kinder eigentlich dick?

Lesedauer: 3 Minuten

Kinderessen macht Eltern dick. Aber zum Glück sind auch Diäten im Familienalltag zwangsintegriert. Ob Noro-Virus-Diät oder verfressener Teenager: Hier kriegt jeder sein Fett weg, findet unsere Elternbloggerin Ulrike Légé. 

Leben mit Kindern macht dick. Das stelle ich jeden Sommer wieder fest. Der Bikini zwickt, es schwabbelt und wabbelt überall, wo meine Haut schön straff sein sollte. Und ich erwarte schon mit Grausen die Frage im Freibad «Ooooh, ihr wolltet doch nach drei Kindern aufhören? Gibt’s jetzt doch noch einen Nachzügler bei Euch?»

Was Kinder auf dem Teller lieben, macht Eltern dick. Das ist nicht fair!

Nein, verdammt, gibt es nicht. Es gibt bei uns nur viel zu viele Z’Nünis und Z’Vieris und sowieso den ganzen Tag Snacks. Es gibt mittags kinderfreundliche Pasta und später leckere Abendessen, die nicht aufgegessen werden. Man will ja nichts wegwerfen, also wer erbarmt sich den Resten?  Richtig, Mami und Papi. Und wer ist nach einem Tag mit der kleinen Quengel-Streit-Chaos-Bande so fertig, dass nur noch Chips und Schoggi helfen? Ja, auch wir. Stress-Essen ist eben Survival-Strategie für Eltern.

Das alles setzt halt an, wir Eltern haben da keine Chance. Ausser in den wenigen wunderbaren Jahren, wo die kleinen Blut-, – pardon Milch-Sauger – zumindest uns Mamis die Kalorien von den Hüften saugen. Und in denen, wo Neu-Läufer und Mini-Laufradfahrer sich so lebensmüde wie Harakiri-Piloten in den Verkehr stürzen und wir ihnen dauernd hinterhechten. Geniesst es und haut rein, Ihr Baby- und Kleinkind-Eltern! Ich war noch nie so schlank wie damals.

Aber was hilft uns, wenn wir nicht mehr stillen und rennen müssen? Essen nach Instagram-mässig feinen Diätrezepten? Ist nur möglich, wenn man den ganzen Tag in der Küche steht. Immerhin müssen wir auch normales Essen ohne Wäh-Faktor kochen. Kalorienreduzierte Diätshakes? Viel zu teuer und nach zwei Tagen erträgt man den Labber-Vanille-Geschmack nicht mehr. Einfach fasten? Tolle Idee, nur war ich in der Praxis so ausgehungert und hässig, dass mich Mann und Kinder am liebsten zwangsernährt hätten.

Aber zum Glück gibt es sie ja, die alltagstauglichen und völlig unfreiwilligen Diäten für Eltern. Folgendes verhindert die elterliche Komplettverschwabbelung:

Die (nicht ganz freiwilligen) Eltern-Diäten

  1. Die Noro-Diät: Ein paar Tage und Nächte Spuckeimer leeren, Bettzeug waschen und Toiletten desinfizieren verhagelt uns gründlich den Appetit. Wenn sich dann alle Kinder ausgespuckt haben, sind noch Mami und Papi dran und verlieren übers Klo gebeugt ihre restlichen Problemzonen. Würg – tadah, ein neues Ich!
  2. Die «Ich esse immer mit meinen Kindern»-Diät: Funktioniert, weil die ach so gemütlichen Familienessen etwa so laufen: «Erst Hände waschen, ja, DU auch. Warte, ich hole Apfelsaft. Halt, wir essen, wenn alle am Tisch sitzen. Mensch, musst Du gleich den Apfelsaft umkippen … MACH DIE MUSIK AUS UND KOMM ESSEN!! Nicht mit den Fingern – schon mal was von Messer und Gabel gehört? Ja, ich hole Ketchup. Mund zu beim Kauen. Du brauchst Küchenpapier? WOFÜR? Ja, okay, ich hol’s. Hört auf mit eurem Gezicke, Gopferdamminomal!» Erziehen ist reinster Kalorienverbrauch. Und bis wir Eltern uns hinsetzen und essen können, ist der Tisch nur noch eine leergefegte Krümel-Saftpfützen-Installation. 
  3. Die Teenie-im-Haus-Diät: All meine «ich kaufe mir nie wieder Süsskram und Knabberzeug»-Vorsätze schmelzen im Supermarkt schneller als der Frühjahrsschnee. Leider. Also gibt es bei uns doch immer wieder Schoggitafeln, Karamell-Kekse und Sour-Cream-Chips. Beziehungsweise … es gab sie. Denn seit unser Sohn ein Teenie ist, findet er jedes halbwegs leckere Lebensmittel im Haus und verputzt es. Ganz egal, wo ich es verstecke. Schwups, schon ist die Versuchung weg!
  4. Das Intervallfasten für Eltern: Alle reden gerade darüber, es ist der neueste Hit: 16 Stunden nichts zu sich nehmen, 8 Stunden lang essen. Neu ist das für Eltern nicht. Selber frühstücken während wir Brote schmieren, Frisurenkrisen verhindern, Z’Nüniboxen packen, Milch aufwischen, Tests unterschreiben, Regenjacken aufzwingen, Kinder rechtzeitig aus dem Haus bugsieren? Und uns dabei selbst noch jobtauglich anziehen? Unmöglich. Wenn wir sowieso erst um 10 Uhr das Frühstück nachholen mit dem leckeren Geburtstagskuchen der Kollegin und schon um 18 Uhr mit den Kinder Z’Nacht essen – ja, dann klappt das Intervallfasten doch perfekt.
  5. Die Sedentäre-Partner Diät: Mein Mann muss im vorherigen Leben eine Seepocke gewesen sein. Diese kleinen Schalentiere saugen sich so fest an ihren Felsen, dass man sie selbst mit Hammer und Stemmeisen nicht mehr abkriegt. Genauso mein Mann: Wenn er einmal sitzt, dann sitzt er und niemand kriegt ihn ab von seinem Platz. Festgesaugt. Ich dagegen springe dauernd umher, hole Saft, wische auf, entflecke Kinder, entferne den Hund. Lange habe ich damit gehadert, jetzt rechne ich ihm fröhlich jede Kalorie vor, die ich dabei verbrauche. Hah, sitz Du nur weiter und verfette, Du Pocke!

Also, es gibt Hoffnung. Und ansonsten gibt es ja noch immer die gesunde «ich bin halt wie ich bin»-Haltung. Für mich jedenfalls dürfen Sommer und Badi-Saison jetzt kommen!

Bild: Pexels


Ulrike Légé, ursprünglich aus Niedersachsen, lebt jetzt im Baselland, arbeitet Teilzeit für kleinere Unternehmen in Kommunikation und Strategie. Der grösste Teil ihrer Zeit und Liebe geht an die Familie; drei wuselige Kinder von 7, 11 und 13 Jahren, ein französischer Mann, und Hund Sunny.  Sie freut sich schon auf die Sommerferien –
Ulrike Légé, ursprünglich aus Niedersachsen, lebt jetzt im Baselland, arbeitet Teilzeit für kleinere Unternehmen in Kommunikation und Strategie. Der grösste Teil ihrer Zeit und Liebe geht an die Familie; drei wuselige Kinder von 7, 11 und 13 Jahren, ein französischer Mann, und Hund Sunny.  Sie freut sich schon auf die Sommerferien – weil sie einen guten Survival-Plan hat.