Armee: Links, zwo, drei - NEIN! - Das Schweizer ElternMagazin Fritz+Fränzi
Merken
Drucken

Armee: Links, zwo, drei – NEIN!

Lesedauer: 2 Minuten

Erst noch hat der Knirps mit dem Holzgewehr den Garten unsicher gemacht. Nun ruft die Schweizer Armee. Der Sohn von Bloggerin Irma Aregger will Militär-Luft schnuppern – oder doch nicht? 

Das Militär ist nicht meine Truppe. Ganz und gar nicht. Einzig die trockenen Militärguetzli mag ich. Und den Einsatz der wackeren Männer beim Waldchaos nach einem Sturm oder bei Moränen-Niedergängen. Aber sonst? Nein, ich persönlich finde, das mit den Waffen ist ein grosser Mumpiz. Unnötig. Wer eine Waffe auf sich trägt, um sich und andere zu verteidigen, muss sie ja benutzen. Im schlimmsten Fall jemanden damit töten. Und im allerschlimmsten Fall wird er gar selbst getötet. Schrecklich. Das will keine Mutter und kein Vater je erleben müssen.

Unseren Sohn (und die sowieso an anderem interessierte Tochter) haben wir ohne Spielzeugwaffen grossgezogen. Vorerst zumindest. Er türmte mit seiner kleinen Schwester lieber Legosteine aufeinander, bis eines Tages Playmobil ins Kinderzimmer einzogen ist. Irgendwann waren es dann keine Ponys und Bauernhöfe mehr, sondern eben Ritter und Burgen. Schlagstöcke und Katapulte. Später Räuber und Polizisten. 

Die nächsten Soldaten stellen wir aus unseren Reihen, die Harten kommen aus unserem Garten.

Ungefähr zur gleichen Zeit bediente er sich bei den Kochlöffeln aus der Küche.  «Päng, päng!», hörte ich ihn schreien, die Holzlöffel im Anschlag,  «du bist tot!». Und zack, lag der Nachbarjunge flach. Um kurz darauf wieder aufzustehen und mit seinem silberglänzenden Plastik-Colt unseren Buben abzuschiessen. So ging das hin und her, immer schwereres Geschütz wurde aufgefahren. Als mein Sohn dann mit dem Staubsaugerrohr durch den Garten hechtete, dachte ich damals, jawoll, die Schweizer Armee wird sich freuen. Die nächsten Soldaten stellen wir aus unseren Reihen, die Harten kommen aus unserem Garten.

Ballern vor dem Bildschirm

Das Jagdfieber hat sich inzwischen etwas gelegt. Es wird zwar immer noch geschossen, aber nicht mehr so häufig. Und schon gar nicht mehr draussen an der frischen Luft, lieber in der stickigen, abgedunkelten Kammer. Die Konsolen glühen, die Stimmung ist aufgeheizt, da platzt Mutter mit dem Kuvert der Schweizer Armee in den Raum: Das Aufgebot zum Info-Tag da!

Auch bei den Grosseltern kommt das Thema Armee auf den Tisch: «Das Militär hat noch niemandem geschadet», klärt der Grossvater seinen Enkel auf, «im Gegenteil, da lernst du auch mal Befehle schlucken und dich durchzubeissen, das kann dir später mal sehr nützlich sein!» Ich halte dagegen, ich sehe meinen Sohn nicht in der Rekrutenschule, geschweige denn Karriere bei der Armee machen.

Unser Sohn aber sieht sich in diesem Moment 1:1 in Battlefield, die Büchse gerichtet auf den Bösen und zack, steht ein Schweizer Hero an der Grenze. Im Idealfall zusammen mit seinen Schulfreunden, allesamt Truppenhelden.

Der Info-Tag rückt näher, die Vorfreude steigt. Mein Bub will tatsächlich Soldat werden? Mich schaudert’s. Um sechs in der Früh salutiert er mir am Frühstückstisch, er ist bereit für den grossen Tag beim Militär. Sein Gartenfreund steht eine halbe Stunde später auf der Matte, er sieht der Veranstaltung etwas gelassener entgegen. Für ihn ist klar, Zivi will er werden und streicht sich die Locken hinters Ohr. 

Vierfrucht? Verflucht! 

Verstört ist der Junge abends wieder heimgekommen. Der Verein überhaupt nicht nach seinen Vorstellungen. Der erfahrene Instruktor im Kampfanzug, der die pubertären Milchbärte fürs Militär begeistern will, lobt die Waffen, die Magazine, erklärt, dass mit wenigen Schüssen der Feind zu töten sei, damit mit einem Magazin von 20 Patronen möglichst viele abgeschossen werden können. Päng, päng 2.0! Mit der richtigen Botschaft die Game-Boys erreichen, sagt er sich, die Jungs werden begeistert sein.

Doch halt, hier hört der Spass auf. Denn – so ist es den 18jährigen-Jungs an diesem Info-Tag bewusst geworden – hier dreht es sich nicht um ein Spiel, sondern ums echte Leben. Und da ist der Tod alles andere als lustig. Manchmal brauchts einfach noch eine andere Stimme als nur das Mama-Papa-Echo.

Ich bin mächtig stolz auf unseren Sohnemann: Zivildienst ja, Armee nein! Tönt ja fast wie ein Befehl, der jetzt noch vom Grossvater geschluckt werden muss. Aber ich bin mir sicher, auch er wird sich da durchbeissen.

Bild: Pexels


Weiterlesen: 

  • «Chills Mama!» Wer nicht planen kann, der muss leiden. Spätestens dann, wenn die eigenen Wechseljahre mit der Pubertät der Kinder zusammenfallen. 

Irma Aregger arbeitet als freischaffende Texterin und lebt in Thalwil am Zürichsee. Die gelernte Buchhändlerin kämpft zur Zeit mit der
Irma Aregger arbeitet als freischaffende Texterin und lebt in Thalwil am Zürichsee. Die gelernte Buchhändlerin kämpft zur Zeit mit der Umstellung des eigenen Hormonhaushalts. Päng, päng, Wechseljahre.