Pflegeeltern – Eltern auf Zeit
In der Schweiz leben rund 20 000 Kinder und Jugendliche nicht bei ihren Eltern, sondern in Heimen oder bei Pflegeeltern. Wie es sich anfühlt, eine Pflegefamilie zu sein und welche Herausforderungen, aber auch erfüllende Momente man als Pflegeeltern erlebt, erzählt Caroline Scherrer* aus St. Gallen in einem ganz persönlichen Bericht.
«Mein Mann und ich haben keine eigenen Kinder. Wir wussten nicht, ob wir uns als Pflegefamilie überhaupt bewerben dürfen. Es brauchte am Anfang Mut, aber wir haben es nie bereut. In der Schweiz kann jede volljährige Person Pflegemutter oder Pflegevater werden. Inzwischen kennen wir auch viele andere Pflegeeltern. Solche wie wir, die keine eigenen Kinder haben oder Mütter und Väter mit Migrationshintergrund, alleinerziehend oder in einer gleichgeschlechtlichen Partnerschaft leben.
Pflegeeltern werden – eine Entscheidung aus innerer Überzeugung
Natürlich gibt es Kriterien für die Aufnahme von Pflegekindern. Wichtig sind Flexibilität, Offenheit, Geduld und Zeit. Und die Bereitschaft, mit den Behörden und Fachpersonen zusammenzuarbeiten.
Die Kinder müssen unheimlich viel leisten, sich in das bestehende System der Pflegefamilie einfügen.
Wegen des Unterstützungsbeitrages übernimmt man kein Pflegekind, denn die finanzielle Entschädigung im Vergleich zur stetigen Präsenz und zum emotionalen Einsatz gleicht das nicht aus. Pflegeeltern machen dies aus Überzeugung. Je nach Alter des Kindes beträgt die Entschädigung zwischen 73 und 83 Franken pro Tag. Hinzu kommen Nebenkosten gemäss kantonalen Pflegegeld-Richtlinien.
Wenn ein «neues» Kind zu uns kommt, sind wir jeweils etwas angespannt. Die Kinder müssen unheimlich viel leisten, sich in das bestehende System der Pflegefamilie einfügen. Manche Kinder sind distanzlos, andere traurig oder eingeschüchtert.
Die Kinder wachsen uns schnell ans Herz.
Es braucht viel Fingerspitzengefühl. Oftmals müssen einfache Abläufe und Strukturen eingeübt werden: Wir lernen unseren Kindern beispielsweise, wie man sich begrüsst und verabschiedet, dass wir gemeinsam am Familientisch essen und zum Schlafen ein Pyjama anziehen.
Die Kinder wachsen uns jeweils schnell ans Herz. Wir waren oft traurig, wenn wieder ein Kind bei uns ausgezogen ist. Trotzdem war uns stets bewusst: Wir sind Eltern auf Zeit – manchmal für einen kurzen, manchmal für einen längeren Abschnitt.
Grosse Unterstützung durch Kinder- und Jugendhilfe St. Gallen
Wir sind sehr froh um die Unterstützung und den regelmässigen Austausch mit der Begleitperson der Kinder- und Jugendhilfe St. Gallen. Viele administrative Arbeiten fallen durch die Zusammenarbeit für uns weg, sodass wir uns auf das Zusammenleben mit dem Pflegekind konzentrieren können. Ausserhalb der Bürozeiten können wir bei Problemen eine Notfallnummer anrufen. Das ist auch schon passiert – sogar nach 23 Uhr. Bis heute haben wir über 30 Kinder aufgenommen; eines lebt noch immer bei uns und ist inzwischen volljährig. Pflegeeltern zu sein ist eine ebenso anspruchsvolle wie erfüllende Aufgabe.»
Sie interessieren sich dafür, ein Pflegekind aufzunehmen oder benötigen Sie mehr Informationen?
Kontaktieren Sie uns:
Kinder- und Jugendhilfe St. Gallen
071 222 53 53
www.kjh.ch