Hilfe! Der erste Männerbesuch meiner Tochter - Das Schweizer ElternMagazin Fritz+Fränzi
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Hilfe! Der erste Männerbesuch meiner Tochter

Lesedauer: 3 Minuten

Unsere Tochter bringt zum ersten Mal ihren Freund mit nach Hause. Hey, hier kommt Alex. Unsere Tochter ist 17, sie hätte eigentlich schon früher jemanden heimnehmen können, denke ich mir. Während mein Mann leer schluckt. Vorhang auf für KEIN bisschen Horrorshow! 

Unser Freundeskreis hatte damals, als wir per Zufall gerade alle im gebärfreudigen Modus waren, Buben zur Welt gebracht. Ausnahmslos. Bis auf uns. Wir drückten ein kleines Mädchen zur Welt. Süss und zart, so schwer wie zwei Liter Milch und ebenso gross. Mein Mann mit geschwellter Brust zu seinen Freunden: «Sollten eure Buben eines Tages bei meiner kleinen Tochter anklopfen wollen, jeden einzelnen werde ich prüfen. Auf Herz und Nieren. Tests müssen sie bestehen, von der Relativitätstheorie bis hin zum Zusammenbauen eines Dieselmotors!»
Ja, genau so stellte er sich das vor. Die Freunde nickten und schickten ihre Söhne in die praktische und theoretische Frühförderung. Die Buben wuchsen heran, zum Teil blitzgescheit und ein paar darunter auch handwerklich begabt, sie streckten sich Richtung Himmel, veränderten ihre Stimmen, von ihrem Aussehen gar nicht zu sprechen. Und: Sie nahmen null Notiz von unserer Tochter. Das beunruhigte meine Tochter am allerwenigsten. Sie hatte andere Flausen im Kopf. Jungs interessierten sie irgendwie schon, aber wenn, dann war sicher keiner aus unserem alten Freundeskreis dabei. 

Der Tag der grossen Turnschuhe vor unserer Türe

«Ich bin verliebt!», strahlt uns die Tochter an. Wir hätten es auch so gemerkt. Wie ausgewechselt schwebt sie ein paar Zentimeter über dem Boden, gutgelaunt bereits am frühen Morgen. Keine pubertären Gefühlsschwankungen mehr, zumindest keine nach unten, alles ist hellblau und rosarot. «Am nächsten Wochenende bringe ich ihn mit zu uns nach Hause», teilt sie uns mit und schiebt nach: «Natürlich nur, wenn es euch recht ist.»

Klar ist es uns recht. Also mir, mein Mann schluckt erst mal leer, nickt dann aber kräftig, den jungen Mann wollen wir selbstverständlich alle kennenlernen. Längst vorbei die Zeiten, dass die kleine Prinzessin ihren Vater hat heiraten wollen. Vergessen, dass der Papa der Held ihrer Kindheit war.

Ich sehe es meinem Mann an: Sein Töchterchen ist eine junge Frau geworden, einerseits spiegelt sich Stolz in seinen Augen, andererseits glänzt da auch ein kleiner Wermutstropfen. Und der heisst Alex. Ich lege den Arm um ihn: «Komm schon, es ist doch schön, einen jungen Mann zu Gast zu haben. Entspann dich, es wird sicher gut!»

«Ich bin verliebt!», strahlt uns die Tochter an.

Das wird es tatsächlich. Alex ist ein hübscher, anständiger, witziger junger Mann, verliebt auch er über beide Ohren in unsere Tochter. Gross ist er, in seinen Turnschuhen hätte sie nach ihrer Geburt locker Platz gehabt. Ein bisschen gehemmt die Stimmung, schliesslich wollen wir ja nicht die Anfangsfehler machen und die Tochter bei ihrem alten Kosenamen ansprechen (ist zweimal passiert), alte Fotos von ihr ausgraben (hängen an unserem Kühlschrank), neugierig nachfragen, wie sie es so miteinander haben. Auch für Alex ist es nicht ganz leicht, bei ihm kommt noch erschwerend die sprachliche Barriere hinzu. Von wegen ein Bayer versteht Dialekt! 

Der Morgen danach

Bald verziehen sich die beiden Teenie-Turteltauben ins Zimmer. Wir bleiben am Tisch zurück, mein Mann und ich. Denken, sie kommen vielleicht bald wieder, haben noch etwas Durst. Oder später etwas Hunger. Nein, die Türe bleibt verschlossen. Irgendwann gehen auch wir ins Bett. Ich überlege kurz zu klopfen, ein «Gute Nacht» zu sagen, das wäre dann wohl nicht mehr zu toppen an Peinlichkeit.

Der Morgen danach? Ganz ehrlich? Der einzige Unterschied für mich, dass ich beim Duschen die Türe abgeschlossen habe. Am Frühstückstisch nicht im Pyjama gesessen bin. Aber sonst? Alles normal. Einfach ein gut gelauntes junges Pärchen uns gegenüber. Also voll easy das Ganze!

Nächstes Wochenende übrigens bringt der Sohnemann zum ersten Mal seine Freundin mit nach Hause. «Wie, zum Übernachten?», habe ich erstaunt gefragt. Mein Mann hat süffisant gelächelt: «Wir freuen uns alle sehr!»

Bild: Pexels


Irma Aregger arbeitet als freischaffende Texterin. Sie kämpft abwechslungsweise mit dem
Irma Aregger arbeitet als freischaffende Texterin. Sie kämpft abwechslungsweise mit dem eigenen Hormonhaushalt oder mit den Fahrkünsten des Sohnes, langweilig ist der gelernten Buchhändlerin aus Thalwil selten. 


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