«Was machen Sie heute?»
Sie schmücken jedes Berufswahlheft: Stellensuchende und Berufseinsteiger. In den letzten zehn Jahren haben wir über hundert porträtiert – drei von ihnen erzählen, wie es ihnen seither ergangen ist.
Ramona Stieger: «Ich hatte immer mehrere Jobs gleichzeitig»
Ich bin seit bald 15 Jahren beim SRF. Selbst als ich an der Hochschule das Studium zur Grundstufenlehrerin absolvierte, arbeitete ich nebenbei beim Fernsehen. Als Videotechnikerin sorge ich dafür, dass das, was die Kameraleute filmen, in guter Qualität bei den Zuschauerinnen und Zuschauern ankommt.
Ich hatte immer mehrere Jobs gleichzeitig. Zuerst war ich Prüfungsexpertin an der Berufsschule. Später unterrichtete ich dort Videotechnik. Zudem arbeitete ich in einer neu geschaffenen Elektronik- und Digital-Werkstatt der Pädagogischen Hochschule. Schliesslich fand ich einen Master-Studiengang, der meine drei Interessen Pädagogik, Kommunikationswissenschaft und Informatik verbindet: Fachdidaktik Medien und Informatik. Leider wurde ich krank, bevor ich die Masterarbeit beginnen konnte.
Was ich anfange, ziehe ich auch durch
Das Studium habe ich unterbrochen, und ich unterrichte auch nicht mehr an der Berufsschule. Gesundheitlich geht es mir heute viel besser. Was ich angefangen habe, ziehe ich durch. Ich werde meine Masterarbeit schreiben, wenn ich Zeit dafür finde. Zuerst kommt jetzt aber die Babypause. Danach schaue ich weiter.
Jérémy Donath: «Ich habe immer einen Plan B und C»
Während ich ins Gymi ging, kämpfte mein Bruder mit Leukämie. Als Maturarbeit organisierte ich einen Charité-Event für leukämiekranke Kinder. Dabei entdeckte ich meine Liebe fürs Veranstalten. Nach einem Sprachaustausch in Toronto machte ich ein Praktikum in einer Event-Agentur. Weil mich internationale Beziehungen interessieren, begann ich ein Studium der Politikwissenschaft in Zürich und absolvierte ein Austauschjahr in Kopenhagen. Dort gab es ein spannendes Programm zur maritimen Sicherheitspolitik.
Zurück in Zürich schrieb ich meine Bachelorarbeit und entschloss mich zu einem Botschaftspraktikum. Mit einem Master rechnete ich mir grössere Chancen aus. Den passenden Studiengang fand ich in Tel Aviv. Von dort aus organisierte ich mit Kollegen ein Tennisturnier in der Schweiz. Aus dem kleinen Projekt wurde ein internationales Challenger-Turnier der ATP mit einem Millionenbudget. Nach zwei Austragungen musste ich mich entscheiden: Event-Organisation oder Diplomatie. Ich wählte Letzteres und ging als Botschaftspraktikant nach Kopenhagen.
Hätte ich an der Uni Zürich die Statistikprüfung nicht bestanden, wäre ich nie in Kopenhagen gelandet.
Einige Zeit später erhielt ich einen Job als Economic Officer und Project Manager an der Schweizer Botschaft in London. Lustigerweise mache ich hier unter anderem auch Event Management für die Schweizer Vertretung.
In einigen Jahren will ich mich für den Concours diplomatique bewerben – die Ausbildung zum Schweizer Diplomaten. Dafür braucht es auch Glück, weil es nur wenige Ausbildungsplätze gibt. Hätte ich an der Uni Zürich die Statistikprüfung nicht bestanden, wäre ich nie in Kopenhagen gelandet, hätte kein Botschaftspraktikum gemacht und wäre heute nicht in London. Aber ich hatte immer einen Plan B und C.
Marlen Frick: «Manchmal fehlt mir das Teamwork»
Als Bauerntochter hätte ich mir auch Landwirtin als Beruf vorstellen können. Aber der Job ist für eine Frau wirklich zäh. Also wurde ich Fleischfachfrau. Nach der Lehre arbeitete ich auf dem Beruf und verwirklichte mir einen anderen Traum: Mit meiner besten Freundin verbrachte ich zwei Sommer auf einer Alp.
Eine weitere Leidenschaft ist die Fotografie. Ich fotografierte schon immer gern. Dann schenkte mir jemand einen Fotografiekurs. Ich nahm erste Aufträge an, fotografierte Paare, Familien, Freunde, manchmal auch Taufen und Hochzeiten. Drei Jahre lang machte ich das neben der Arbeit in der Metzgerei und in der Alpwirtschaft. Dann wurde es mir zu viel. Seit dem letzten Jahr arbeite ich nur noch als Fotografin.
Wäre ich noch einmal 15, würde ich erneut diesen Beruf erlernen.
Für mich als Fleischfachfrau wäre die Food-Fotografie naheliegend. Meine Leidenschaft ist aber die Arbeit mit Menschen. Allerdings macht das Fotografieren nur zehn Prozent meiner Arbeit aus. Die übrige Zeit sitze ich am Computer und bearbeite Bilder. Auch das mache ich gern, aber manchmal fehlt mir das Teamwork in der Metzgerei. Ich kann mir gut vorstellen, wieder als Fleischfachfrau zu arbeiten. Wäre ich noch einmal 15, würde ich erneut diesen Beruf erlernen.